Es geht auch ohne Wanderschuhe oder Auto: Eine der für Nidwalden typischen Kleinseilbahn überwindet die 518 Meter Höhendifferenz von Dallenwil auf den Wiesenberg. Hier oben auf dem Alpenhof wohnen Janine Gisler und ihr Mann Florian und den drei Kindern Kilian, Liora und Lea. In einer getrennten Wohnung leben auch ihre Schwiegereltern Sepp und Helen Gisler auf dem Hof. «Sepp und Helen haben für uns die zweistöckige Dachwohnung ausgebaut. Wir durften mitplanen, das ist nicht selbstverständlich», erklärt Janine Gisler voller Dankbarkeit. So konnte das junge Paar nach der Betriebsübernahme in einen Laufstall investieren. «Nun haben wir Platz für mehr Kühe und können mehr Jungvieh aufziehen.»

Das Schicksal meint es gut

Janine Gisler ist im Berner Oberland aufgewachsen und hat ihren Florian an einer Geburtstagsparty kennengelernt. Janines Mutter zeigte sich zu Beginn der Beziehung etwas skeptisch: Ob ihr bewusst sei, worauf sie sich da einlasse, fragte sie damals. «Ja, ich war es mir zu 100 Prozent bewusst», sagt die 30-Jährige. «Ich hatte schon immer Freude an der Landwirtschaft. Ich habe es nicht gesucht, aber das Schicksal wollte es so.»

Janine und Florian Gisler übernahmen den Betrieb im Jahr 2022. Zuvor hatte das Paar zivil geheiratet. «So war alles bestens geregelt», sagt die junge Bäuerin. Auch die Kinderplanung sei abgeschlossen: «Ich hatte sehr einfache und unkomplizierte Schwangerschaften und Geburten», erzählt sie, und fügt schmunzelnd hinzu: «Ich hätte eine Fussballmannschaft produzieren können.» Nun hätten sie drei gesunde Kinder. «Das ist nicht selbstverständlich. Wir wollen es so belassen.»

Janine Gisler war in Wolfenschiessen als Oberstufenlehrperson und bis Juli als Schulleitungsassistentin tätig. Solange die Kinder klein seien, wolle sie nun Vollzeitmami sein, die Kinder geniessen und es «vorewäg» planen. «Gern möchte ich später wieder in Teilzeit unterrichten», hält sie fest, wobei sie stets auf die Unterstützung ihrer Schwiegermutter zählen darf. Janine Gisler pflegt ein sehr gutes Verhältnis zu ihren Schwiegereltern. «Auch das ist nicht selbstverständlich. Wir haben durchaus Meinungsverschiedenheiten, doch wir sind bemüht, alles auszudiskutieren.» Das gelinge meistens. Zudem sei es ihr ein Anliegen, dass die Schwiegereltern weiter ihren Lieblingsarbeiten nachgehen können. «Helen hilft sehr gern im Stall, Sepps Leidenschaft ist das Holzen.» So würden alle voneinander profitieren.

Immer mehr Freude am Garten

Immer öfters ist die Bäuerin in ihrem Garten anzutreffen, den sie vergrössern möchte. «Zur Selbstversorgung wird es nicht reichen, aber nahezu», sagt sie lächelnd. Der Garten diene auch zur Förderung der Biodiversität. «Meinen Kindern zuliebe werde ich viel anpflanzen, damit sie lernen, wann was wo und wie wächst.» Daher möchte sie, sobald die Kinder im schulpflichtigen Alter sind, mit dem Modul Gartenbau an der Bäuerinnenschule Giswil starten, mit dem Ziel den Abschluss «Bäuerin mit Fachausweis» zu machen.[IMG 2]

Janine Gisler hat noch andere Ideen. «Als ich an der Schule im Aargau tätig war, besuchten wir mit der Klasse unterschiedliche Landwirtschaftsbetriebe», erzählt sie. «Da ist mir aufgefallen, dass Buben, die in der Schule Mühe haben, in der Natur sehr aufnahmefähig sind». Sie könnte sich gut vorstellen, «Schule auf dem Bauernhof» anzubieten. Bereits die Anreise mit der Bahn wäre für die Schülerinnen und Schüler ein tolles Ereignis – und für die Bahn gute Werbung. «Da rühre ich gern die Werbetrommel, weil ich im Vorstand tätig bin». Es sei für sie ein Ehrenamt, das sie mit Freude ausführe, so sei sie auch in die Tourismuskommission Dallenwil gerutscht. «Schule auf dem Bauernhof» wäre auch geeignet, um Aufklärungsarbeiten zu leisten. Wie zum Beispiel beim Wildheuen: «Es gibt Wanderer, die uns verurteilen, wenn wir die Alpblumenwiesen mähen. Wir erklären ihnen, dass es harte Arbeit und nötig sei, weil sonst alles ‹verganden› würde.

Jodelklänge und Seilbahnfreude

Zum Bauernhof gehört ein Restaurant, das ihre Schwiegermutter betreibt. Inzwischen ist eine kleine Selbstbedienung eingerichtet. «Für Gruppen und bestimmte Anlässe ist Helen auf Voranmeldung mit viel Herzblut im Einsatz», so Janine Gisler. «Bei Engpässen helfe ich gern. Jedoch werden wir diesen Betriebszweig nicht mehr weiterführen.» Zeit für sich selbst findet sie am ehesten, wenn eine Praktikantin oder ein Praktikant von Agriviva bei ihr weilt. Momentan ist Eva auf dem Hof und versucht die Kinder während des Interviews etwas abzulenken. Was ihr nur zum Teil gelingt, denn Kilian, der älteste, ist sehr interessiert, was Mami alles erzählt. Lea, die Kleinste, lenkt ihre Mutter mit Schmusemomenten ab, während sie ein Guetzli stibitzt.

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Sich Zeit nehmen

Bleibt Janine Gisler überhaupt noch Zeit für Hobbys, für Zweisamkeit oder Ferien mit der Familie? «Mein Mann war viele Jahre im Jodelklub Wiesenberg, ich dirigiere einen Chor in Interlaken, wo wir uns, weil viele von weit her anreisen, zweimal im Monat treffen», sagt sie. Zusätzlich jodle sie im Quartett «GlarNi-Kläng» in Oberdorf. Kürzlich seien Florian und sie ans Jodelfest in Menznau gegangen. «Ich habe mich wie ein kleines Kind gefreut. Es tat gut. Wir planen gezielt, Zeit für uns zu nehmen». Tagesausflüge kommen nicht zu kurz. Längere Zeit mit ihrer Familie in die Ferien zu reisen, sei bis jetzt nicht möglich gewesen. Sie vermisse dies jedoch nicht.

Und wie sieht es mit Zukunftswünschen aus? «Schön wäre natürlich, wenn mal ein Kind den Hof übernehmen würde.» Aber das habe ja noch Zeit. Eines möchte sie den Leserinnen und Lesern noch mitgeben: «Tut was ihr für richtig haltet, lasst euch nicht von anderen beeinflussen». Sie sei überglücklich, sich für diesen Weg entschieden zu haben

Fünf Fragen
 
Was mach sie schlaflos?
Streitigkeiten in der Familie; negative Nachrichten/News, bei denen Kinder involviert sind, gehen mir sehr nahe.

Wie lautet ihr Leitspruch fürs Leben, Ihr Lebensmotto?
Flexibilität und Spontanität - Beides hilft mir, auf die Bedürfnisse und Wünsche meiner Familie reagieren und eingehen zu können und vom Geplanten abzuweichen. Mittlerweile plane ich für den Tag gar nicht mehr allzuviel und schaue vorab, was der Tag bringt und zulässt.

Welches Landwirtschaftsthema beschäftigt Sie am meisten?
Die immer verbreitete Meinung, Wohlstand bedeute, nicht arbeiten zu müssen. Es betrifft nicht nur die Landwirtschaft.

Welches ist ihr Lieblingsplatz?
Viele Orte können zu einem Lieblingsplatz werden, wenn das Gefühl dort stimmt.

Wohin würden Sie gern einmal reisen?
Mit den Kindern möchte ich einmal ans Meer reisen.