In der Backstube ist keine Sitzecke, nicht mal ein Stuhl – weder in dem dazugehörenden Lager noch in der Verarbeitungsküche. Kein Zweifel, die Zwillingsschwestern Jennifer und Vanessa (34) sind nicht zum Kaffeetrinken da. Flink, routiniert, ohne stressig zu wirken, backen sie seit dem frühen Morgen meterlange Sandwichbrote, Gebäck und eine Torte.

Hand in Hand geschäften

«Wir machen alles miteinander», sagt Jennifer Bischof. Jennifer Bischof ist mit dem Landwirt Michel Bischof verheiratet. Sie bewirtschaften den Pachtbetrieb Rütihof in Rheineck. Ihre Schwester Vanessa Eisenhut ist mit dem Baumaschinenmechaniker Michael verheiratet und wohnt in der nahegelegene Gemeinde St. Margrethen. Fürs Backen bringen die Schwestern alle Qualifikationen mit, die für einen professionellen Betrieb nötig sind. Jennifer ist ausgebildete Bäckerin-Konditorin, Vanessa Konditorin-Confiseurin.

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Backen statt käsen

Ihre Backstube in der alten Käserei in Wolfhalden und den Hofladen beim Hof in Rheineck haben sie 2015 selbst aufgebaut. «Das ist unser Geschäft beziehungsweise unser Betriebszweig», sagt Jennifer Bischof. Die alte Käserei gehört ihren Eltern. Wo früher das Chäschessi stand und Käse abtropfte, stehen jetzt ein Steinbackofen, eine grosse Teigwanne, ein Profiteigroller, eine Knetmaschine und Regale.

«Wir backen vor allem mit Urdinkelmehl», erzählt Vanessa. Das bauen Bischofs auf ihrem Hof an. Um mit Dinkelmehl zu backen, braucht es etwas Fingerspitzengefühl. «Viele backen in einer Backform, sodass das Dinkelbrot nicht in die Breite geht. Aber wir nicht», sagt Jennifer. Ihr Geheimrezept ist, viel weniger Hefe zu verwenden, als in den meisten Standartrezepten vorgegeben ist. Ganze 5 g brauchen sie pro 500 g Dinkelmehl. Dann lassen sie den Teig lange gehen. Meistens setzen sie den Teig am Donnerstag an, stellen ihn in die Kühle, lassen ihn am Freitagabend ausserhalb des Kühlschranks gehen und beginnen am Samstag um 4 Uhr in der Früh mit Backen.

Sie backen für ihren Hofladen, der unten beim Hof in Rheineck an einer dicht befahrenen Strasse steht. War der Hofladen früher klein, so haben ihn die Beiden im Mai 2023 auf 30 m2 vergrössert.

Mobiler Hofladen

«Wir sind Pächter vom Rütihof, daher wählten wir eine mobile Lösung», erzählt Jennifer Bischof. Es handelt sich um zwei nebeneinander stehende Container, die nun zusammengebaut und ohne Mittelwand dazwischen platziert wurden. Für den Innenausbau strichen sie die Wände weiss, ideal ergänzt durch helle Holzregale. In der Mitte steht eine rustikale Verkaufsinsel. Bezahlen können die Kunden bar oder kontaktlos. Oben an der Decke ist eine Panorama-Überwachungskamera angebracht, die alle Aktivitäten im Hofladen direkt via App aufs Handy überträgt. [IMG 3] Der Backtag für den Zopf und das Brot ist jeden letzten Samstag im Monat fix. Ansonsten arbeiten die Zwillinge auf Bestellung. Ihr Apérogeschäft hat sich zu einem wahren Erfolgsmodell entwickelt, sodass sie nicht mehr alle Aufträge annehmen können. «Wir backen alles frisch. Die Minimalbestellmenge ist ein Apéro für fünfzehn Personen. Sonntag und Montagmorgen backen wir keine Bestellungen, und das Bestelldatum ist sieben Tage im Voraus», zählt Vanessa auf. Im Sommer pausieren sie während vierzehn Tagen, zumal dann auch viele Kunden in den Ferien sind. Da seien sie strikt. Konsequent sind sie auch, was die Backzutaten betrifft. «Wir backen mit Eiern, Butter und Rahm – alles, was hier die Landwirtschaft produziert wird. Vegan kommt nicht in die Tüte», so Jennifer.

Neben ihrer Backstube steht ein Automat, diesen nutzen sie aber nur im Sommer, wenn Wanderer unterwegs sind. Neben der alten Käserei geht nämlich der «Witzweg» durch, der von Heiden über Wolfhalden nach Walzenhausen führt. Auf dem gesamten Wanderweg sind an verschiedensten Stationen Witze geschrieben, im urchigen Appenzeller Dialekt. «Mittlerweile gibt es hier bei uns fast keine Restaurants mehr, sodass die Leute sich gerne verpflegen. Uns wurde auch schon gesagt, ob wir nicht eine Besenbeiz aufmachen könnten», erzählt Vanessa, und Jennifer ergänzt: «Platz dafür hätten wir. Das wäre cool. Wenn die Kinder grösser sind, werden wir nochmals Gas geben.»

Cooler Slogan, kein Instagram

Ihr Marketing besteht aus dem Slogan «Feins vom Rütihof». So heisst auch ihre Homepage. Für Werbung nutzen sie Facebook. «Wir erreichen so eine grosse Reichweite, und es ist kostenlos», sagt Vanessa. Sie hätten auch schon mal Instagram ausprobiert. «Das ist nichts für uns. Wir wollen nicht den ganzen Tag am Handy hängen», sagt Vanessa. Dafür haben sie auch echt keine Zeit. Beide sind mit Haushalt und Kindern voll ausgefüllt. Wenn Not am Mann ist, unterstützt Jennifer ihren Mann Michel bei den Hofarbeiten oder fährt Lastwagen für ein benachbartes Transportunternehmen aus – die Lastwagenprüfung hat sie nämlich auch.

Rütihof

Name: Jennifer und Michel Bischof
Ort: Rheineck
Ackerfläche: 28 ha
Tierbestand: 27 Mutterkühe mit Kälbern, 14 Weiderinder, 2500 Masthühner und 145 Legehennen
Backstube: Betriebszweig von Jennifer Bischof und Vanessa Eisenhut
Direktvermarktung: Hofladen, Apéro-Service mit Lieferdienst, Verkaufsautomat, Zusammenarbeit mit der Gourmet AG für die Vermarktung der Ribel-Poularden
Agrotourismus: Place-to-bee-Camping auf dem Bauernhof

Dieser Beitrag ist zuerst in «Hof direkt» erschienen