Voller Vorfreude griff Jörg Kenel vergangene Woche zum Mobiltelefon. Doch Fehlalarm, am anderen Ende der Leitung war lediglich die BauernZeitung, die eine Praktikerstimme zur Situation rund um die Afrikanische Schweinepest einholen wollte. Landwirt Kenel hoffte eigentlich auf eine Rückmeldung auf sein Stelleninserat, das  er in der BauernZeitung geschaltet hatte.

«Würde ich den Betrieb zur Pacht ausschreiben, hätte ich einen Stapel Bewerbungen.»

Jörg Kenel, Landwirt aus Arth, über die Schwiergkeit, landwirtschaftliche Angestellte zu rekrutieren.

Ein Pächter wäre schnell gefunden

Jörg Kenel hat seit 2014 Angestellte, immer ausgebildete Landwirte EFZ. Der erste arbeitete etwas mehr als vier Jahre auf seinem Betrieb mit Schweinemast, Milchproduktion und Lohnarbeiten. Seitdem ist es eher schwierig, wie er sagt. An der Attraktivität sollte es nicht liegen. Der Betrieb hat eine stattliche Grösse, die Infrastruktur ist à jour und es steht eine Wohnung für eine Familie zur Verfügung. «Wir bieten die Chance, selbstständig zu arbeiten und Verantwortung zu übernehmen», steht im Stelleninserat. Auch der Lohn sei im oberen Segment, versichert Kenel, der es wissen muss, da er nebenbei Teilzeit als Agrotreuhänder engagiert ist. Kenel hat eine andere Vermutung. «Würde ich den Betrieb zur Pacht ausschreiben, hätte ich wohl einen Stapel an Bewerbungen», sagt er.

Lieber selbstständig arbeiten

Junge Landwirte wollten zwar in der Landwirtschaft arbeiten, aber nur als «Selbstständige». Im Angestelltenverhältnis gehen sie lieber in die vor- oder nachgelagerte Branche. Dort seien die Löhne besser und die Arbeitszeit kürzer, was insbesondere die Mitarbeit auf den elterlichen Betrieben ermögliche. Kenel ist keiner der lamentiert, doch grundsätzlich gehe das Ganze nicht auf. Einerseits erfordere der Strukturwandel eigentlich mehr und gut ausgebildete Angestellte, anderseits sei der Arbeitsmarkt aber ausgetrocknet, stellt er fest. Kenel vermutet zudem ein Imageproblem. Das Wort «Knecht» sei leider noch nicht aus allen Köpfen. Auf modernen Betrieben begegneten sich Betriebsleiter und Angestellte aber auf Augenhöhe, schiebt er nach.

Der Reiz der Maschinen

Auch der Saumhof in Künten, spezialisiert auf Obstbau mit Hofladen und Belieferung von Detaillisten, sucht einen jungen Landwirt EFZ. Der jetzige Stelleninhaber wird per Ende Jahr den Hof verlassen, um den elterlichen Betrieb zu übernehmen. Interessenten gäbe es zwar genügend, sagt Bäuerin Marietta Seeholzer. Diese entsprächen aber nicht unbedingt dem Anforderungsprofil. Viele Paare aus dem Ausland würden sich melden und «Aussteigertypen» aus der Schweiz, häufig um die 50. Durchaus «schlaue Häuser», wie Seeholzer nachschiebt. Der Junior hat den Eltern Andreas und Marietta Seeholzer bereits gesagt, woran es liege: Junglandwirte möchten vor allem auf Maschinen arbeiten. Dafür sieht es für saisonale Arbeiten besser aus, so Marietta Seeholzer. «Für die Kirschenernte haben wir genügend Personal.»

«Aber für die Kirschenernte haben wir genügend Personal.»

Marietta Seeholzer, Obstbäuerin aus Künten, sucht ebenfalls einen Festangestellten.

«Mitarbeit» nicht attraktiv

Gerade für Junglandwirte, welche später eine Betriebsleiterschule (BLS) anpeilen, wären Stellen wie bei Kenels oder Seeholzers doch eine gute Übergangslösung? Insbesondere auch, da Absolventen «Berufserfahrung im Berufsfeld von mindestens zwei Jahren nach Abschluss der ersten Grundausbildung» ausweisen müssen, wie es beim Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung Luzern heisst. Doch auch Stefan Moser vom BBZN Hohenrain weiss, dass es Alternativen gibt, die aktuell höher im Kurs sind. Nach der Lehre hätten tatsächlich Maschinen eine grosse Anziehungskraft. Zweitausbildner – der Anteil steigt stetig – würden häufig wieder im Erstberuf aktiv.

Auch als Mitarbeiter Verantwortung übernehmen

Auch Freizeit sei ein wichtiger Faktor in dieser Phase. Oft gehe aber vergessen, dass  ein landwirtschaftlicher Angestellter gemäss Normalarbeitsvertrag auf doch 100 freie Tage kommt pro Jahr, ergänzt Arbeitgeber Jörg Kenel. Nach der BLS wiederum würden viele Absolventen auf den elterlichen Betrieb zurückkehren, weiss Stefan Moser. Seltener auch Pachtbetriebe suchen oder in der vor- oder nachgelagerten Branche arbeiten. Attraktiv sei es für Junglandwirte aber auch, so die Einschätzung von Moser, wenn auf anderen Betrieben nicht «nur» mitgearbeitet wird. «Verantwortung für einen Betriebszweig übernehmen, mitreden und sich mit dem Betriebsleiter austauschen», sei wichtig für Junglandwirte, so Stefan Moser.

 

«Genügend Betriebshelfer»

Dass ausgebildete Landwirte lieber nicht auf «fremden» Höfen arbeiten, spüren auch die Betriebshelferdienste. Normalerweise. Wegen Corona aktuell aber nicht. Das sagt Josef Erni von Agriwork in Hohenrain. Offenbar sei die Nachfrage nach Junglandwirten, etwa aus der Baubranche, momentan geringer. Gleich fünf neue Jungbauern konnte Erni vergangene Woche neu auf seine Liste setzen. Er empfiehlt die Erfahrungen als Betriebshelfer einerseits als Lebensschule, anderseits sei es aber auch wichtig für junge Leute, welche häufig im Anschluss Militärdienst leisteten, einen AHV-Lohn auszuweisen. Das führe zu einer höheren Erwerbsausfall-Entschädigung (EO). Im Normalfall sei die Rekrutierung aber schon eine Herausforderung, so Erni. Man sei halt auf Abruf und die Einsätze sind unregelmässig. Zudem seien die Anstellungsbedingungen ausserhalb der Landwirtschaft häufig attraktiver. Gerade wer viel gesellschaftlich unterwegs sei, schätze die freien Wochenende, weiss Josef Erni. Am Geld sollte es nicht scheitern. Monatlich sei ein Bruttolohn von gegen 5500 Franken möglich.