Die globale Ernährungssicherheit verbessern. Das ist eines der Ziele der gemeinnützige Schweizer Organisation «Agro sans frontière» (ASF) mit Sitz in Lausanne. Deshalb engagiert sich der Verein seit 2011 im Niger, in Senegal und auf Madagaskar für den Anbau von Kartoffeln.
Ruth Rossier ist seit ihrer Pensionierung vor fünf Jahren Leiterin des Projektes in Madagaskar. «Internet und E-Mail sei Dank bleibe ich trotz Covid informiert», sagt die Agronomin, die viele Jahre bei Agroscope tätig war. Einmal im Jahr reiste sie jeweils nach Madagaskar, letztmals im Sommer 2019. «Und hoffentlich 2022 wieder.»
Projekt in sieben Dörfern
Vor Ort läuft das Projekt trotz Covid weiter. So schreibt Ruth Rossier in den «Kartoffel-News aus Madagaskar»:
Hungersnot: Im Südwesten von Madagaskar leiden die Menschen Hunger. Die Region auf der Hochebene, in der ASF aktiv ist, ist zwar nicht direkt betroffen, doch der verspätete oder gar ausbleibende Monsunregen bringt den Kartoffel-Anbaukalender durcheinander, der auf die Reisproduktion in der Regenzeit abgestimmt werden muss.
Ein Projekt für Frauen: Sieben Dörfer mit insgesamt 114 Frauen und 15 Männern sind in das Kartoffelprojekt involviert. Es ist vor allem für Frauen konzipiert, doch Männer sind nicht ausdrücklich ausgeschlossen. «Sie produzieren Speisekartoffeln und betätigen sich neu auch in der Vermehrung der Kartoffel-Generationen F5 zu F6. Ab dann werden sie als Pflanzkartoffeln für die Speisekartoffelproduktion verkauft», so Ruth Rossier.
Kartoffel-Vermehrung: Zwischen April und Juni 2021 wurden 2248 kg der F5-Kartoffeln geerntet, von denen 1400 kg für die Vermehrung in der Trockenzeit zu F6 genutzt werden. Der Rest ist für die Selbstversorgung und den Verkauf vorgesehen.
Start mit Mini-Knollen: Nach wie vor finanziert das Projekt den jährlichen Kauf von zehn Kilogramm Mini-Knollen F0 der einheimischen Kartoffelsorte Meva. Daraus ergaben sich 1240 kg F2 für die weitere Vermehrung bis F4. 2021 wurden drei weitere Frauen ausgebildet, um das Team der Vermehrerinnen und Vermehrer von F2 zu F4 zu unterstützen.
Lager schaffen: Das Lagern der Pflanzkartoffeln ist eine weitere Herausforderung. Der Lagerraum wurde zwar mit Hilfe von ASF isoliert, die Klimaanlage konnte aber wegen fehlendem Stromzähler noch nicht in Betrieb genommen werden.
Ausbildung: Ein Schwerpunkt ist nach wie vor die Ausbildung der Frauen im Anbau und in der Verarbeitung von Kartoffeln. Die Kartoffel- und Ernährungskurse in den sieben Projektdörfern finden jeweils im September statt. Bei diesem Anlass erhalten die Teilnehmerinnen der Umwelt zuliebe je einen Energiespar-Kocher, gesponsert von ASF.
Von Samen bis Giesskannen
Hilfe aus der Schweiz ist laut Ruth Rossier nach wie vor gefragt. So wünschen sich die Kartoffel-Produzentinnen eine Schulung in Kompostierungstechniken sowie Schubkarren für den Transport von organischem Material und Kompost. Auch Samen für die Gründüngung sind willkommen. Zudem wären Ringel- und Studentenblumen zwischen den Kartoffelreihen hilfreich um Drahtwürmer fern zu halten.
Weiter besteht bei den Kleinbäuerinnen Bedarf an Giesskannen, vor allem für jene, die noch keine haben. Aber auch eine zweite Giesskanne wäre von grossem Nutzen und würde viele Wege ersparen. Zudem möchte der Verein die Frauen in den bäuerlichen Familienbetrieben mit Energiespar-Kochern ausrüsten.
Ruth Rossier hofft, dass das Projekt 2022 nochmals um drei Jahre verlängert wird. «So könnten sich das Wissen und die Umsetzung festigen.»
Zehn Jahre «Agro sans frontière»
Der Verein «Agro sans frontière» (ASF), was frei übersetzt in etwa für «Agronomen ohne Grenzen» steht, feiert diese Tage sein zehnjähriges Bestehen. Worauf ist der Verein besonders stolz? «Wir konnten in dieser Zeit auf die Hilfsan-fragen der drei Staaten Niger, Senegal und Madagaskar antworten», antwortet Michelle Bohin, Leiterin des Generalsekretariats. «Unser Ziel ist, die Ernährungssicherheit in den drei Ländern zu stärken und dass sich die Menschen vorOrt selber helfen können.»
Der Erfolg der Projekte hänge stark mit den ehrenamtlich tätigen Projektleitenden der gemeinnützigen Organisation zusammen. «Sie alle haben grosse Kenntnisse, wenn es um Agronomie und die Realisation von Projekten geht.»
Die ASF-Projekte konzentrieren sich auf Kartoffeln, weil sie reich an Eiweiss und Vitaminen sind und schnell wachsen.«Aus einer Knolle werden inder Regel sieben, und sie verkaufen sich gut auf den Märkten.» Es seien aus verschiedenen Gründen wichtige Projekte, vor allem für die Frauen. «Die gemeinsame Arbeit schweisst sie zusammen und macht sie selbstbewusster.»
Längst geht es nicht mehr nur um den Anbau, sondern auch um die Ausbildung und den Bau von Lagerhäusern. «Durch die Lagerung können die Kartoffeln auch ausserhalb der Hochsaison verkauft werden, wenn die Nachfrage höher ist als das Angebot. Das gibt bessere Preise.»
Agro sans frontière finanziert die Projekte mit Spenden von Einzelpersonen, Firmen und Organisationen aus der Schweiz. Die Organisationist ein anerkannter gemein-nütziger Schweizer Verein.Er besteht aus berufstätigen und pensionierten Agronominnen und Agronomen sowie weiteren ehrenamtlichen Mit-arbeitenden.
Auf Anfrage unterstützt der Verein lokale Partner in Ländern des Südens und stellen ihnen ihr Wissen und ihre Fachkenntnisse zur Verfügung, zum Beispiel in den Bereichen Nahrung, Sanitär, Hygiene und Bildung.
Weitere Informationen: www.agro-sans-frontiere.ch