«Es kommt, wie es muss, und alles hat seinen Sinn.» Nach diesem Motto lebt Katrin Hofstetter. Etwas nervös sitzt sie der Schreibenden in ihrer Küche des Hofes im bernischen Utzenstorf gegenüber. Den Sinn dieses Treffens sieht sie jedoch nicht wirklich. «Von mir willst du ein Porträt schreiben?», reagierte sie wenige Wochen vor dem Treffen auf die entsprechende Anfrage völlig überrascht. «Mein Alltag ist nicht so spannend wie derjenige von anderen Frauen, die kleine Kinder haben, einen eigenen Betriebszweig führen und auch noch auswärts arbeiten gehen», betont sie beim Interviewtermin nochmals entschuldigend.

Hausfrau mit Leib und Seele

Für die gelernte Topfpflanzen- und Schnittblumengärtnerin kommt die Familie immer an erster Stelle. Diesen Standpunkt vertrat sie, als die drei mittlerweile erwachsenen Kinder Katja, Tobias und Lucas klein waren. Er gilt auch heute immer noch. Denn ihr Herzblut steckte damals wie heute spürbar in der Familie. Katrin Hofstetter und ihr Mann Heinz führen den Ackerbau- und Lohnbetrieb seit Anfang Jahr mit dem 26-jährigen Sohn Tobias als Generationengemeinschaft. Auf 30 Hektaren werden Kartoffeln, Karotten, Zwiebeln, Mais, Getreide und neu auch Spargeln angebaut. Daneben erbringt das Hofstetter Lohnunternehmen umfangreiche Dienstleistungen im Bereich Gülleausbringung, Bodenbearbeitung und beim Anbau von Karotten, Zwiebeln und Kartoffeln. Der jüngste Sohn, Lucas (23), ein gelernter Landmaschinenmechaniker, ist seit Anfang Jahr auf dem Betrieb angestellt, zwei Teilzeitmitarbeiter helfen in Spitzenzeiten aus. «Ich bin für die Verpflegung zuständig, einfach Hausfrau mit Leib und Seele», erzählt die Hausherrin. Nebst den Familienmitgliedern, die draussen auf dem Betrieb arbeiten, sitzt auch Tochter Katja (30), die im Nachbardorf arbeitet, jeden Mittag am elterlichen Tisch. 

[IMG 2]

Die Natur hat für Dekorationen viel zu bieten

Katrin Hofstetter ist sehr kreativ. Ob Blumen, Holz, Moos oder Steine und generell alles, was die Natur hergibt, wird verarbeitet. Sie findet rund ums und auch im Haus immer einen Platz, eine Stelle, die sie verschönern oder dekorieren kann. Bei jedem Material darf die Herzform nicht fehlen. Die ist ihr sehr wichtig.

Der Hof wird übernommen

Die Tiere und die Arbeit auf dem Feld waren schon als Kind Katrin Hofstetters grosse Leidenschaft. Dass sie den elterlichen Hof einmal übernehmen möchte, wusste sie schon früh. Es kam, wie es kommen musste, mit Heinz fand sie den Partner, um diesen Traum zu verwirklichen. Die beiden übernahmen den Hof von Katrins Eltern 1997. Für die junge Frau war klar, dass sie zu Hause bleiben wollte, wenn Kinder da sind. Mit der Hofübernahme setzte die Familienfrau dies um und wechselte von der Arbeit draussen als Gärtnerin nach drinnen in den Haushalt und die Kinderbetreuung.

Viel Arbeit füllt die Tage aus

Lebhafte und arbeitsreiche Jahre folgten, die junge Familie baute den Lohnbetrieb auf und aus. 2003 entstand zudem ein Pferdestall mit fünf Boxen, um Pensionspferde zu halten. Dieses Standbein betreute Katrin Hofstetter, die bereits im zarten Alter von fünf Jahren zu reiten begann, mit viel Herzblut und ihrer perfektionistisch veranlagten Art. «Mein Alltag war mit Haushalt, Kochen, Kindern und Pferden voll ausgefüllt und ich liebte meine Arbeit sehr.»

Fünf Fragen an Katrin Hofstetter

Welches Menü gelingt Ihnen garantiert immer?
Mmhh (überlegt kurz): Geschnetzeltes mit Rösti.

Was macht Sie schlaflos?
Ganz klar Gewitter. Und zwar schon bevor, es richtig da ist.

Welches Kompliment freut Sie am meisten?
Das Essen ist fein gewesen.

Welche Arbeit liegt Ihnen so gar nicht?
Ich putze nicht gerne das Badezimmer.

Was möchten Sie an sich ändern?
Etwas weniger perfekt sein wollen und auch mal das Füfi gerade sein lassen, wäre nicht schlecht. 

 

Und dann: Diagnose Burn-out

«Wir lebten damals wie heute eine klassische Rollenverteilung, aber unterstützen uns immer gegenseitig», betont Katrin Hofstetter. Und plötzlich stockt sie in ihren Erzählungen, zögert einen Moment. Schliesslich beginnt sie von der Diagnose Burn-out zu erzählen, die sie im Jahr 2009 bekam. Eine Zeit, in der Themen wie Überforderung nicht angesprochen wurden. «Ich frass vieles in mich hinein», erzählt sie. Die Familienfrau und die ganze Familie wurde vor grosse Herausforderungen gestellt. Der Weg zur Genesung, verbunden mit einem langen Klinikaufenthalt, war lang und schwierig. Katrin Hofstetter benötigte viel Unterstützung von der ganzen Familie und einer Haushaltshilfe. «Heute glaube ich, das Ganze hat mich stärker gemacht», betont sie. Das Schönste sei gewesen, als sie damals mit viel Freude wieder nach Hause gehen konnte.

Die Zeit bewusst geniessen

Seit der Krankheit geht Katrin Hofstetter viel bewusster mit ihrer Zeit um, sie schafft sich selbst und mit ihrem Mann Inseln der Auszeit und nimmt sich generell mehr Zeit für sich. Dazu gehören die Ausritte, das Line-Dance-Tanzen, das sie seit 16 Jahren gerne macht, und auch die Spaziergänge mit Familienhund Richi. «Er gibt mir so viel. Er ist immer da, wo ich bin, egal, ob ich koche oder draussen bin.»

[IMG 3]

Der Pensionsstall wird aufgegeben

Den Pferdepensionsstall gab sie schliesslich im Jahr 2021 auf. Dies nach 23 Jahren. «Es waren sehr schöne Jahre und ich möchte die Zeit nicht missen. Aber einmal ist auch gut», betont sie. Ganz ohne Pferde geht es aber bei der Pferdenärrin nicht. Denn die Leidenschaft für Pferde ist geblieben. Heute stehen nur noch ihr selbst gezüchtetes Freibergerpferd sowie die Friesenstute der Freundin ihres Sohnes Tobias im Stall. Katrin Hofstetter blickt dankbar zurück, aber auch in die Zukunft. Denn sie weiss: Es kommt, wie es muss.