Es ist Ende Februar. Hier in Mosambik ist die Regenzeit in vollem Gange. Bisher waren die Regenfälle recht unregelmässig, mit ganzen Wochen ohne einen Tropfen Wasser. Das zu Beginn des Jahres ausgesäte Getreide hat gelitten, aber schliesslich kommen gute Regenfälle immer rechtzeitig, damit die Kulturen weiterwachsen können.
Zyklon Chido verwüstet ganze Landstriche
Die Regenzeit begann mit dem Zyklon Chido sehr heftig. Nachdem er die Insel Mayotte berührt hatte, zog der Wirbelsturm direkt auf uns zu. Das Epizentrum war nur einige Dutzend Kilometer von unserer Farm entfernt. Die gesamte Infrastruktur wurde zerstört: unser Gewächshaus, die Schattenspender, die Baumschule, das Haus des Wächters und der kleine Stall für unsere Ziegen. Innerhalb von vier Stunden wurde alles weggeblasen.
Wir sind aber nicht zu bedauern, niemand wurde verletzt. Unser Haus, das ein paar Kilometer entfernt liegt, hat praktisch keinen Schaden genommen. Das kann man von den meisten Menschen in unserer Nachbarschaft nicht behaupten. Viele der weniger stabilen Häuser wurden völlig zerstört.
Es ist hart, es sind Menschen, die bereits sehr einfach leben, mit so wenig, und innerhalb von vier Stunden haben sie das Wenige verloren, das ihnen noch geblieben ist. Die meisten von ihnen werden nie Hilfe erhalten und müssen mit dem Wenigen, was sie haben, wieder aufbauen. Die Natur ist stark, der Mensch ist ihr gegenüber winzig klein, und Erlebnisse wie dieses erinnern uns daran.
Wiederaufbau und die politische Krise
Die folgenden Wochen waren dem Aufräumen der Infrastruktur und dem Nachdenken darüber gewidmet, wie wir den Wiederaufbau bewerkstelligen sollten. Wir entschieden uns schliesslich dafür, Gewächshausmaterial in Tansania zu kaufen, da es viel billiger und von besserer Qualität ist als das, was man hier im Land kaufen kann.
Seit den Präsidentschaftswahlen im Oktober leidet das Land unter einer beispiellosen politischen Krise, in deren Verlauf es im ganzen Land immer wieder zu heftigen Protesten kommt. Ihren Höhepunkt erreichte sie Ende Dezember, Anfang Januar. Das Land war durch die Demonstranten völlig gelähmt. Es gab keine Transportmöglichkeiten, kein Benzin, und so dauerte es lange, bis unser Baumaterial ankam. Auch der Mensch ist in der Lage, innerhalb weniger Stunden ein Land völlig lahmzulegen, mit allen Konsequenzen, die das mit sich bringt. Diese «Krise nach der Krise» zeigt uns auf, wie wenig Kontrolle wir über die Welt um uns herum haben. Gott sei Dank haben wir diese Zeit trotz all dieser Stürme mit grosser Gelassenheit überstanden.
Ein Stück Paradies in der Natur
Seit gut einem Monat haben sich die politischen Spannungen beruhigt – aber wie lange noch? Wir profitieren von dieser Beruhigung. Wir sind bald am Ende des Wiederaufbaus des Gewächshauses angelangt und können, wenn auch mit Verspätung, damit beginnen, unsere Gemüsekulturen ins Feld zu setzen.
Es ist wie das Leben, die wieder aufkeimende Hoffnung. Unsere Felder mit den wachsenden Kaffeebäumen sind für uns wie ein kleines Stück vom Paradies.
Wir planen auch, die Schattierungen zu erneuern, «vacane, vacane» (nach und nach). Wir haben derzeit mehr als 15 Personen, die täglich auf der Farm arbeiten: acht im Baugewerbe und der Rest auf dem Feld. Wir haben zwei Festangestellte und der Rest sind Saisonarbeiter, die wir für bestimmte Arbeiten einstellen, hauptsächlich fürs Unkrautjäten oder das Abmähen der Felder. Wir wollen Kaffeebäume in einem Agroforstsystem anbauen und den Boden so wenig wie möglich bearbeiten. Das ist sehr arbeitsintensiv, denn alles wird von Hand gemacht.
Wir haben auch zwei Praktikanten, die auf unserem Betrieb ein Eingliederungsprogramm absolvieren und an einigen Tagen im Monat Unterricht haben.
Es ist ein schwieriger Weg zum Job
Unsere Praktikanten haben bereits eine Landwirtschaftsschule abgeschlossen und sind daher Techniker. Der Arbeitsmarkt ist äusserst kompliziert und die meisten Menschen, die ihre Ausbildung abschliessen, sind danach arbeitslos. Manchmal müssen die Leute, um eine Arbeit zu beginnen und ihren Platz zu sichern, Geld bezahlen. Ohne Kontakte oder «Tipps» ist es sehr kompliziert, in die Arbeitswelt einzusteigen.
Betriebliche Eingliederungsprogramme sollen junge Menschen mit der Arbeitswelt vertraut machen, und die Unternehmen haben die Pflicht, sie auszubilden. Immer mehr Entwicklungsprogramme gehen in diese Richtung, und wenn die Erfahrung gut verläuft, können die Jugendlichen langfristig angestellt werden.
Nur ein Tropfen im Ozean?
Manchmal, wenn ich daran denke, was wir in den sieben Jahren, die wir in Mosambik, in Cabo Delgado, verbracht haben, alles durchgemacht haben oder durchmachen konnten, denke ich, dass wir ein bisschen verrückt sind, nicht in die Schweiz zurückzukehren.
Doch trotz aller Schwierigkeiten im Alltag spüren wir, dass unser Platz hier ist. Wir wollen in aller Einfachheit und mit Liebe Qualitätsgemüse produzieren, um unsere Kunden glücklich zu machen. Und das in einer Welt, die nicht immer rund läuft. Wir wollen denjenigen eine Arbeit geben, die sie brauchen, wir möchten jungen Menschen eine Ausbildung ermöglichen. Das sind kleine Tropfen im Ozean, aber ich hoffe trotzdem, dass sie zählen!
Zur Person:
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Helene Besson hat sich während ihres Bachelor-Praktikums in Mosambik in das Land und in ihren zukünftigen Ehemann verliebt. Anschliessend haben die beiden einen Master an der HAFL in Zollikofen BE gemacht. Ende 2017 sind sie mit ihren zwei Töchtern nach Mosambik ausgewandert. Nach vielen Zwischenfällen konnte die Familie Besson ein zehn Hektaren grosses Grundstück in Stadtnähe kaufen. Auf ihrem Land baut sie Gemüse, Mais und Sesam an. Inzwischen hat sich die Familie vergrössert. Eine Nichte und ein Neffe arbeiten und leben mit ihnen auf dem Hof.