In der kleinen, gemütlichen Küche knistert fröhlich das Feuer im Holzofen. Überall sieht man Spuren von Mise-en-place und in der Stube wurde mit viel Liebe fürs Detail festlich aufgetischt. Gastgeberin Claudia Frei und ihr Mann und Küchenhelfer Alex sind mitten in den Vorbereitungen für ein Swiss-Tavolata-Probeessen. Etwas früher als erwartet, klingelt es an der Haustüre. Lotti Baumann, eine der Co-Präsidentinnen des Vereins Swiss Tavolata und Geschäftsleiterin Renate Wolf Knick sind aus dem Aargau angereist.
Es ist ein Kennenlernen
Obwohl, «Probeessen» sei eigentlich das falsche Wort, sind sich alle einig. «Ich weiss, dass ich kochen kann», sagt Claudia Frei mit Nachdruck. Dem Urteil schliessen sich die Swiss-Tavolata-Frauen gerne an. «Und wir wissen, dass Claudia bereits Erfahrung mit dem Bewirten von Gästen hat», unterstreicht Renate Wolf Knick. «Vielleicht sollten wir das Ganze in ‹Kennenlern-Essen› umtaufen», meint Lotti Baumann. Denn darum gehe es doch eigentlich bei diesem Essen, dass sich die neue Gastgeberin und die Mitglieder von Swiss Tavolata kennenlernen. Fragen gestellt sowie Unklarheiten aus dem Weg geräumt werden können. Zudem wird fleissig für die Website fotografiert.
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Unterdessen ist es recht eng geworden in der Küche. Die Gäste wollen der Köchin über die Schulter schauen. «Das ist eigentlich immer so. Ich möchte, dass die Leute weiter in die Stube gehen und Platz nehmen, aber die würden sich am liebsten zu mir gesellen und mithelfen», meint Claudia Frei. «Das kenne ich», unterstreicht Lotti Baumann, sie bietet ebenfalls Tavolatas an. «Genau darum geht es doch bei Swiss Tavolata.» Schon bald wird über Rezepte, Küchengeräte und Fachliteratur gefachsimpelt.
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«Ich bin eine Kräutertante»
Zur Vorspeise gibt es Nüsslisalat mit einer Kürbis-Ricotta-Kräuter-gefüllten Blätterteigtasche und Joghurtdipp. «Ich bin eine Kräutertante», outet sich Claudia Frei. Sie mag es, Kräuter zu sammeln bevor ihre Gäste kommen. «Ich habe mir lange überlegt, ob ich etwas mit Girsch oder Brennnesseln machen soll, habe mich dann aber anders entschieden.» Als Gruss aus der Küche, wie sie es nennt, gibt es im Anschluss eine Kürbissuppe in der Tasse. Die ist mit einer speziellen indischen Curry-Mischung gewürzt und wird von einem Stück Focaccia mit Rosmarin und Kürbiskernen begleitet.
Bevor sie verrät, was der Hauptgang ist, erzählt Claudia Frei von einer ihrer weiteren Leidenschaften. Sie macht historisches Theater. Dabei trägt sie Gewänder aus der Vergangenheit und erzählt die Geschichte Grüningens, dem Ort, an dem sie seit über 30 Jahren wohnt. «Ich habe sogar bei der Sendung «Mini Schwiiz, dini Schwiiz» teilgenommen», meint sie mit einem Lachen. Sie trägt aber auch gerne Tracht, wie zum Beispiel die Oberländer Sonntagstracht. «Ich bin keine Bäuerin, dafür eine überzeugte Landfrau.» Sie kauft mit Vorliebe bei Bauern in der Region ein. «Schliesslich haben wir mit dem Früchtehof Kunz den zweitschönsten Hofladen der Schweiz im Dorf.» Auch der aufgetischte Apfel-Schaumwein und der Rotwein stammen von hier.
Hackbraten mit viel Karotte
Endlich lässt Claudia Frei die Katze aus dem Sack. Zum Hauptgang gibt es Hackbraten nach Grossmutters Art. «Mit viel Karotten drin mag ich ihn am liebsten», meint sie. Fragt man die Köchin nach dem Geheimnis, damit ein Hackbraten nicht auseinanderfällt, meint sie: «Er sollte nicht zu breit sein.» Als Beilage serviert sie Rotkraut mit Apfel. «Lieber mehr Äpfel, als weniger» ist dabei ihr Motto. Weiter gibt es Maroni-Dinkel-Knöpfli dazu, garniert mit Kastanienflocken aus dem Tessin und einem Zweig Rosmarin.
Vor dem Dessert sagt die Gastgeberin noch etwas zum Haus, in dem sie mit ihrer Familie wohnt. «Es ist ein für das Zürcher Oberland typisches Flarzhaus.» Ein Flarz kann man vielleicht am besten mit einem bäuerlichen Reihenhaus beschreiben. Mehrere schmale Hausteile reihen sich dabei aneinander. Typisch ist die Front mit Reihenfensterchen. «Hier wurde nicht nur gewohnt, sondern auch gewebt oder gesponnen.»
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«Ich bin überhaupt keine Dessertfrau. Für das Süsse ist Alex zuständig.» Der Hausherr hat für die Gäste ein Pannacotta mit Zwetschenkompott vorbereitet und Schokoladenmuffins gebacken. Beim Kaffee legt sich Claudia Frei dann aber nochmals voll ins Zeug. Ihre Kaffeemaschine ist ihr ganzer Stolz und ihr Espresso braucht den Vergleich mit Italien nicht zu scheuen.
Swiss Tavolata
Beim Verein Swiss Tavolata kochen aktuell rund 30 Bäuerinnen und Landfrauen aus allen Landesteilen für Gäste. Sie bieten Menüs aus regionalen und saisonalen Produkten vom eigenen Hof oder Hofläden aus der Umgebung an. Die Gastgeberinnen bewirten die Gäste in ihrer Küche oder Stube und erzählen meist noch etwas über den eigenen Hof oder die Region.
«Wir würden gerne noch weitere Gastgeberinnen und Gastgeber bei Swiss Tavolata willkommen heissen», meint Geschäftsleiterin Renate Wolf Knick. Man müsse dazu nicht Profiköchin sein. Voraussetzung sei lediglich die Freude am Kochen und am Gäste bewirten. Gerade in der aktuellen Zeit sei die Nachfrage nach Erlebnisgastronomie im kleinen Rahmen gross, führt Renate Wolf Knick aus. «Auch wenn das Angebot zur Zeit, wie der übrige Gastro-Sektor, der 3G-Regel unterliegt.»