Es gibt krasse Gegensätze in der reichen Schweiz. Laut WWF landen in der Schweiz 30 Prozent der produzierten Lebensmittel im Müll, das entspricht 330 Kilo pro Schweizer und Jahr. Und dann gibt es hier auch Leute, bei denen das Geld wirklich knapp ist. Sie arbeiten typischerweise in Niedriglohnsektoren – sind Working Poor oder Pensionierte mit Ergänzungsleistungen, ausgesteuerte Arbeitslose sowie andere Bedürftige mit knappen Budgets. Ihnen reicht es finanziell oft hinten und vorne nicht für den Kauf von gesunden Nahrungsmitteln. In solchen Fällen springt unter anderem die Stiftung Schweizer Tafel ein.
Glückstag für Bedürftige
Ein Ort, wo die gesammelten Lebensmittel jeweils am Donnerstag an jene verteilt werden, die durch die sozialen Netze gefallen sind, ist das ehemalige Geschäftshaus in Umiken bei Brugg AG, heute ein Stützpunkt der Heilsarmee. Hier leiten Christine und Francesco Guarisco vom Heilsarmee-Korps Aargau Ost jeden Donnerstag die Verteilung. «Wöchentlich bekommen 30 Berechtigte bei uns Lebensmittel, solange es hat», erklärt Francesco Guarisco. Er bekleidet bei der Heilsarmee den Rang eines Korpsoffiziers.
Im Versammlungsraum sind heute auf Tischen 15 graue Stapelbehälter aufgereiht – mit Brot und Backwaren, Gemüse und Früchte aller Art. Ausserdem werden sogar duftende Erdbeeren in ganzen Kilopackungen und Schoggihasen der Marke Sprüngli verteilt. Dabei gibt es keine Selbstbedienung. Zwei bis drei Leute geben den Berechtigten die Nahrungsmittel heraus, damit am Ende die vorhandenen Waren möglichst gerecht an alle verteilt sind.
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Gesund fürs kleine Budget
«Mit der Abgabe von Lebensmitteln durch die Schweizer Tafel können sich Leute, die ihr Geld genau einteilen müssen, gesund ernähren», erzählt Christine Guarisco. Die Korpsoffizierin bei der Heilsarmee erklärt bei der Abgabe der Lebensmittel, wie sie zubereitet werden, denn gerade Asylsuchenden seien Rezepte für die lokalen Gemüse oft nicht bekannt.
Am Ende des Tages bleiben aber meistens Lebensmittel zurück. Diese werden im Rahmen eines Beschäftigungsprogramms in der Küche von aktuell zwei Personen zu Produkten wie Läckerli-Sandwiches, Leckerli-Creme, Kaffee-Mascarpone-Cupcakes oder feiner Bananenglace verarbeitet. Die Köstlichkeiten werden dann im Café der Heilsarmee angeboten, wo sie nach der Lebensmittelverteilung, nach dem sonntäglichen Gottesdienst oder nach Angeboten für Familien genossen werden. Wer kann, wirft dafür etwas in die Spendenkasse der Heilsarmee.
Haltbar gemacht
Wenn am Ende immer noch etwas übrig bleibt, bringt es die Heilsarmee zu Yvette Kohler aus dem nahen Riniken AG. Zu Hause verarbeitet sie die Lebensmittel zu haltbaren Produkten wie Essiggemüse, Konfitüren mit Brombeeren, Erdbeeren und Pfirsich, macht aus dem übrigen Gemüse Suppengemüse und friert es ein. Anderes Gemüse kocht sie ein und füllt es in Weckgläser ab.
All diese Produkte werden ebenfalls im Heilsarmee-Café angeboten oder sie spendet sie an das Haus Goldenbühl in Wislikofen AG. Dort haben Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung einen Wohn- und Beschäftigungsort, unter anderem ihre Tochter Susanne. Jeden Monat spendet Yvette Kohler so bis zu 20 Kilo haltbare Lebensmittel an die Maia-Stiftung, die das Haus Goldenbühl betreibt. All das macht sie freiwillig, einzig die Spesen für Gewürze und Verpackungsmaterial stellt sie in Rechnung. Dank des Einsatzes der Schweizer Tafel, der Heilsarmee und von Freiwilligen wie Yvette Kohler werden überschüssige Lebensmittel nicht vernichtet, sondern werden zu Mitteln zum Leben.
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Schweizer Tafel
Eine Brücke bauen zwischen Überfluss und Mangel, so beschreibt die Schweizer Tafel ihre Aufgabe. Überschüssige Lebensmittel aus Detailhandel und Lebensmittelindustrie zu sammeln und sie kostenlos an Bedürftige und soziale Institutionen wie etwa Obdachlosenheime, Gassenküchen, Frauenhäuser und Asylzentren zu verteilen, das ist der Zweck dieser Stiftung.
Schweizweit sammelt sie täglich 30 Tonnen Lebensmittel mit 37 Kühlfahrzeugen ein. Bei der Verteilung helfen anschliessend 19 Mitarbeitende und viele Freiwillige. Die Schweizer Tafel finanziert sich aus Spenden. Durch die Rettung dieser Lebensmittel wird laut eigenen Angaben der Stiftung Emissionen in der Höhe von 12 783 Tonnen CO2 verhindert.