Sie sind unsichtbar, überall vorhanden und können plötzlich zum Problem werden: «Listerien und besonders L. monocytogenes sind Überlebenskünstler», sagte Lars Fieseler vor einer Woche am 11. Ostschweizer Food-Forum in Weinfelden. In seinem Referat erläuterte der Leiter des Zentrums für Lebensmittelsicherheit und Qualitätsmanagement an der ZHAW, weshalb diese Bakterien, welche die schwere Infektionskrankheit Listeriose hervorrufen können, in der Lebensmittelbranche so gefürchtet sind. 

Literien sind schwer einzudämmen

Dabei sticht ihre Renitenz (Widerstandsfähigkeit) hervor: «Listerien sind sehr anspruchslos», sagte Lars Fieseler. «So sind sie etwa salztolerant und verbreiten sich auch bei tieferen Temperaturen um die null Grad.» Zudem fühlen sie sich gemäss dem Mikrobiologen in einem breiten pH-Bereich (4,5 bis 9) wohl. Als Umweltkeime kommen sie praktisch überall vor, ganz besonders jedoch auf rohen Lebensmitteln tierischer und pflanzlicher Herkunft. 

Erst mit dem Pasteurisieren ist ihnen beizukommen.  Doch das Tückische dabei: «Ein Grossteil der Kontaminationen erfolgt nach der Pasteurisation, wenn es im Betrieb an Hygiene mangelt», so Fieseler. Da Listerien sowohl im aeroben wie auch im anaeroben Klima überleben, lässt sich ihr Wachstum auch nicht von Verpackungen unter Schutzatmosphäre (MAP) eindämmen. 

Häufig nicht als solche erkannt

Kontaminierte Lebensmittel sind die Hauptquelle für eine Infektion mit Listerien. Zur Risikogruppe gehören vor allem junge, ältere und schwangere Personen. Bei ihnen kann es zu grippeähnlichen Beschwerden bis hin zur Hirnhautentzündung, Blutvergiftung oder zum Abort kommen. Rund 30 Prozent der Fälle enden tödlich. Die lange Inkubationszeit von bis zu 3 Wochen macht es schwierig, Ausbrüche von Listeriose zurückzuverfolgen. Lars Fieseler: «Wer kann sich schon erinnern, was vor drei Wochen auf dem Menüplan stand?» 

Der Keim passt sich an seine Umgebung an

In der Schweiz gibt es durchschnittlich etwas mehr als 50 gemeldete Listeriose-Fälle jährlich. Besonders gravierend war im Jahr 2022 ein Ausbruch im Kanton Schwyz mit 10 Todes-fällen.  Für einen betroffenen Lebensmittelbetrieb, beispielsweise für eine Käserei, ist ein Listerienbefall fatal. Nicht nur ist bei Krankheits- und Todesfällen die Haftung zu tragen. Auch das Image leidet darunter und es stellt sich die Frage nach der Zukunftsfähigkeit des Betriebs. Betroffene Betriebe mussten auch schon dauerhaft geschlossen werden. 

Die Bamos AG in Bazenheid SG bietet einen akkreditierten Test zum Nachweis von Listerien wie L. monocytogenes an. «Positive Proben sind selten, können aber überall im Verarbeitungsprozess vorkommen», stellte Geschäftsleiter Patrick Wirth fest. So etwa in der Umgebung, in Salzlake, Schmierwasser oder Extruder. Es wurden sogar Listerien hinter der Isolation, unter Dichtungskappen, in Steuerschränken oder an Antriebswellen nachgewiesen. «Wenn Listerien einmal da sind, bekommt man sie nur mit höchster Anstrengung wieder los», sagte Wirth. Dies hat mit der hohen Anpassungsfähigkeit dieses Bakteriums zu tun.  

Vorsorglicher Rückruf Listerien im «Füürtüfel» – Käserei Studer ruft 30 Käseprodukte zurück Wednesday, 16. August 2023 Um einen Betrieb auf Listerien hin zu überprüfen, bedarf es zunächst einer Risikoeinschätzung. Dabei ist zu überlegen, wo die Mitarbeiter überall durchlaufen und welche Wege das Material und die Produkte gehen. Dabei sollen auch betriebsfremde Personen wie Monteure nicht ausser Acht gelassen werden. Orte mit hoher Frequenz sind besondere Risikopunkte und gut geeignet fürs Umgebungsmonitoring.

Das Einschleppen muss verhindert werden

Auf Basis der Risikoeinschätzung wird ein Monitoring inklusive Probennahmeplan erstellt. Auch sollte abgeklärt werden, ob eine Versicherung besteht, wer für allfällige Schäden haftet und wie der Notfallplan bei positiven Proben aussieht. «Das Wichtigste im Zusammenhang mit Listerien ist jedoch, das Einschleppen der Keime zu verhindern», erinnerte Patrick Wirth.