Frau Pfammatter, worum geht es beim Event Alp 24, der vom 8. bis 10. November im Culinarium  Alpinum in Stans stattfindet?

Marie Pfammatter: Es geht um Alpen-Kulinarik. Wir möchten die Diversität der Produkte zeigen und uns dabei nicht auf die Schweiz beschränken. Denn der Alpenraum umfasst acht Länder: Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Monaco, Österreich, die Schweiz und Slowenien. Es geht auch um die kleinen Produzenten, also die Bäuerinnen und Bauern.

Was steht im Zentrum des Events?

Es gibt einen Markt, ein Forum und einen internationalen Wettbewerb, dieser stand am Anfang. Unser Vorbild ist der Schweizer Wettbewerb der Regionalprodukte, der alle zwei Jahre im jurassischen Courtemelon stattfindet, mit rund 1000 regionalen Produkten aus der ganzen Schweiz. Ganz so viele sind es bei uns noch nicht, dafür sind wir international.

Wie viele Produkte nehmen am Wettbewerb teil?

An diesem ersten Alp-24-Wettbewerb wetteifern 336 Produkte um Auszeichnungen. 57 davon kommen aus dem Ausland, aus Frankreich, Italien, Österreich und Slowenien. Doch wir mussten feststellen, dass es nicht so einfach ist, Lebensmittel über die Grenze in die Schweiz zu bringen.

Wie werden die teilnehmenden Produkte beurteilt?

Das übernahm eine 60-köpfige Jury und es dauerte drei Tage. Die Wettbewerbsprodukte sind unterteilt in die fünf Kategorien Milchprodukte, Backwaren, Fleisch und Fisch, Gemüse und Obst, Essig und Öl sowie alkoholische Getränke, allerdings ohne Wein. Das wäre zu kompliziert geworden, zumindest für die erste Ausführung.

Worum geht es bei der Konferenz?

An unserem Forum, wie wir die Konferenz nennen, stehen die lokalen Wertschöpfungsnetzwerke im Zentrum. Denn Regionalprodukte sind wie Botschafter oder Visitenkarten. Da steckt viel Wissen dahinter und sie gehören zur Kultur. Doch es gibt auch viele Fragen dazu.

Welche Fragen?

Etwa Fragen zu Ökologie und Wirtschaftlichkeit. Oder wie man ein Netzwerk aufbauen kann. Die Problematik ist in allen Alpenländern gleich. Wir möchten daher versuchen, die Kräfte im ganzen Alpenraum zu bündeln.

Welches sind die Hauptprobleme?

Viele Regionen sind schwer zugänglich. Sie sind auch für die Bäuerinnen und Bauern anstrengend zu bewirtschaften. Schwer zugängliche Regionen haben oft immer weniger Einwohner, auch das hat einen Einfluss.

Gibt es Lösungsansätze?

Hier in der Zentralschweiz läuft viel über den Tourismus, das hilft auch der Landwirtschaft. Eine Frage könnte sein, ob dies auch ein Ansatz für andere Regionen oder Länder sein könnte. Es bleibt aber die Frage, was es braucht, damit Aufwand und Ertrag für kleinere Betriebe im Alpenraum stimmen.

Haben Sie ein Beispiel?

Eine der Referentinnen am Forum ist die Bäuerin Anita Z’Rotz. Sie bewirtschaftet mit ihrem Partner einen kleinen Betrieb im nidwaldnerischen Ennetmoos und ist Biogemüseproduzentin. Anita Z’Rotz wird darüber sprechen, wie Bäuerinnen und Bauern bei der Produktion und Vermarktung zusammenarbeiten können. Und sie wird das Gemüse-Coaching vorstellen.

Was ist Gemüse-Coaching?

Ein Projekt, bei dem Anita Z’Rotz und ich zusammenarbeiten. Es geht darum, wie man Gemüseanbau auch für kleinere Betriebe rentabel machen kann. Die Nachfrage ist da, doch die Produkte und deren Qualität müssen stimmen. Auch bedeutet mehr landwirtschaftliche Nutzfläche nicht unbedingt auch mehr Einkommen für die Bauernfamilien. Denn ab einer gewissen Grösse muss man in Mitarbeiter und Maschinen investieren. Wir machen Marktanalysen und Einzelberatungen auf den Betrieben. Denn 30 Aren Anbaufläche können bereits ein ausreichendes Einkommen bringen. Zudem treffen sich die Produzentinnen und Produzenten, die mitmachen, jährlich und tauschen Erfahrungen aus.

Viel Arbeit, wenig Verdienst: Will die jüngere Generation denn noch kleinere Betriebe in der Alpenregion weiter bewirtschaften?

Beides: Zum einen ist das Interesse da, zum anderen ist das Durchschnittsalter auf vielen Höfen hoch und es fehlen Nachfolger. So wird zum Beispiel der Alp-Sbrinz nur noch auf acht Alpen produziert. Führt niemand die Tradition weiter, geht viel Wissen verloren.

Was braucht es vonseiten der Konsumenten?

Zum Beispiel, dass Konsumentinnen und Konsumenten akzeptieren, dass es im Winter ein kleineres Gemüseangebot gibt – und im Januar keine Erdbeeren. Das Gute ist: Die Leute fragen sich heute mehr als noch vor zehn Jahren, was genau auf ihre Teller kommt, wie und wo die Lebensmittel produziert werden.

Doch das hat seinen Preis …

Lebensmittel aus dem Alpenraum bleiben ein Nischenprodukt. Und das ist gut so. Denn auf kleinen Betrieben kann man nun mal keine riesigen Mengen anbauen. Doch für gute Produkte sind die Leute auch bereit, etwas mehr zu bezahlen.

Weitere Informationen: www.alp24.ch

Das Culinarium Alpinum
Das Culinarium Alpinum, mit Restaurant, Shop, Seminarzentrum und Hotel, ist im ehemaligen Kapuzinerkloster in Stans beheimatet. Hier dreht sich alles um die Kulinarik des Alpenraums. Hinter dem Culinarium Alpinum steht die gemeinnützige Stiftung «Kulinarisches Erbe der Alpen».
Die Stiftung fördert Projekte in der Schweiz und dem übrigen Alpenraum, die «dem Erhalt, der Weiterentwicklung wie der Vermarktung der regionalen Bio- und Produktdiversität der kleinbäuerlichen Land-, Berg- und Alpwirtschaft und dem lokal verankerten lebensmittelverarbeitenden Gewerbe dienen», wie es auf der Website heisst. «Sie fördert die Schulung und Weiterbildung der regionalen Kulinarik und der heimischen Landwirtschaft, mit dem Ziel, das Wissen darüber zu verbreiten und damit die Profilierung der regionalen Produktion zu stärken.» 

Weitere Informationen: www.culinarium-alpinum.com