Noch sind viele Fragen offen, aber grundsätzlich hat der Anbau von Mandeln in der Schweiz Potenzial. So lässt sich eine Forschungsarbeit von Agroscope zu diesem Thema zusammenfassen, die 2020 mittels Befragungen und umfassender Literaturrecherche herausfinden wollte, ob diese Nussart hierzulande eine Zukunft haben könnte. Marius und Oliver Brupbacher aus Oberstammheim ZH sind schon einen Schritt weiter: Bei ihnen wachsen an einem sonnigen Südhang verschiedene Sorten Mandelbäume. Im letzten Jahr konnten die Brüder zum ersten Mal ernten.
Schwer zu knacken, aber fein
Drei bis vier Kilo Mandeln hingen 2020 an Brupbachers 3-jährigen Mandelbäumen, die sie als Niederstämmer ziehen. Die Nüsse fallen nicht herunter, sondern müssen von Hand gepflückt werden. «Die kalifornische Sorte, die sich ganz einfach öffnen lässt, wächst hier leider nicht», bedauert Marius Brupbacher mit einem Blick auf die drei Reihen Bäumchen mit den zarten weissen Blüten. Einige der Mandeln seien mit der Zange zu öffnen gewesen, bei einer anderen Sorte reichte das aber nicht aus. Daher bastelten die Brüder eine kleine Knackmaschine mit zwei gegenläufigen Walzen. «Das ist eher ein Gebastel», meint Oliver Brupbacher dazu. Das Ganze ist bisher auch eher ein Experiment, um Erfahrungen zu sammeln. Geschmacklich waren Brupbacheres jedenfalls von ihren Mandeln überzeugt – «Wir sind aber keine Profis», betonen sie.
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Kalifornische Mandeln liessen sich leichter öffnen, diese Sorte wachse in der Schweiz aber nicht.
Das Wissen dazu, wie der eher exotische Baum gepflegt werden muss, haben sich die Weinländer angelesen. «In Frankreich hat man mehr Erfahrung damit», so Marius Brupbacher. Vom Mandelanbau in Kalifornien könne man sich nicht viel abschauen. «Dort läuft zwar die Produktion auf Hochtouren, nur mit Nachhaltigkeit hat sie wenig zu tun: Mit Tausenden von Hektaren Monokulturen und massenhaft toten Bienenvölkern». Seine eigenen Bienen summen nicht weit entfernt von den drei Reihen Mandelbäumen in der wärmenden Morgensonne.
Pflege wie bei Obstbäumen
Bei der Pflege ihrer Kultur gehen die beiden Landwirte nicht anders vor als bei Obstanlagen: Um die Baumscheibe wird oberflächlich gehackt, und in der Reihe gemäht, um Mäuse fernzuhalten. Zwischen den Stämmen wachsen bunte Wiesenblumen. «Das sind keine Problemunkräuter», erklärt Oliver Brupbacher. Beim Schneiden ist eine offene Krone das Ziel, damit möglichst viel Luft und Licht in das Geäst dringt.
Was den Untergrund angeht, arbeiten Marius und Oliver Brupbacher mit mittelschwerem, lehmigem und tonhaltigem Boden. «Aber es gibt für jeden Boden die passende Unterlage», meint Marius Brupbacher. So könne man Mandeln auf diverse Obstbäume aufpfropfen. Allerdings kann das Spuren hinterlassen, wie die Mandeln eines Baumes mit Pfirsichwurzeln zeigen. Statt der üblichen mehrheitlich glatten, zweiten Schale, zeigt sich im Inneren der fleischigen Aussenhülle eine stark gefurchte Oberfläche, die verdächtig nach einem Pfirsichkern aussieht.
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Die drei Reihen Mandeln gedeihen an einem Südhang, wo sie viel Sonne und Wärme bekommen.
Blattläuse und Schrotschuss
Mit ihren Mandeln gehören Brupbachers zu den wenigen Pionieren, die mit dieser Kultur in der Schweiz experimentieren. Entsprechend gross ist auch das Interesse der Wissenschaft. An den Bäumen haben Forschende von Agroscope Sensoren installiert und eine kleine Kamera nimmt Bild für Bild auf, wie sich eine Mandelblüte öffnet.
Zu Schädlingen oder Krankheiten ist bisher wenig bekannt, in Oberstammheim trat aber in der letzten Saison Schrotschuss auf. Dieser befällt auch andere Prunus-Arten. Hinzu kamen Blattläuse, was allerdings nur einzelne Bäume betraf. «Letztes Jahr war sowieso ein Laus-Jahr», winkt Oliver Brupbacher ab, «und wir haben hier genug Marienkäfer, die ihnen den Garaus machen.» Nur beim Schrotschuss seien sie nicht um die Behandlung der Bäume herumgekommen.
Keine grossen Investitionen
Die Investitionen hielten sich für die Stammheimer in Grenzen: «Wir haben einen Anbieter in Frankreich gefunden, bei dem wir etwa 25 Euro pro Baum inklusiv Transport bezahlt haben», erläutert Marius Brupbacher. Das ist auch gut so, denn für die Brüder ist der Mandelanbau nur ein «Nebenschauplatz», wie sie sagen. Für den Haupterwerb sorgen 13 Hektaren Grünspargeln und zwei Hektaren Heidelbeeren mit Selbstpflückanlagen sowie ein kleiner Direktverkauf (vor allem Honig und Obst).
Ein weiterer «Nebenschauplatz» zeigt sich rund um das Haus von Oliver Brupbacher: Haselsträucher und eng gepflanzter, niedriger Baumhasel gedeihen dort. «Die bieten mir Schatten», sagt er schalkhaft. Denn der eigentliche Sinn der Gehölze sind die unter der Erde verborgenen Burgunder Trüffeln. «Das war auch nur ein Versuch. Und nach zehn Jahren wollten wir die Sträucher und Bäume schon ausreissen», erinnert sich Marius Brubpacher. Doch dann gab es die ersten Edelpilze, von denen eine Hundehalterin aus dem Dorf seither jeweils im Herbst mit ihrem abgerichteten Vierbeiner rund fünf Kilo ans Tageslicht holt. Je nach Form und Grösse bekommen die Landwirte dafür von Abnehmern in der lokalen Gastronomie 300 bis 500 Franken pro Kilo – «und Arbeit macht es uns eigentlich keine», freut sich Marius Brupbacher.
Es gibt interessierte Abnehmer
Für den Familienbetrieb gehört es dazu, immer mal wieder etwas Neues auszuprobieren. «Unsere Grossmutter war eine der Ersten, die in der Schweiz Spargeln anbaute», erzählt Marius Brupbacher. Erst in den folgenden 20 Jahren habe das Gemüse hierzulande richtig Fuss gefasst und an Beliebtheit gewonnen. Nun gehören ihre Enkel zu den Mandelpionieren und sind zudem wahrscheinlich die Einzigen, die den Baum als Niederstamm in den Ertrag nehmen, statt ihn als Hochstamm mehrheitlich einfach wachsen zu lassen. Mit einem Berner Unverpackt-Laden hat bereits ein erster Abnehmer Interesse angemeldet.
Betriebsspiegel Erlenhof
Name: Marius und Oliver Brupbacher
Ort: Oberstammheim ZH
Kulturen: 13 Hektaren Grünspargeln, 2 Hektaren Heidelbeeren, Mais, Weizen, Raps und Versuche (Mandeln, Trüffeln, Pfirsiche, Feigen)
Arbeitskräfte: 3 Vollzeit plus in der Ernte zwischen 10 und 25 Angestellte im Stundenlohn
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