Kunst im Museum, das ist normal. Kunst an der Kuh, das macht Markéta Jáchimová. In Ägypten schickte sie Kamele vor den Pyramiden von Gizeh mit ihren handgemachten Wandteppichen spazieren. Und nun hat sie Holsteinkühe aus dem Kanton Zug damit geschmückt.
Offen für neue Ideen
Die 35-jährige Künstlerin lebt und arbeitet am Stadtrand von Luzern, wo Stadt und Land aufeinandertreffen. Damit experimentiert sie auch bei ihrem Projekt: Was passiert, wenn Kunst aus dem etablierten Rahmen entfernt und in einer völlig neuen Umgebung angesiedelt wird? [IMG 2] Der Spass an neuen Wegen ist der Künstlerin anzumerken, wenn sie ihre Arbeit beschreibt. Sie überschreite die Grenzen der traditionellen Kunstpräsentation und betreibe eine Art Unsinn, heisst es im Kommentar zum Projekt. Das zeige sich auch an der Reaktion der Kühe.
Die Tiere hätten verwundert auf ihre Rolle als Kuh-Models reagiert, sich aber nicht stressen lassen. Das erzählt Alexandra Schelbert vom Hof Unterzimbel in Baar, wo das Projekt durchgeführt wurde, auf Nachfrage der BauernZeitung. Sie arbeitet auf dem elterlichen Betrieb, den sie voraussichtlich übernehmen wird. Milchwirtschaft mit rund 120 Holsteinkühen ist der Hauptbetriebszweig.
Zugängliche Landwirtschaft
Das Projekt sei sehr unkompliziert zustande gekommen, gibt Alexandra Schelbert Auskunft. «Markéta Jáchimová ist die Freundin einer ebenfalls kunstschaffenden Freundin von mir, die mich auf der Suche nach einem Landwirtschaftsbetrieb kontaktierte.» Warum nicht, sagte sie sich. Sie sei grundsätzlich offen für spartenübergreifende Aktionen, Zugänglichkeit tue der Landwirtschaft gut. Und für die Kühe sei es keine grosse Sache gewesen. «Diejenigen, die keine Lust hatten, konnten auf der Weide davon ziehen.» Im Rampenlicht standen für einmal nicht Tiere, die nach züchterischen Massstäben die schönsten wären, sondern gelassene und neugierige. Die nahm Alexandra Schelbert an die Halfter, die Künstlerin schmückte sie mit ihren Teppichen und fotografierte sie, nach ein paar Minuten weideten die Kühe weiter.
«Markéta kam in völlig weideuntauglichen Turnschuhen», erinnert sich Alexandra Schelbert, «aber sie war beeindruckend entspannt und ohne jede Angst vor den Kühen.» Sie selber finde den Ansatz spannend, Kunst in der Natur darzustellen.
Markéta Jáchimová freut sich heute noch über das Erlebnis, die Fragen der BauernZeitung beantwortet sie schriftlich und auf Englisch. «Anders als menschliche Models versteckten die Kühe ihre Emotionen nicht, und das war absolut wunderbar», kommentiert die Künstlerin das Fotoshooting. Die Tiere hätten einander ganz verwundert beobachtet, die Teppiche abgeleckt oder seien aufgeregt um ihre geschmückten Artgenossinnen herumgehüpft.
Festgehalten im Katalog
Markéta Jáchimová hat die Wandteppiche in den Farben Schwarz, Weiss und Blau selber und von Hand genäht, inspiriert von einer altägyptischen Methode. Als Rohstoff dienten Vorhänge von Theater- und Kunstmessen, die sie aus dem Müll gerettet hatte. Textilabfälle und Recycling sind ein Thema, mit dem sie sich in ihrer Kunstproduktion beschäftigt. Das Projekt «#okcow» präsentierte sie im Mai als Kunstinstallation bei Redaction 957 in Luzern und in Form eines Fotokatalogs.