Erstmals leitete der junge Förster Tobias Hausheer den diesjährigen Holzschlag an den Hängen über dem Ägerisee, um die Stämme für das «Reisten» und «Flössen» bereitzustellen. Er ist der neue Betriebsleiter der Korporation Oberägeri, die das diesjährige Flössen organisiert. Letztes Mal fand der traditionelle Anlass 2021 unter Leitung der Korporation Unterägeri statt. Damals habe er gerade die Försterschule absolviert und seine erste Stelle bei der Korporation Oberägeri angetreten, erinnert sich Hausheer. Inzwischen leitet er diesen Betrieb, sein Vorgänger Kari Henggeler, der im Sommer pensioniert wird, ist nun sein Stellvertreter. An sein erstes Flössen 2021 erinnert sich Hausheer gut, damals sei er ins Wasser gefallen, filmisch festgehalten in einem «Dok» von SRF.
Nicht alles Holz schwimmt
Eigentlich sei die Arbeit um das Flössen aber nicht ausserordentlich gefährlich, «wir tragen ja Schwimmwesten». Und wenn die Stämme im See im Rahmen fixiert sind, sei das eine gemütliche Fahrt, erzählt Hausheer. Fast 1 500 m³ Holz wurde seit dem 6. Januar geschlagen, über 600 Stämme, aus einer Plenterwaldfläche von rund 8,6 ha, mit unterschiedlichen Baumarten und Durchmessern. Schwimmendes Holz sei dieses Jahr rund 900 m³. Beim letzten Flössen 2021 waren es 680 m³, im Jahr 2011 aber sogar 1350 m³. «Nur Fichten und Tannen schwimmen, das schwere Laubholz wie Buchen säuft ab», erklärt Hausheer. Deshalb werde beim Reisten, wo die blanken Stämme den Hang zum See runtersausen, darauf geachtet, dass die Buchen vor dem See stoppen. So auch, indem solche Stämme eher kurz gehalten werden und so weniger Tempo bekommen.[IMG 2]
Samstag ist Reisttag
Am Samstag, 22. Februar ist Reisttag. Hunderte von Besuchenden werden erwartet, wenn einige noch zurückgehaltene Stämme für die Show den steilen Bergwald hinunter zum Seeufer gleiten und dort zu einem mächtigen Floss zusammengebunden werden. Zwei geführte Vorführungen sind geplant, morgens um 9.30 Uhr und nachmittags 13.30 Uhr, mit Treff bei der Festwirtschaft an der Wildbrunnenstrasse in Unterägeri. Aus Sicherheitsgründen ist das betroffene Gebiet entlang des Ägerisee gesperrt und kann nicht individuell betreten werden. Die eigentliche Flossüberfahrt ist dann am Samstag, 8. März (allenfalls Verschiebedatum beachten), dann kann die Ankunft des Flosses am Seetalplatz in Oberägeri erlebt werden. Das Holz werde dann dort später triagiert und je nach Verwendungszweck für Bauholz oder Energieholz an Polter gelegt, erzählt Hausheer.
Flössen seit dem Mittelalter
Flössen habe eine jahrhundertelange Tradition, wurde schon im Mittelalter betrieben. Auch das Holz aus den steilen und weglosen Wäldern über dem Ägerisee werde seit jeher in den See «gereistet» und anschliessend über den See «geflösst». Heute sei das aber europaweit einzigartig, dass diese Kombination noch weiterlebe, heisst es im informativen «Flösserheft»zu diesem Anlass. Nach dem Fällen und Entasten werden die Stämme in Bewegung gesetzt und gleiten in natürlichen Rutschbahnen, den Reistzügen, den Hang hinunter, die meisten schlittern direkt ins Wasser. Im See werden sie anschliessend zu einem Floss zusammengebunden und an eine für den Weitertransport geeignete Stelle geschoben.
«Nur das Nadelholz schwimmt, das schwere Laubholz säuft ab.»
Förster Tobias Hausheer erklärt, wieso sich für das Flössen vor allem Fichten und Weisstannen eignen.
Einzigartig in Europa
Die Tradition der Flösserei auf dem Ägerisee sei eng mit den beiden Korporationen Ober- und Unterägeri verbunden, die beiden wechseln sich denn auch ab in der Organisation, arbeiten für den Anlass aber eng zusammen. Das Flösserteam besteht aus erfahrenen Förstern und Forstwarten der beiden Korporationen. Diese bewirtschaften die Wälder am See, früher sei die genaue Aufteilung des Bergwaldes während Jahrhunderten umstritten gewesen. Zumal dieser wüchsige Bergwald wegen den hochwertigen Weisstannen und Fichten immer sehr begehrt gewesen war. Die Flösserei sei zu Zeiten von Ross und Wagen auch immer wirtschaftlich gewesen.
Tradition erhalten
Nach dem Preiszerfall durch den Sturm Lothar vor über 25 Jahren sei die Flösserei aus wirtschaftlichen Gründen aber schwieriger geworden. Damit dieses traditionelle Handwerk aber nicht in Vergessenheit gerät, beschlossen die beiden Korporationen, das weiterzuführen. Alle paar Jahre lebt das Handwerk deshalb wieder auf, verbunden mit öffentlichen Anlässen und Festen. Dies sei möglich dank der Unterstützung der beiden Einwohnergemeinden und des Kantons Zug, sowie zahlreicher Sponsoren. Für OK-Präsident Patrick Müller, der das Flössen schon zu Vaters Zeiten miterlebte, ist das Flössen nicht nur ein Fest, sondern ein lebendiges Zeugnis von Kultur und Tradition – weitergegeben von Generation zu Generation.