Was für eine Aufregung: Die grosse Expo findet dieses Jahr im Juli statt und wir hatten beschlossen, einen Betriebsausflug dorthin zu machen. Wie leicht gelingt doch plötzlich das Aufstehen morgens um halb vier, wenn ein so grosses Ereignis stattfindet. Um sieben Uhr sitzen wir schon alle im Auto, damit wir pünktlich um 9 Uhr bei Türöffnung in Asunción, der Hauptstadt Paraguays, sind, um dann auch genügend Zeit zu haben, die vielen schönen Tiere zu bestaunen.
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Die halbe Welt ist vertreten
Die Expo, vom Landwirtschaftsverband von Paraguay (ARP) organisiert, ist die grösste internationale Messe, sprich die grösste branchenübergreifende Geschäftsveranstaltung ihrer Art, in Paraguay. Das macht sie zu einem der bedeutendsten Anlässe in Lateinamerika für Viehzucht, Industrie, Landwirtschaft, Handel und Dienstleistungen mit insgesamt über 300 Unternehmen aus 42 Sektoren aus 19 Ländern. Dabei sind die südamerikanischen Länder vertreten, aber auch Taiwan, die Vereinigten Staaten, Spanien, Belgien, Bulgarien, Polen, Portugal, die Tschechische Republik oder die Türkei.
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Aus allen Gesellschaftsschichten und Berufen sind die Besucher vom 6. bis zum 21. Juli nach Asunción gepilgert. Obwohl die Messe eine Vielzahl an verschiedensten Ausstellungen und Events bietet – bis hin zur Wahl der Miss Paraguay – ist wohl doch der Bereich der Landwirtschaft mit ihrer nationalen Viehzuchtausstellung das grösste Highlight.
Die Viehwirtschaft hat eine grosse Entwicklung durchlaufen
«Viehzucht» ist ein mit Stolz verbundener Begriff in der Geschichte der Republik Paraguay. Seit der Kolonialzeit ist die Viehzucht mit der Eigenart der Guaraní-Menschen (der indigenen Einheimischen) stark ver-bunden. Das heisst, die Viehzucht und Rinderhaltung haben sich im Laufe dieser Zeit zu einem dynamischen Produktionssystem entwickelt, das zunächst auf den Lebensunterhalt der Familie abzielte und erst im Laufe der Zeit den produktiven Horizont erweiterte, bis es eine Wertschöpfungskette bildete.
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Diese Schnelllebigkeit machte auch vor Paraguay nicht Halt und somit wurde nicht nur auf dem heimischen Markt, sondern auch in wichtigen Nischenmärkten der Welt mit dem Starprodukt «Fleisch aus Paraguay» geworben. Jedoch sind dieses urtümliche Denken und Handeln in der Rinderhaltung Paraguays dafür verantwortlich, dass bis heute ein besonderer Schwerpunkt auf die lokalen Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen gelegt wird.
Produktion auf hohem Niveau
Wahrscheinlich ist es gerade dieses Engagement, das für die Wettbewerbsfähigkeit in der Branche sorgt und einen ansteckenden Investitionsgeist weckt. Dank modernster Genetik, hervorragender Weiden und einer Bewirtschaftung gemäss den Bedingungen des Tierschutzes hat Paraguay innert kürzester Zeit eine Produktion auf höchstem Niveau erreicht, die umweltfreundlich, sozial integrativ und wirtschaftlich profitabel ist.
Paraguay gehört seit Jahren zur Spitzengruppe der Fleischexporteure und somit zum exklusiven «Club» der zehn Länder mit der höchsten Vermarktung, mit weltweit über 400 000 Tonnen Fleisch. Auf diese Weise hat sich die hiesige Viehzucht mit ihrem eigenen Gewicht wirtschaftlich und sozial etabliert. Es ist weiter interessant, das Ganze aufrechtzuerhalten, da auch das Mercosur-Abkommen eine Rolle spielen wird.
Die zahlreichen Tiere werden gut versorgt
Die Hallen der verschiedenen Rinderzucht-Ausstellungen sind riesig. Die Besitzer der Tiere schlafen in kleinen Zelten ebenfalls mittendrin, gerade neben ihren wertvollen Zuchtstieren aller Rassen. Immer wieder sehen wir, wie ganze Sektoren geschlossen werden für die Zuschauer, um den Tieren Ruhe zu gönnen, auszumisten und das Vieh zu waschen – das ist vorbildlich.
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Immer wieder werden die Bullen der verschiedenen Rassen in Gruppen ausgeführt, um den Tieren während dieser drei Wochen eine art-gerechte Bewegungsfreiheit zu gewährleisten. Alles ist sauber und mustergültig organisiert. Die grösste Aufmerksamkeit gehört dem Wohl der Tiere. Das Herz der Bauern schlägt hier in Südamerika noch mit ganzem Stolz auf das eigene Können in der Viehzucht, und die Liebe zu den Tieren steht klar im Vordergrund, während das Geld und der Champion-Titel zweitrangig bleiben.
Es sind 2136 Tiere von über 27 in Paraguay gezüchteten Rassen ausgestellt. An der Rinderausstellung sind Brahman, Brangus, Braford, Nelore, Senepol, Santa Gertrudis, hornlose Hereford und behornte Hereford, Angus, Limousin und diverse Milchviehrassen vertreten.
Bei den Pferden gibt es Criolla, Quarter Horse, Araber, Appaloosa und Paint zu sehen. Bei den Schafen sind hauptsächlich Dorper, Santa Inés, Hampshire Down, Texel und White Dorper ausgestellt, während es bei den Ziegen die Rassen Anglo Nubian und Saanen sind. Die Rassen White New Zealander, Californian und Fawn of Burgundy sind häufig vertretene Kaninchen-Rassen.
Man kann also allen Viehzuchtfans nur eines empfehlen: Die grosse Expo in Paraguay ist einen Besuch wert.
[IMG 6]Zur Person: Michèle Huber ist gelernte Landwirtin mit Fachrichtung Bio und Permakultur. Ein von ihr initiiertes PRE mit dem Ziel einer neu ausgerichteten regional-solidarischen Landwirtschaft fand Anklang bei Inforama, FiBL und Bio Schwand und wurde sogar vom BLW und Lanat anerkannt und finanziell mitunterstützt. Leider funktionierte die Umsetzung nicht ganz, der Landkauf gelang nicht. Überzeugt von ihren Idealen, gab Michèle Huber nicht auf und startete das Projekt nun im fernen Paraguay.