Die Kirschensaison hat vielerorts begonnen. So auch bei Daniel und Claudia Stüdi, die im solothurnischen Deitingen einen Betrieb mit Direktvermarktung betreiben. Beim Besuch der BauernZeitung vergangene Woche ist es sehr nass. Keinen Hagel wie andernorts, dafür viel Regen hat die Gemeinde im Wasseramt abbekommen. Den Früchten konnte der Regen nichts anhaben, da im Jahr 2013 in eine Intensivobstanlage investiert wurde, welche komplett gedeckt und eingenetzt ist. So konnten auch Krankheiten und die Kirschessigfliege bislang gut in Schach gehalten werden. Durchschnittlich vier bis fünf Tonnen Kirschen erntet die Familie jährlich. Heuer fällt die Menge mit erwarteten drei Tonnen etwas kleiner aus. Der Verkauf erfolgt zum grössten Teil im eigenen Hofladen. Bereits die Eltern Stüdi haben mit einem Marktstand vor dem Haus Direktvermarktung betrieben. Daniel Stüdi und seine Frau Claudia, unter deren Führung der Laden läuft, haben den Direktverkauf nach und nach gesteigert und den Betrieb umgestellt. «Natürlich zu wachsen ist wichtig», betont Daniel Stüdi dazu. Denn Wachstum müsse im Hintergrund auch immer gestemmt werden können.
Wachsen heisst, sich stetig verändern
Und Wachstum bedeute auch, Änderungen vorzunehmen. So haben Stüdis rasch gemerkt, dass Milchviehhaltung und Intensivobst zeitlich einfach nicht zueinander passen. Die Milchproduktion wurde daher 2016 aufgegeben. Und seit diesem Jahr bauen sie auch keine Kartoffeln mehr an. Das Beispiel Wachstum zeigt sich bei Familie Stüdi auch eindrücklich anhand der Eierproduktion. Wurde diese zunächst mit 100 Hühnern gestartet, die Eier in Occasions-Schachteln verkauft, später neutrale Schachteln mit Etiketten beklebt, bestellt Daniel Stüdi heute bedruckte Schachteln. Und das 25 000 Stück aufs Mal. Aber: Wachstum sei nicht alles. «Wir dürfen auch mal zufrieden sein, wenn wir auf einem Level stehen bleiben und es nicht steigt», betont der Landwirt. Das, was Daniel Stüdi in Angriff nimmt, will er möglichst professionell machen und dabei rationell arbeiten können. Das wird im Gespräch mehrfach deutlich.
Die Qualität ist besonders wichtig
Und die Qualität muss stimmen. «Gute Produkte ist der Kunde bereit zu bezahlen», weiss das Ehepaar. So «werden Konfis nach Rezepten wie zu Grosis Zeiten hergestellt», betont Claudia Stüdi. Und auch die Brotwaren kommen mit kleiner Zutatenliste aus. Dazu gutes Mehl, lange Teigführung und Backen im Schamottsteinofen ergeben ein hervorragendes Produkt. «Nur die Kosten im Blick zu haben ergibt ein 0815-Produkt. Und das ist schlecht für die Direktvermarktung», weiss Daniel Stüdi. Die Kunden wissen ihre Qualität zu schätzen und kommen teils von weither zum Einkaufen.
Betriebsspiegel Familie Stüdi
Betriebsleiterfamilie: Daniel und Claudia Stüdi mit den Kindern Anina und Severin.
Ort: Deitingen
Mitarbeiter: 1 Auszubildende Landwirtin EFZ, wird ab August fest angestellt, 1 Bäckerin, 12 bis 15 Aushilfen (Temporäre, Studenten, Joblose wegen Corona).
Betriebszweige: Intensivobstanlage, Direktvermarktung inklusive zwei Backtage, Freilandeier,
Ackerbau, Solaranlage, kleines Lohnunternehmen (Mähdreschen und Rundballen pressen).
Fläche: 24 ha, davon 4,5 ha Extensive Wiese QII mit 300 Hochstammbäumen für Mostobst, Intensivobstanlage auf 140 Aren mit Kirschen, Zwetschgen, Birnen, Äpfeln, und in den Randreihen diverse Beerensorten. Ackerbau von Weizen, Gerste, Speisehafer, Hartweizen, Dinkel, Eiweisserbsen, Quinoa und Raps.
Tiere: 1280 Legehennen, Hobbytiere wie Laufenten, Wellensittiche und Nymphensittiche in grosszügiger Voliere.
Der Handel und die Werbung mit heimischen Produkten
Schweizer Produkte seien bei den Kundinnen beliebt. Für Daniel Stüdi ist es bedenklich, «dass Schweizer Produkte für den Handel oft zu Werbezwecken missbraucht werden und gleichzeitig lieber Importware verkauft wird», bemängelt er. In seinen Laden schaffen es nur reife Früchte. Für den Handel dürfen die aber nicht reif sein. Denn der Handel könne technisch damit schlicht nicht mehr umgehen. Die maschinelle Verarbeitung und reife, weiche Zwetschgen funktionieren nicht zusammen. Und Ehefrau Claudia ergänzt: «Die Bevölkerung hat keinen Geschmackssinn mehr, weiss nicht mehr, wie etwas reif schmecken soll. All dies hilft aber unserer Direktvermarktung.»
Mit und ohne Pflanzenschutzmittel
Daniel Stüdi führt seinen Betrieb nach einer klaren Philosophie. Der Obstbau ist intensiv, kommt ohne Pflanzenschutzmittel (PSM) nicht aus. «Daher will ich möglichst wenig im Ackerbau machen müssen», erklärt er. So baut er sein Getreide meist pestizidlos an, macht Hasengassen und ist beim Ressourcenprogramm Humus des Kantons Solothurn sowie beim Projekt Pestired dabei. «Wir müssen einfach PSM reduzieren können», erklärt er. Stüdi ist überzeugt, dass das nicht über Verbote gehen müsse. Er ist ein Befürworter der Lenkungsabgabe. Giftigere Mittel sollen durch Abgaben verteuert, die Gelder umverteilt werden. Dies einerseits in die Forschung und andererseits indem die Prämie für pestizidlosen Anbau erhöht werde. Daniel Stüdi ist sehr experimentierfreudig. So hat er Versuche mit Kleeuntersaaten im Getreide gemacht. «Manchmal kommt es gut, manchmal eben nicht», weiss er und zuckt gelassen mit den Schultern. So wie es halt im Leben oft der Fall ist.