«Aber Sie sind doch nicht krank?», fragte die mir fremde Hebamme im Geburtshaus, als ich einen Monat vor dem errechneten Geburtstermin meiner zweiten Tochter um eine Krankschreibung bat. Ich erinnere mich noch viereinhalb Jahre später daran, wie demütigend sich dieser Moment und der kritische Blick der Frau anfühlten. Nein, ich sei nicht krank, erwiderte ich, aber ich hatte schmerzhafte Vorwehen, war müde und hatte eine lebhafte, 20 Monate alte Tochter zu Hause, die mich stark forderte und es nicht einsah, warum ich sie nicht tragen solle.

Gestresst Richtung Geburt

Bei der Grossen hatte ich bis kurz vor dem errechneten Termin gearbeitet, wir zogen gleichzeitig um, ich war gestresst. Prompt liess die kleine Madame sich Zeit – zu viel Zeit, die Geburt musste medikamentös eingeleitet werden und war sowieso ganz anders als gewünscht. Ich fühlte mich ausgeliefert und fremdbestimmt.

Beim zweiten Kind setzte ich mich bei der Hebamme durch und bekam die Krankschreibung. Im Büro war ohnehin längst abgemacht, dass ich vier Wochen vorher aufhören würde, und das Verständnis viel grösser als von besagter Dame. Diesmal kam ich zur Ruhe und prompt kam Töchterchen Nummer 2 pünktlich und völlig natürlich am errechneten Geburtstermin zur Welt. Es wurde sogar eine richtig schöne Geburt.

Nein sagen ist nicht einfach

Kürzer zu treten und auch mal Nein zu sagen, fällt vielen Frauen schwer. Ich kenne das aus eigener Erfahrung und Gesprächen mit Freundinnen nur zu gut. Bestimmt ist das auch bei vielen Bäuerinnen so, deren Aufgabengebiet viel breiter und deren Arbeitstage viel länger sind als jene der Durchschnittsbürgerin mit dem Bürojob.

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Vom Tier auf den Menschen

Auf einem Bauernhof gibt es für schwangere Frauen einige Bereiche, in denen sie Vorsicht walten lassen sollten, an die andere Frauen nicht unbedingt denken müssen: Stichwort Stallarbeit. So kann zum Beispiel die Coxiellose bei Nutztieren Aborte auslösen. Die durch die Bakterien Coxiella burnetii verursachte Seuche überträgt sich, unter anderem über Luft und Staub, leicht auf den Menschen. Beim Menschen heisst sie Q-Fieber.

Das Q steht dabei für «Query» (englisch: Fragezeichen) oder auch für «Queensland», wo die Bakterien in einem australischen Schlachthof erstmals entdeckt wurden. Insbesondere schwangere Frauen können schwer daran erkranken. Es kann zu Früh- oder Totgeburten kommen. Ein Beispiel aus Deutschland zeigt, wie leicht sich Coxiellen über die Luft verbreiten. So berichtete die Fachzeitung «Toro»: Dort lammte 2003 auf einem Bauernmarkt ein ausgestelltes erkranktes Schaf ab. 20 % der Marktbesucher(innen) (299 Personen) hätten sich nachgewiesenermassen «beim Vorbeilaufen» infiziert.

Nicht zu schwer heben

Nein, es macht keinen Sinn, als Schwangere in Panik zu verfallen, schliesslich soll man diese aufregende, schöne Zeit möglichst geniessen können, aber Vorsicht ist besser als Nachsicht. In diesem Sinne sollte frau unter anderem nicht zu schwer heben, bei der Stallarbeit keine unnötigen Risiken eingehen und dem Stall fernbleiben, falls es zu Aborten kommt, sowie diese tierärztlich abklären lassen.

Eine deutsche Bäuerin erzählt im Toro-Artikel bezüglich eines Coxiellose-Falls im eigenen Stall: «Ich war in der 20. Woche schwanger, als eine unserer Kühe abortierte. Da mein Mann nicht zu Hause war, dachte ich nicht lange nach und half der Kuh, das tote Kalb zur Welt zu bringen. Instinktiv zog ich dazu Einmalhandschuhe an. Ich denke, das hat unserem Sohn das Leben gerettet.» Neben besonderer Vorsicht im Stall ist allgemein eine gute Hygiene wichtig, Fleisch sollte gut durchgekocht werden und für Schwangere ist Rohmilch tabu.

Auf den Körper hören

Es lohnt sich also auch für Bäuerinnen, während der Schwangerschaft einen Gang zurückzuschalten und noch so viel zu arbeiten, wie sich gut anfühlt. Für den Körper, der sich sonst vielleicht wehrt – mit Kontraktionen, Schmerzen und Unwohlsein. Und auch für die Seele, denn dort passiert während diesen neun Monaten ganz viel. Viele Frauen sind sensibler, emotionaler und Dinge, die man sonst mit einem Schulterzucken wegsteckt, gehen einem plötzlich nah.

Emotionen können überkochen

Mein erstes Schwangerschaftsanzeichen war übrigens, dass ich plötzlich eine unerklärliche Vorliebe für eine herzerweichende TV-Sendung namens «Vermisst» hatte, in der Menschen Elternteile, Kinder oder Grosseltern suchen, die sie aus den Augen verloren haben. Beim Schauen brach ich jedes Mal in Tränen aus. Kurz darauf zeigte der Test zwei blaue Striche an.