Frage an die Betriebsleiterin Priska Morf: «Haben Sie Ihren Mann auch an einem Singletreff kennengelernt?» «Nein, nein», lacht Priska Morf, «ganz normal im Ausgang in einem Club in Winterthur.» Dann erklärt sie, wie es dazu kam, dass sie jeweils am ersten Juni-Sonntag von 17 bis 18 Uhr ihr Erdbeer-Selbstpflückfeld für einen Singlepflück-Event öffnen. [IMG 2]
Wie alles begann
«Wir haben 2011 das Erdbeerpflückfeld von Fritz Vollenweider übernommen, der schon seit 1981 Selfpick machte», erzählt die Bäuerin. In der dritten Saison sei immer wieder ein Kunde gekommen. Als sie einmal allein an der Kasse war und keine Kunden herumstanden, sah sie, wie dieser Mann all seinen Mut zusammennahm und fragte, ob sie auch zu pflücken wäre.
«Das war so herzig und charmant. Naja, ich bin glücklich verheiratet und Mutter von drei Kindern – also, ich war nicht zu pflücken. Aber das gab den Ausschlag für unser Singlepflücken», erzählt Priska Morf. Sie hätte übrigens schon immer gerne Leute zusammengebracht, wenn sie merkte, dass die Chemie passte.
Die Hälfte des 1,2 Hektaren grossen Erdbeerfeldes ist am 4. Juni für Singles reserviert und entsprechend auch mit Ballons abgesteckt. Auch das Datum hat Tradition, dann ist der zwölfte Hochzeitstag der Morfs.
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Mehr Frauen als Männer
[IMG 4] Die Teilnehmerzahl ist unbeschränkt. In den vergangenen Jahren kamen zwischen 100 und 200 Singles im Alter zwischen 18 und 87 Jahren. Der Eintritt kostet, wie übrigens generell am Wochenende, Fr. 1.–. Die Pflückerdbeeren 7 Fr./kg. Im Gegensatz zu den übrigen Singletreffs, wo die Männer in der Überzahl seien, sei beim Singlepflück der Anteil Frauen deutlich höher. Eine Voranmeldung ist erwünscht. «So können wir noch gezielt nach Singles, also vor allem nach alleinstehenden Männern, suchen, damit es hoffentlich für jeden etwas dabei hat», sagt Priska Morf. Näherkommen sich die Singles rasch, denn beim Naschen und Pflücken lässt sich auch unverfänglich über den Geschmack der jeweiligen Erdbeersorte plaudern. Auf dem Feld wachsen zehn Erdbeersorten. Eines ist allen gemeinsam, sie sind nicht lange lagerbar, dafür aber intensiv im Geschmack.
Priska Morf ist als gelernte Hotelfachangestellte die Verkaufs- und Eventchefin des Betriebs. «Wenn man Selfpick machen will, braucht es eine gewisse Toleranz den Leuten gegenüber», sagt sie. Es reicht nicht, dass die Kundschaft das einminütige Erklärvideo schaut, das eingangs des Feldes läuft, sondern man müsse sich Zeit für Gespräche nehmen und die Leute immer wieder an die Regeln erinnern. [IMG 4]
Neben Erdbeeren kann die Kundschaft auch Salat pflücken. Die übrigen Gemüse wie Bundkarotten, Kefen, Knackerbsen und Favebohnen sind noch nicht pflückreif. Die Kunden müssen sich noch gedulden. [IMG 5]
Faule ins Töpfchen
Auch Morfs Kulturen haben unter den Niederschlägen gelitten, so dass viele Erdbeeren Botrytis-infiziert sind. Die Kunden erhalten beim Einwägen des Leerguts einen kleinen Plastikeimer, wo alle faulen Erdbeeren aufgesammelt werden. Der Anbauchef des Betriebs ist Ehemann Jürg. Jedes Jahr testet Morf neue Erdbeersorten. Bereits Anfang Juni werden sogenannte Frigo-Erdbeerpflanzen für das kommende Jahr geliefert. Das sind Jungpflanzen, bei denen das Blattwerk entfernt wurde. Diese werden sortiert und in einem Kühllager gelagert. Nach der Lieferung ziehen sie Morfs in einem Treibhaus an und pflanzen sie Ende Juli.
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Weitere Informationen: www.erdbeer-feld.ch
Betriebsspiegel
Name: Priska und Jürg Morf
Ort: Wangen ZH
LN: 30 ha
Kulturen: Futter- und Ackerbau sowie 1,2 ha Erdbeeren und 60 a Gemüse zum Selbstpflücken
Tierhaltung: 40 Mastmunis
Betriebszweig: Pferdepension mit 20 Stallplätzen
Lohnunternehmen: Gebrüder Morf Agro-Service