«Fast jeder Siedlungsname gibt etwas preis», heisst es im Buch «Von Angst und Not bis Zumpernaul» von Inga Siegfried-Schupp. Oftmals findet sich darin ein Hinweis auf Klima, Vegetation, Tierwelt oder Bodenart in früheren Zeiten. So gibt es etwa Biswind (Herrliberg), Rehalp (Zürich), Erlenbach und gleich mehrere Tobel. Andere Siedlungsnamen gehen auf Menschen zurück, die den Flecken Land einst bewohnten, oder auf deren Berufe, wie etwa Weberhaus bei Birmensdorf.  

Offensichtlich oder rätselhaft

In der Neuerscheinung geht die Autorin den Wurzeln von fast 2000 Siedlungsnamen im Kanton Zürich nach. Bei manchen dieser Namen lässt sich der ursprüngliche Grund für die Namensgebung mehr oder weniger leicht erahnen, andere dagegen bleiben rätselhaft. Ein offensichtliches Beispiel: Schüracher bei Urdorf etwa deutet auf ein Feld bei einer Scheune hin. 

Historische Namensbelege sowie das Wissen um den einstmals geläufigen Wortschatz erleichtern den Forschenden, die sich mit Siedlungsnamen befassen, eine mögliche Herleitung. 

Auch mit lateinischen Wurzeln

Bereits das Buchcover ist hübsch illustriert. (Bild Haupt Verlag) Buchtipp Buchtipp: Ein Wörterbuch für Feldbotaniker Monday, 22. March 2021 Inga Siegfried-Schupp weist zudem darauf hin, dass auf dem heutigen Kantonsgebiet nicht immer Schweizerdeutsch gesprochen wurde. Die Herkunft der Namen deutet auch auf einstige Be­woh­ner­(inn­en) hin, welche keltisch, galloromanisch oder romanisch sprachen. So gehen etwa die Bezeichnungen Bülach und Embrach auf Besitzende aus der Zeit der gallorömischen Kultur zurück. «Bülach bezeichnete einst als Pulliacum ein Landgut des Pulio oder Pullio», schreibt die Autorin. Embrach dagegen verweise wohl auf ein Landgut im Besitz eines Imber (lateinischer Männername).

Interessant sind auch die Endungen der Siedlungsnamen: -ingen beispielsweise tritt besonders häufig in der Schweiz und in Süddeutschland auf, es weist auf eine Personengruppe hin, meist eine Siedlungsgemeinschaft. So war etwa Ellikon die Siedlung der Ellen-Höfe. Die ­Endung -wil dagegen (z. B. in Volketswil) stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutet Weiler, Gehöft. 

Die Namen sind schnell auffindbar

Wissenschaftliche Grundlage des Buches bilden das Forschungsprojekt «Die Siedlungsnamen des Kantons Zürich», welches an der Universität Zürich und beim Schweizerdeutschen Wörterbuch durchgeführt wurde. In zwölf Kapiteln nach Bezirken aufgeteilt werden fast 2000 Siedlungsnamen des Kantons Zürich verortet und namenkundlich erschlossen. Aus­serdem lassen sich einzelne Namen über ein alphabetisch geordnetes Register schnell auffinden.

Online zum Nachschlagen: www.siedlungsnamen.ch

Neuerscheinung: «Von Angst und Not bis Zumpernaul» – Siedlungsnamen im Kanton Zürich. Inga Siegfried-Schupp. Chronos-Verlag, 2024. 240 Seiten. Ca. Fr. 48.–.

Welche Bedeutung steckt dahinter?

Ein kleine Auswahl an Siedlungsnamen im Kanton Zürich:

Wiesendangen: Einst eine Siedlung am Hang, an dem Wisente lebten.
Hakab (bei Nürensdorf): Hinweis auf eine Ecke, an der sich Habichte aufhielten.
Tammel (bei Dürnten): Tannenbestandener Hügel.
Sägissen (bei Neftenbach): Wiese wurde nicht vom Vieh abgegrast, sondern mit der Sense gemäht.
Fahr (bei Dietikon): Der Name weist auf ein früheres Fährhaus an der Limmat hin.
Pfäffikon: Hof, der einem Geistlichen (Pfaffen) gehörte.
Chalspel (bei Sternenberg): Hof mit Kälbern (Chalberstall wurde zu Chalspel verkürzt).
Schlieren: Ort mit lehmigem und schlammigem Boden.
Lachern (bei Schlieren): Ansammlung von Wasserlachen.
Bellen (bei Richterswil): Hat nichts mit Hunden zu tun. Vielmehr handelt es sich um eine Flur mit Silberpappeln (Schweizerdeutsch: Bällen).
Strick (z. B. bei Gossau): Weg, Pfad (Schweizerdeutsch).
Elba (bei Wald): Der Ort sei finster und erinnere an einen Verbannungsort. Der Name geht auf die Zeit zurück, als Napoleon auf Elba im Exil war.
Neu York (bei Rüti): Es heisst, ein Bauer habe seinem auswanderungswilligen Sohn ein Haus gebaut. Dieser blieb und nannte es nach seinem Sehnsuchtsort.
Zehntenfrei (bei Zell): Der Hof war von der Verpflichtung befreit, Naturalabgaben an die Kirche zu leisten.
Angst und Not (bei Bubikon): An dem Ort gab es früher vermutlich einen Bildstock, der die Angst und Not von Christus auf dem Ölberg darstellte.
Zumpernaul (bei Meilen): Mutmasslich die verschliffene Form von «Zum Peter und Paul».

Danke für Ihr Interesse

Teilnahmeschluss war der 23. Februar 2024. Die Gewinnerinnen und Gewinner werden direkt benachrichtigt.