Franz Schärli und Lea Wyder sind seit dem 1. März die beiden frischen Köpfe auf dem Ausbildungs- und Versuchsbetrieb (AVB) der Liebegg. Nach über 15 Jahren, die ihr Vorgänger den Betrieb geleitet hat. Das junge Paar bringt viel Wissen mit. Schärli meint «Zusammen decken wir viel ab, rein von der Erfahrung und der Ausbildung her». Denn auf ihren vorherigen Arbeitsstellen haben die beiden, je mit unterschiedlichen Betriebszweigen gearbeitet, die in der Summe fast die Vielfältigkeit des AVB Liebegg ergibt.
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Breites Wissensspektrum
Der 28-jährige Franz Schärli ist in Menzberg auf einem kleinen Bergbetrieb, der im Nebenerwerb geführt wird, aufgewachsen. Gelernt hat er Elektroinstallateur und anschliessend Landwirt auf dem Weg der Zweitausbildung. Zusätzlich hat er die Betriebsleiterschule besucht und als Meisterlandwirt abgeschlossen. Zuletzt und während der BLS war er auf einem anderen landwirtschaftlichen Betrieb tätig. Den elterlichen Betrieb zu übernehmen ist nicht geplant, denn für Schärli war klar, dass er einen Vollerwerbsbetrieb leiten möchte.
Lea Wyder ist nur entfernt mit Landwirtschaft aufgewachsen. Ihr Grossvater führte einen Betrieb, den später der Onkel übernahm. «Als Kinder mussten wir schon ab und zu helfen, bei der Kartoffel- oder Apfelernte» meint die 23-jährige. Damals sei das schon auch mal lästig gewesen, wenn die Freund(innen) in der «Badi» waren und sie mussten helfen. Und trotzdem: «Schon als kleines Mädchen, wenn man mich gefragt hat, was ich für einen Berufswunsch habe, war für mich immer klar: ich will Landwirtin werden». So kam es auch, Wyder hat Landwirtin gelernt und anschliessend die Bäuerinnenschule besucht. Aktuell ist sie an der Prüfung für den Fachausweis.
Betriebsspiegel AVB Liebegg
Betriebsleiter: Franz Schärli
Arbeitskräfte: Drei Angestellte und zwei Lernende
Ort: Gränichen AG
Fläche: 43 ha LN und 8 ha Wald
Details: Wintergerste, -weizen und -raps, Silomais, Kartoffeln, Kunst- und Naturwiese, Weiden, Obstanlage mit Äpfeln, Birnen und Steinobst. 16 % BFF und ein bedienter Hofladen.
Viehbestand: 30 Milchkühe, 30 Mutterkühe mit Nachzucht, 30 Muttersauen mit Ferkel, ein Eber und Bienenvölker.
Von der Schule zum Betrieb
Beide haben sie das LZ Liebegg schon in der Ausbildung besucht. Er im dritten Lehrjahr und anschliessend für die BLS, sie hat während den ganzen drei Lehrjahren dort die Schule besucht und anschliessend auch den Fachkurs Bäuerin dort absolviert. Geplant war ursprünglich einen Betrieb in Pacht zu übernehmen oder allenfalls zu kaufen. Als die Betriebsleiterstelle vom AVB Liebegg ausgeschrieben wurde, hat sich das Paar auf die Stelle beworben. Nun ist Franz Schärli Vollzeit als Betriebsleiter angestellt. Lea Wyder zu 30%, wobei ihr Tätigkeitsfeld das Kochen sowie Wäsche und Zimmerreinigung für die Lernenden, sowie ebenfalls die Arbeit auf dem Betrieb beinhaltet. Zusätzlich arbeitet sie einen Vormittag pro Woche auf einem anderen Betrieb.
Speziell ist, dass sie nicht Pächter des Betriebes sind, sondern Angestellte des Kantons. «Man kann es mit nichts anderem vergleichen» meint Franz Schärli. Denn die Situation ist besonders, Anschaffungen, aber auch die erwirtschafteten Erträge haben keinen Einfluss auf die Lohnsituation der Beiden. Anders als dies bei einer Pacht oder einem Eigentum ist. Auch dass Schärli sich in die Planung des neuen Milchviehstalls im Rahmen des Projekts "Future Liebegg" einbringen darf sei eine grosse Chance.
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Grosse Chance
«Die Erfahrungen, die wir hier machen können, hätten wir so vermutlich nicht gehabt» meint Schärli. Damit meint er nicht nur den geplanten Neubau, sondern auch den engen Austausch mit der Schule und deren Fachpersonen. Die Versuche, die auf den Feldern und Wiesen gemacht werden und der enge Austausch rundherum.
Das Ganze bringt natürlich auch Herausforderungen mit sich. Denn die Entscheidungen sind nicht alleinig Schärli überlassen, sondern bedürfen Absprachen. Wann finden wo die Qualifikationsverfahren statt, wo benötigt es entsprechend einen Traktor mit dem Pflug oder wo soll noch Gras stehen bleiben? Wann wird welcher Weizen gedroschen auf dem Versuchsfeld, auf dem mehrere Weizensorten nebeneinanderstehen, damit die entsprechenden Fachpersonen vor Ort sein können, um die Versuche auszuwerten. Das sei aber auch das Spannende und vor allem ein wichtiger Beitrag zum Ausbildungs- und Versuchsauftrag.
Für das Paar brachte der Umzug auf den AVB Liebegg eine grosse Veränderung mit. Vorher haben sie zu zweit gewohnt und beide haben auf einem unterschiedlichen Betrieb gearbeitet. Mit dem Umzug, dem Stellenwechsel und der Umstellung, dass sie nun nicht mehr allein, sondern mit zwei Lernenden zusammenwohnen. «Man hat nun keine 100% Privatsphäre mehr, das war vermutlich die grösste Umstellung» erzählt Wyder. Für Schärli ist die Lehrlingsausbildung zwar im landwirtschaftlichen Bereich neu, sonst aber kein Fremdwort. Bereits als Elektroinstallateur hat er mit Lernenden zusammengearbeitet. Die Lernenden, aber auch die Angestellten hätten es ihnen aber auch leicht gemacht, sich gut einzuleben meint Wyder.
Qualität ist wichtig
Das Paar will bei der Leitung des Betriebes vor allem auf Qualität setzen. Dass die Wirkung nach aussen positiv ist und dass sowohl die Bevölkerung als auch die Lernenden, Lehrmeister und Schüler(innen), die den Betrieb besuchen, merken, dass sie die Arbeit gut und mit Leidenschaft machen. Sie möchten zeigen, wie vielfältig und komplex der Beruf des Landwirts sein kann. In diesem Sinn möchten sie der Bevölkerung auch zeigen, dass die Nahrungsmittelproduktion nicht allen gesellschaftlichen Ansprüchen vollständig gerecht werden kann und in der Umsetzung oft Kompromisse nötig sind.
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Den Lernenden, da sind sich die beiden Einig, möchten sie weitergeben, dass diese ruhig nach der Ausbildung auch auf anderen Betrieben arbeiten sollen, um möglichst viel kennen zu lernen. Dass sie auf ihren Betriebszweigen Fachleute werden, sich weiterbilden und stets den Horizont offen behalten.
Franz Schärli freut sich, dass er nun Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen kann und so quasi vom Angestellten zum eigenen Chef wurde. «Man schaut das Ganze schon nochmals anders an, wenn man nun von «seinem» Betrieb spricht, auch wenn es nicht der Eigene ist» meint Wyder.
Fünf Fragen
Welches Kompliment freut Sie besonders?
Wenn wir positive Reaktionen erhalten, auf die Arbeit, die wir hier machen und die Grundstimmung auf dem Hof.
Was möchten Sie noch lernen?
Franz: Die Tages- und Wochenplanung kann ich sicher noch optimieren und entsprechend etwas strukturierter werden.
Was braucht der Bauernhof der Zukunft?
Sicher der Innovationsgeist, der vorausschauende Blick und die Offenheit für Neues. Wichtig ist, sich nicht in alten Mustern festzufahren.
Welche Person möchten sie nochmals treffen?
Lea: Mein verstorbener Grossvater, der auch Landwirt war. Ich denke, durch ihn kam der Berufswunsch Landwirtin zu lernen. Ihm jetzt zeigen zu können, wo wir heute stehen und wie wir arbeiten. Ich glaube er wäre stolz darauf.
Wohin möchten sie mal reisen?
Es ist nichts geplant. Uns würde es aber sicher interessieren, im näheren Ausland grosse Landwirtschaftsbetriebe zu besichtigen. Zu sehen, wie diese aufgestellt sind, wie die Abläufe funktionieren in massiv grösseren Rahmen, als wir es hier in der Schweiz haben.