«Mein Berufswunsch war schon als kleines Kind Viehzüchterin», sagt Nicole Sommer-Kneubühler. Und täglich sei sie im Stall gewesen, obwohl ihre Eltern keine Mithilfe von den fünf Kindern forderten. Den Traum hat sie sich verwirklicht. Gelernt hat sie allerdings zuerst Kauffrau, widerwillig, wie sie sagt. Weil ihr Vater meinte, eine Frau habe zuerst einen andern Beruf statt Landwirtin zu lernen. Während der Lehre auf der Gemeindeverwaltung habe sie täglich abends immer gemolken. Landwirtin wollte sie immer werden, startete deshalb gleich nach dem KV-Lehrabschluss diese Zweitausbildung.

Hobby aus Texas

Nach dem Abschluss als Landwirtin zog es sie für drei Monate in die USA, auf eine Ranch, die Quarter Horses trainierte, um in der Pferdesportart Cutting Geld zu verdienen. Cuttingpferde haben ihren Ursprung in der Rinderarbeit. Sie brauchen die angeborene Eigenschaft «Cowsense», um die Bewegungen des Rindes schneller einzuschätzen, als es der Reiter in der Lage wäre. An Turnieren zeigt man in der Disziplin Cutting das Trennen einzelner Tiere von der Herde. Zurück in der Schweiz nahm sie im Herbst 2008 eine Stelle bei der Landi an, wurde gar rechte Hand der Geschäftsführung und durfte einige Projekte mitleiten. Sie blieb zehn Jahre, bis 2018. Schon vorher, 2015, konnte sie den elterlichen Betrieb Räberhof in Ufhusen übernehmen. Auch ein Bruder lernte zwar Landwirt, stieg dann in die Landmaschinenbranche ein und überliess seiner Schwester den Vortritt bei der Betriebsübernahme.

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In Personengemeinschaft

Die operative Führung übernahm ihr Mann Simon Sommer, den sie 2014 heiratete. Er konnte seinen elterlichen, 15 ha grossen Betrieb in Dürrenroth BE 2016 übernehmen. Die Milchwirtschaft im Anbindestall wurde dort eingestellt, dafür auf die Jungviehaufzucht gesetzt. Für die 40 Stück Jungvieh und den Futterbau im Bernbiet ist der rüstige Vater zuständig. Künftig möchten sie auch dort einen Laufstall für das Jungvieh bauen.

Auf dem 21 ha grossen Räberhof, 720 m ü. M. in der voralpinen Hügelzone, werden 5 ha Mais angebaut, der Rest ist Grünland. Im Laufstall stehen 50 Milchkühe, produziert werden rund 400 000 kg für Emmi. Der Räberhof ist Emmi-Botschafter. Hier hilft der Vater von Nicole mit. Auf beiden Betrieben, die in Personengemeinschaft geführt werden, sind ausschliesslich Familienarbeitskräfte beschäftigt.

Viehzucht als Leidenschaft

Auf dem Räberhof besteht schon seit 1983 ein Laufstall. Mit der Konzentration der Milchproduktion auf diesem Betrieb wurde mit der Betriebsübernahme in einen Melkroboter mit automatischem Weidetor investiert. «Nach anfänglichem Zögern, denn Simon und ich sind leidenschaftliche Melker.» Den Entscheid bereuen sie aber keineswegs: «Die Tiere geniessen ihre neuen Freiheiten, und die Herde ist viel ruhiger.»

Grosses gemeinsames Hobby der beiden ist die Red-Holstein-Zucht. Zwei Drittel der Aufzuchttiere werden selber aufgezogen, 20 Stück sind im Aufzuchtvertrag. Zudem werden auf dem Räberhof Schweine gehalten, auf dem Abferkelbetrieb im Rahmen eines AFP-Ringes von Profera werden derzeit allerdings nur die Hälfte der 20 Plätze für Muttersauen genutzt. Jährlich werden auch rund 20 Kälber gemästet. Viehhandel hat für die beiden Züchter einen bedeutenden Stellenwert, jährlich werden rund 25 Kühe verkauft.

Verständnis fördern

Auf dem Räberhof leben auch die zwei Quarter Horses von Nicole Sommer und zwei ihrer «Miniatur Australien Shepherd»-Hunde. Die Zucht dieses farbigen Hütehundes bringe viele Kontakte zu Menschen, die keinen Bezug mehr zur Landwirtschaft hätten. Zuchtziel sind feinfühlige und sanfte Familienhunde, die auch als Therapiehunde eingesetzt werden können. «Gegenseitige Rücksichtnahme und die Achtung unserer kulturellen Vielfalt sind mir wichtig und deshalb werden die Kunden vor dem Kauf eines Hundes mehrmals auf den Hof eingeladen, damit bei dieser Gelegenheit das Verständnis für die Landwirtschaft vermittelt werden kann.»

Nicole Sommer hat es mit dem Reiten an Turnieren schon weit gebracht, wurde in den letzten zwei Jahren in Folge «High Point Champion Rookie» im Cutting mit ihrem Pferd.

Vielfalt ist Lebensqualität

Sie ist nicht nur auf dem Betrieb vielfach engagiert, sondern war dies schon seit der Jugendzeit in Vereinen. Aktuarin bei den Luzerner Fleckvieh-Jungzüchtern, im OK der Lucerne Expo, Revisorin der Strassengenossenschaft Ufhusen, Präsidentin der Reitbahngesellschaft Huttwil oder Revisorin beim Schweizer Cutting-Verband für die Quarter Horses. Einen Auswärtsjob will Nicole Sommer derzeit nicht mehr. Zumal die Väter älter würden, sei auch ihre Mithilfe auf den Betrieben wieder mehr gefragt.

Gemeinsame Freizeit sei allerdings schwierig, sagt Nicole Sommer zum Stichwort Work-Life-Balance. «Das Leben und Arbeiten auf dem Betrieb und die Zeit mit den Hunden und Pferden sind für mich Lebensqualität.»

Vor 15 Jahren

Nach der KV-Lehre absolvierte Nicole Kneubühler, wie sie damals noch hiess, die Zweit­Ausbildung (Zwal) zur Landwirtin: Praxisjahr auf einem Lehrbetrieb, dann der sechswöchige Zwal-Intensivkurs, dann in die 2. Winterschule. Die schloss sie im Frühjahr 2008 mit der Bestnote von 5,7 am BBZN in Schüpfheim ab, zusammen mit zwei Kollegen mit dem selben Resultat. Nein, eine Streberin sei sie nicht, aber sehr interessiert und ehrgeizig, sagt sie von sich.

Zum Bildungswesen hat sie eine klare Meinung: Fachlich stimme zwar die Ausbildung derzeit mit der Agrarpolitik überein, mit mehr Fokus auf Ökologie und Extensivierung. «Aber für mich stimmt diese Richtung nicht, wir möchten produzieren.» Zumal der Selbstversorgungsgrad in der Schweiz ja nicht berauschend sei.

Die Zweitausbildung findet Nicole Sommer-Kneubühler eine super Sache, mehr Mühe hat sie mit der «Schnellbleiche», der Ausbildung für Nebenerwerbslandwirtschaft. «Betriebsleiter, welche produzieren, sich entwickeln und vergrössern wollen, finden in unserem Gebiet kaum Land, weil viele mit dieser Kurzausbildung ihr Land für sich behalten.»

Obwohl ihre Ausbildung zur Landwirtin nun 15 Jahre zurückliegt, hätten sie noch immer regen Kontakt innerhalb der Zwal-Klasse und des Winterkurses. Sie treffen sich jährlich.