Hier fühlen sich Blumen zu Hause: Wohin man auch schaut, auf dem Zelglihof im thurgauischen Ermatingen blüht es in allen Farbtönen. Rote Rosen und Geranien, Hortensien in Pink, blaue Glockenblumen, orange Kapuzinerkresse und bald auch gelbe Sonnenblumen. All dies ist nicht etwa in einem eigentlichen Bauerngarten zu bewundern, wie man es erwarten könnte. Vielmehr wachsen die Blumen in Grüppchen überall da, wo es Platz hat. Beziehungsweise dort, wo Margrit Kreis dafür ein Plätzchen gefunden hat. Zum Beispiel in einer Badewanne, in einer Schubkarre oder in einem Baumstamm. Die einen in Töpfen, die anderen in Körben, alle schön und sorgfältig arrangiert.
Lieblingsblumen? - Natürlich Margeriten
Der Garten ist die Leidenschaft der 68-jährigen Bäuerin. Als sie vor vielen Jahrzehnten auf den Betrieb kam, gab es zunächst einzig den Vorgarten beim Haus. «Diesen konnte ich von meiner Schwiegermutter übernehmen», erzählt Margrit Kreis. «Nach und nach fand ich weitere Standorte zwischen Haus und Hof, die sich für ein paar Blumenkisten eigneten.»
Eigentlich ist ihr der grüne Daumen nicht in die Wiege gelegt worden: Aufgewachsen ist Kreis im Appenzellerland, «ohne Blumen und Garten», wie sie betont. Als sie bereits verheiratet war und am Arenenberg die Ausbildung zur Bäuerin absolvierte, lernte sie die Grundlagen des Gärtnerns kennen. Weitere Kurse habe sie nie besucht, die Erfahrung sei mit der Praxis gekommen, so die Mutter dreier erwachsener Söhne weiter. Ihre Lieblingsblumen? «Margeriten natürlich, schon allein wegen des Namens», sagt Margrit Kreis lachend.
Zwei Schweine im Alter von 25 Jahren
Bis um die Jahrtausendwende war der Zelglihof auf dem Seerücken ein konventioneller Milchwirtschaftsbetrieb. Ein erster Schritt in eine neue Richtung erfolgte, als Margrit und Walter Kreis anfingen, Übernachtungen für Velotouristen anzubieten, inklusive Frühstück und auf Anfrage auch Mahlzeiten. Dies zunächst im Rahmen der Strohtour, einer regionalen Fahrradroute rund um den Untersee. Wenig später entstand zudem aus der Einliegerwohnung ein Ferienappartement. «So nahm der Agrotourismus immer mehr Form an», erzählt Margrit Kreis. Der Ackerbau als wichtigstes Standbein des Landwirtschaftsbetriebs blieb zwar erhalten, doch 2002 gab die Familie die Milchviehhaltung auf.
Stattdessen kamen Schottische Hochlandrinder auf den Hof und nach und nach auch einige Tiere für den Streichelzoo: Hängebauchschweine, Ziegen, Schafe, Hühner sowie Kaninchen. «Zwei der Schweine sind inzwischen 25-jährig», hält Margrit Kreis fest. Eines davon ist Anton, der sich gerne kraulen lässt und dabei zufrieden grunzt.
Viele Trauungszeremonien auf der Wiese
Kein Wunder, fühlen sich Kinder auf dem Hof besonders wohl. Hier dürfen sie sich austoben, Spielgeräte gibt es zuhauf. Der Anteil an Familien ist entsprechend hoch, auch solche, die regelmässig kommen. «Auch Reisende, die mit dem Camper unterwegs sind, sind willkommen», so Margrit Kreis.
Die Blumen auf dem Zelglihof gewannen nicht nur mit der Ausrichtung als Agrotourismusbetrieb immer mehr an Bedeutung. Seit einigen Jahren stellt Familie Kreis ihren Hof mit dem Ausblick auf den Untersee auch für Events zur Verfügung. Zum Beispiel für Hochzeiten und Geburtstage. «Letztes Jahr fand während der Saison fast jedes Wochenende eine Trauungszeremonie auf der Wiese statt», erzählt Margrit Kreis. Für die Gäste stehen zwei Eventräume zur Verfügung, die auch im Winter genutzt werden können. Dabei kocht Familie Kreis heute nur noch selten für die Gäste, zu gross sei der Aufwand, so die Bäuerin. Meistens würden die Mahlzeiten per Catering geliefert.
«Komplimente spornen mich jeweils von Neuem an»
Margrit Kreis, pensionierte Bäuerin und Gartenliebhaberin
Endlich Zeit haben und nichts müssen
Als Margrit und Walter Kreis den Betrieb per Anfang 2018 an den jüngsten Sohn Pascal übergaben, überliessen sie der jungen Familie das Bauernhaus und zogen im benachbarten Triboltingen in eine Wohnung. Für die Blumen auf dem Hof ist Margrit Kreis weiterhin zuständig. Das empfinde sie jedoch nicht als Arbeit. «Für mich ist das Gärtnern Entspannung pur», sagt sie. «Endlich habe ich genügend Zeit dafür.» Es sei wunderbar, dass sie sich nur noch um die Blumen kümmere und nicht mehr um sonst alles, was zum Aufgabenbereich einer Bäuerin gehört. Besonders freut sich die Thurgauerin, wenn ihre kleinen Enkel dabei sind. Seit einem Jahr ist der Zelglihof zudem eine Station der Thurgauer Bauerngartenroute. Margrit Kreis freut sich über alle positiven Rückmeldungen: «Das spornt mich jeweils von Neuem an.» Auch heute noch wächst der Garten ständig: Immer wieder findet sich noch ein Plätzchen für ein paar Sonnenblumen oder Malven.
Thurgauer Bauerngarten-Route
Ziel der Thurgauer Bauerngarten-Route ist es, das Kulturgut des Bauerngartens einem interessierten Publikum näherzubringen. Der Route sind rund 16 Gärten angegliedert. Die einen sind ständig oder zu bestimmten Zeiten zugänglich, andere dürfen vom Gartenzaun aus bestaunt werden. Beispiele für Elemente, die zu einem typischen Thurgauer Bauerngarten gehören:
Nutzpflanzen (z. B. Gemüse, Kräuter)
Zierpflanzen (Blumen, Stauden, Sträucher)
Verweilort (z. B. Bank, Gartensitzplatz)
Weitere Informationen: www.bauerngartenroute-thurgau.ch
