Schweden Das Schwedische Blumenhuhn fällt sofort auf: Sein farbiges Gefieder sieht aus wie zufällig mit weisser Farbe bekleckert. Diese unregelmässigen Tupfen an den Flügelspitzen sind quasi seine Spezialität, die man sonst bei Hühnern kaum kennt. Sie verleihen ihm einen exotischen Touch und verhalfen ihm einst zu seinem Namen.

Keine eigentliche Züchtung

Trotz seiner markanten Erscheinung gilt das Schwedische Blumenhuhn nicht als Rasse im eigentlichen Sinn. Vielmehr handelt es sich um einen Landschlag des Haushuhns. Der Unterschied: Während eine Rasse entsteht, indem zielgerichtet von Menschenhand gezüchtet wird und entsprechende Rassestandards definiert werden, entwickelt sich ein Landschlag unter lokalen Bedingungen von selbst.

Wo der Mensch bei der Rassenzucht die gewünschten Merkmale systematisch auswählt, geschieht dies beim Landschlag durch natürliche Selektion. Dabei vererben sich diejenigen Merkmale, die am besten der jeweiligen Umgebung angepasst sind, beispielsweise Genügsamkeit in einer kargen Gegend. Bei einem Landschlag können Merkmale zudem sehr unterschiedlich ausgeprägt sein.

Ruhiges Zweinutzungshuhn

Die ländlich-bäuerliche Umgebung, in der sich das Schwedische Blumenhuhn entwickelt hat, liegt an der südlichen Spitze Schwedens in der ackerreichen Provinz Schonen. Genauer gesagt auf Bauernhöfen der drei Dörfer Vomb, Tofta und Esarp, wie moderne genetische Analysen ergeben haben. Erstmals erwähnt wurde die Existenz des "Skånsk blommehöna" – auf Deutsch also "Schonisches Blumenhuhn" – je nach Quelle vor 200 bis 300 Jahren.

Von seinem frechen Tupfenkleid abgesehen, ist das Schwedische Blumenhuhn nicht derart speziell. Es handelt sich um eine genügsames, kräftiges und mittelschweres Landhuhn von kräftiger Statur. Die Hennen erreichen ein Gewicht von 2 bis 2,5 kg, die Hähne von 2,5 bis 3,5 kg. Die Legeleistung beträgt etwa 150 bis 180 cremefarbene Eier. Damit gilt es als Zweinutzungshuhn mit gutem Fleischansatz.

Die Grundfarben sind blau, schwarz, braun und hellgelb, der Kamm ist einfach und gezackt. Dem Blumenhuhn wird ein ruhiges, zutrauliches und neugieriges Wesen nachgesagt. Da es keine eigentliche Zucht gibt, tauchen Varianten und Abweichungen verschiedener Merkmale auf. Von einem einheitlichen Erscheinen kann demnach nicht die Rede sein. Beispielsweise gibt es Unterschiede in Grösse und Gewicht, zudem trägt ein Teil der Tiere eine Haube. Gut möglich, dass zwischenzeitlich auch andere Rassen eingekreuzt worden sind.

Gendatenbank zur Erhaltung

Mitte des letzten Jahrhunderts war das Schwedische Blumenhuhn zunehmend vom Aussterben bedroht. So waren in den Siebzigerjahren nur noch etwa 500 Exemplare verblieben, was auf die zunehmende Verbreitung von Legehybriden als Eierlieferanten zurückzuführen ist. 1986 wurde der "Svenska Lanthönsklubben" SLK (Schwedischer Landhühner-Klub) gegründet, mit dem Ziel, einheimisches Geflügel zu erhalten.

Dazu richtete der Klub eine Gendatenbank ein, um zu verhindern, dass alte Landrassen sich künftig zu sehr von ihrem Ursprung entfernen. In dieser Datei erfasst sind lebende Tiere, welche die Rasse oder eben den Landschlag in zentralen Merkmalen verkörpern. Das Konzept hat Erfolg gezeigt: Das Schwedische Blumenhuhn gilt heute nicht mehr als gefährdet. Die kritische Grenze von 1000 Tieren wurde überschritten, 2016 waren in der Genbank des SLK bereits 1129 Hennen und 220 Hähne gemeldet.

Auch hierzulande bekannt

Obwohl es keinen Rassestandard gibt, wird das Schwedische Blumenhuhn heute in verschiedenen Ländern "gezüchtet" und ­erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Dabei kommt ihm wohl sein Ruf als genügsames und robustes Huhn entgegen. Wer Blumenhühner für den eigenen Stall sucht, hat auch hierzulande Chancen, fündig zu werden.

Vergleichbare Rassen

Was sollte bei der Auswahl beachtet werden? Da kein Rassenstandard existiert, könne man getrost die Exemplare kaufen, die einem am besten gefallen, meint der Geflügelexperte Fabian Schenkel. Es gäbe jedoch auch die Möglichkeit, auf andere, vergleichbare Rassen auszuweichen: Der Farbenschlag braun-porzellanfarbig etwa kommt bei verschiedenen Rassen vor, beispielsweise beim ebenfalls ursprünglichen Sussex. "Wenn es sehr kleine Hühner für den ­Garten sein sollen, wären die ­Federfüssigen Zwerghühner braun-porzellanfarbig auch eine Alternative", schlägt Schenkel vor.

Hühner einer Rasse, die ei­gent­lich streng genommen gar nicht existiert, zu kaufen, ist das eine, sie gar zu züchten noch mal etwas anderes. Fachmann Schenkel meint dazu skeptisch: "Es gibt viele Rassen mit einer langen Geschichte, die sich über neue Züchter freuen würden, welche die Erhaltung des alten Kulturguts unterstützen würden." Es sei daher fraglich, ob es da überhaupt eine neue Zucht brauche.

Sommertage in Schweden

Also viel Rauch um Nichts? Das schwedische Ziel, einen Landschlag einer ihrer Regionen zu erhalten, ist begreiflich. Daraus eine über die Landesgrenzen hinweg verbreitete Rasse zu züchten, ist jedoch nochmals eine andere Geschichte.

Dass der Reiz des Blumenhuhns überhaupt so weit reicht, hat wohl nicht zuletzt mit seinem Namen zu tun, dem etwas Romantisches anhaftet: "Schwedisches Blumenhuhn" – das tönt nach bunten Sommertagen mit roten Holzhäusern, Bullerbü und Pippi Langstrumpf.