Er gehört zu den grössten Schweineproduzenten des Kantons. Er ist Vizezentralpräsident der Suisseporc. Er ist Landwirt und Unternehmer. Und er ist enttäuscht. Urs Haslebacher, Lohnstorf, hat etwas anderes erwartet. "Das ist ganz einfach frustrierend!", sagt er. Ende Oktober wirft die Migros Aare nach etwas mehr als einem Jahr nach Einführung die Innovation aus dem Hause Lüthi & Portmann AG bereits wieder aus dem Sortiment. "Pork-Nuggets" heissen sie, sind aus Schweinefleisch, paniert und entsprechen nach Ansicht des Schweineproduzenten aus Lohnstorf einem Kundenbedürfnis. «Aber wenn man sie im Gestell nicht findet, dann kann man sie auch nicht kaufen", äussert er seinen Verdacht, weshalb die Nachfrage im Detailhändler angeblich ausgeblieben ist. "Die Schweineproduzenten haben im vergangenen Jahr die Pork-Nuggets an ­verschiedenen Anlässen zum Degustieren angeboten. Die Kommentare waren alle postitv: Sehr schmackhaft, saftig, einfach gut", erzählt Haslebacher.

Schweine, nicht Fleisch

Eigentlich sei es nicht die Aufgabe der Landwirtschaft, Fleisch zu verkaufen. "Wir verkaufen Schweine, nicht Fleisch", sagt Haslebacher. Innovationen zu machen und Fleischwerbung zu betreiben sei einfach nicht im Pflichtenheft der Bauern. Das sei auch in anderen Bereichen der Urproduktion so. Aber hier würde Haslebacher sogar eine Ausnahme machen, weil er sicher ist, diese Nuggets würden funktionieren am Markt. "Wir sind zwar nicht für den Fleischverkauf zuständig, aber hier wollen wir helfen. Der Konsument kennt sie nicht und vor allem findet er sie nicht im Laden", bemängelt der Landwirt, der diese Rückmeldung mehrfach erhalten hat. Und genau das sei so schade. Die Bauern hätten ihre Hausaufgaben gemacht ist Urs Haslebacher sicher. Das Tierwohl sei hierzulande auf höchstem Niveau weltweit und die Betriebsleiter seien immer wieder daran, Anpassungen im Bereich Tierwohl zu treffen. "60% der Schweine werden heute in besonders tierfreundlichen Ställen gehalten. Aber nur 30% des Fleisches aus dieser Produktion können wir im Laden auch tatsächlich zum Mehrpreis absetzen. Alles andere geht über den konventionellen Kanal, also QM", erklärt der Landwirt. Es sei sicherlich Aufgabe der Produzenten, das Image der Schweineproduktion zu pflegen. "Aber die des Schweines und dessen Haltung und nicht jene des Fleisches."

Interessenkonflikte

Urs Haslebacher weiss, dass die tierische Produktion derzeit ganz stark mit Interessenkonflikten zu kämpfen hat. "Tiere draussen in tierfreundlichen Systemen halten, löst unweigerlich die Diskussion um die Ammoniakemissionen aus", erklärt er. Innerhalb dieser Zielkonflikte und unter dem damit verbundenen Druck zu produzieren, sei nicht einfach. "Es wäre wichtig, dass die Gesellschaft ganzheitlicher denken lernt und bereit ist, zu diskutieren, und dabei die Landwirte nicht alleine lässt", meint der Landwirt.

Erdbeeren im Februar

"In Skischuhen Erdbeeren kaufen", sagt Urs Haslebacher. Für ihn stellt sich hier die Frage nach dem Huhn und dem Ei. "Was war zuerst? Kauft der Konsument nun Erdbeeren, weil diese im Februar bereits im Laden angeboten werden, oder hat der Grossverteiler diese in die Regale aufgenommen, weil der Konsument bereits im Februar nach Erdbeeren fragte?" Statt den Fleischkonsum als Ganzes anzuprangern, wäre es für ihn daher effizienter zu fragen, woher das Fleisch kommt. "Wie kommt das Fleisch von Brasilien in die Schweiz und wie wird das dort produziert?" Nachhaltigkeit habe einfach mehrere Aspekte, erinnert Haslebacher. "Fleisch, das mit dem Flieger kommt, ist nie nachhaltiger als Fleisch, das vor Ort produziert wird." Mit Label wie "Aus der Region" sei ein Maximum möglich. Aufgrund der Klimadiskussion vegan leben und im Gegenzug in ein Flugzeug steigen, ist für den Schweineproduzenten unglaubwürdig.

Sicherheit im Inland

Die Grossverteiler stehen seiner Meinung nach hier auch in der Verantwortung. "Der Konsument lässt die Erdbeeren im Laden nicht einfach stehen. Wenn sie schon da sind, kauft er sie, sonst würden sie ja weggeworfen. Das will niemand!" Analog sieht er es beim Fleisch. Der Grossverteiler müsse auch bereit sein, das Schweizer Fleisch anzubieten. "Die Bauernfamilien engagieren sich 365 Tage im Jahr für eine nachhaltige Produktion. Diese ist auch sicher und umweltbewusst. Wir wissen einfach nicht bis ins letzte Detail, wie in anderen Ländern produziert wird. Hier wissen wir es. Wir überprüfen den Antibiotikaeinsatz, wir haben Tierhaltevorschriften und wir überprüfen das auch. Bei keinem Produkt, das aus dem Ausland kommt, haben wir diese Sicherheit, die uns die inländische Produktion bietet», gibt er zu bedenken. Es brauche auch ein verantwortungsvolles Angebot. «Und das haben klar die Detailhändler in der Hand. Sie müssen diese Produkte auch verkaufen wollen."

Er hofft auf Partnerschaft

Im Gespräch mit der BauernZeitung erwähnt Urs Haslebacher immer wieder den Begriff Partnerschaft. Er erinnert sich, wie er 1999, bei der Betriebsübernahme, als 23-Jähriger, nur Chancen sah. Geändert habe sich in der Landwirtschaft in seiner Erinnerung eigentlich nicht sehr viel. Heute, 20 Jahre später, sieht er nicht mehr nur Chancen. "Ich sehe auch, dass es viele Gründe gibt, frustriert zu sein, aber das hilft uns nicht weiter."

Haslebacher hofft auf mehr Partnerschaft. Bei den Landwirten, aber auch bei den anderen Akteuren. Das Scheitern der Pork Nuggets in den Regalen der Migros zeigt ihm, dass es noch viel braucht. "Wir müssen ein ehrliches Interesse daran entwickeln, zusammen zu arbeiten und Verantwortung zu tragen, da wo es auch unsere Aufgabe ist."