«Es ist halt alles ein bisschen provisorisch hier», sagt Isabel Schläppi lachend und öffnet die Wohnungstüre in Neuenegg. Es ist die dritte Wohnung, in der sie seit dem 1. April wohnt. Damals musste sie wegen der Corona-Pandemie ihre Arbeit in Peru abbrechen und wurde vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) zurück in die Schweiz geholt.

Plötzlich leergefegte Strassen

Etwa gleichzeitig wie in der Schweiz hat auch Peru den Lockdown verordnet. «Wenn wir auf dem Markt einkaufen wollten, wurden wir zuerst von der Polizei kontrolliert, mussten einen Mundschutz und Handschuhe tragen, Hände und Füsse wurden desinfiziert», erinnert sich Isabel Schläppi zurück. Die Strassen seien von einem Tag auf den andern wie leer gefegt gewesen. Das Gesundheitssystem sei in Peru sehr schlecht und für die meisten unerschwinglich, deshalb sei die Bevölkerung sehr vorsichtig und schütze sich vor dem Virus.

Rückkehr der Gesundheit zuliebe

«Wer in Peru in ein Krankenhaus muss, ist aufgrund der hygienischen Zustände danach in der Regel kränker als vorher», erzählt sie. Auch für Isabel Schläppi war das ausschlaggebende Argument für die schnelle Rückkehr, dass das Gesundheitssystem in der Schweiz viel besser ist. Deshalb entschied sie sich, in die Schweiz zurückzukehren und das landwirtschaftliche Praktikum in Peru abzubrechen. «Wäre ich noch länger geblieben, hätte ich ausserdem nicht gewusst, wann ich wieder ausreisen kann», ergänzt Schläppi. So meldete sie sich beim EDA und dann ging es plötzlich schnell.

«Am Samstag erfuhr ich, dass wir am Sonntag ausgeflogen werden und ich musste noch packen und die Wohnung abgeben», erinnert sich Schläppi. In dem Moment waren sie froh um Freunde und Bekannte, denen sie das Gepäck anvertrauen konnten, das sie nicht vollständig mitnehmen konnte.

Fahrt mit Hindernissen zum übervollen Flieger

Vom Wohnort Cusco nach Lima dauerte die Fahrt mit den vier Cars rund 26 Stunden. «Das war wirklich sehr anstrengend, da wir nicht anhalten durften. Ausserdem ist der Car hinter uns verunfallt, fuhr in eine Felswand. Der Fahrer wurde schwer verletzt, ansonsten hatten alle Beteiligten viel Glück und es passierte nicht viel», erzählt Schläppi von der aufregenden Evakuierung. Die Strassen seien in dieser Gegend eng, steil und kurvig, trotzdem werde sehr schnell gefahren, was wohl dem Car zum Verhängnis wurde.

Am Flughafen in Lima sei sie dann in ein unglaublich volles Flugzeug verfrachtet worden und in 13 Stunden Direktflug nach Zürich geflogen. «Eine Quarantäne war danach nicht vorgeschrieben, ich konnte ­jedoch zwei Wochen in der ­Wohnung einer Freundin wohnen, bis klar war, dass ich mich nicht angesteckt habe», erzählt Schläppi. Ihre eigene Wohnung ist bis im Juni untervermietet. Dann wäre ihr sechsmonatiges Praktikum offiziell beendet gewesen.

Zurück in der Schweiz auf Jobsuche

Zwischenzeitlich wohnte Isabel Schläppi in einem umgebauten Schweinestall und fand dann die freistehende Wohnung in Neuenegg. Schläppi freut sich, wenn sie wieder zurück in ihre Wohnung in der Lorraine in Bern kann. In der Zwischenzeit ist sie auf Arbeitssuche. Damit die Tage nicht zu lang werden, hilft sie in Walkringen auf ihrem Lehrbetrieb bei Familie Schneider. Schläppi ist Landwirtin und hat einen Abschluss als Agrotechnikerin.

Wenig Sorgen um das Projekt in Preu

Herumsitzen und nichts tun ist nicht ihre Sache. In Peru arbeitete sie an einem Permakulturprojekt. Dieses will Tourismus und Selbstversorgung vereinen. Isabel Schläppi, die schon mehrfach in Südamerika arbeitete, wollte dabei helfen, das Projekt aufzubauen. Wie es nun weitergeht in Peru, weiss sie nicht. Jedoch habe die Bevölkerung dort ein sehr grosses Wissen im Ackerbau und in der Selbstversorgung. So macht sie sich wenig Sorgen um die Zukunft des Projekts. Die unterschiedlichen Klimazonen brächten eine grosse Vielfalt hervor, die sich auch in der Küche und Ernährung widerspiegle. Eine mehrheitlich pflanzliche Ernährung, denn für die Tierhaltung sei die Futtergrundlage vielerorts zu karg. Milch und Milchprodukte würden kaum konsumiert. Lamas und Alpakas werden gehalten, viele Familien hätten ein Schwein. Wirklich nicht schön sei die dortige, kommerzielle Geflügelhaltung. Hingegen habe sie eine Meerschweinchenfarm gesehen, auf der die Tiere sehr gut gehalten würden. Dieses Fleisch komme relativ oft auf den Tisch.

Tradition und Moderne sind in Preu vereint

Die Selbstversorgung ist in Peru weit verbreitet. Auf jedem kleinen Äckerchen werden Kartoffeln angebaut. Bis auf über 3000 m ü. M. wird trotz sauerstoffarmer Luft und einem rauen Klima Ackerbau betrieben. Oftmals auch in unterirdischen Gewächshäusern. Jedoch gebe es auch grosse Gebiete mit Monokultur Mais. Die Abhängigkeit der Landwirte von den Saatgut- und Chemiefirmen sei gross, das Wissen um den richtigen Einsatz klein. Aber eben auch das traditionelle Wissen, beispielsweise um die Kräuterheilkunde, sei erhalten geblieben.

Schläppi erzählt von einer Methode, die Kartoffeln mehrere Jahre haltbar zu machen. Moraya werden diese gefriergetrockneten Kartoffeln genannt. Um diese herzustellen, braucht es das Klima auf über 3000 m ü. M. Die Knollen werden auf den Wiesen ausgelegt, mehrere Nächte gefroren und beim Auftauen mit den Füssen gestampft, so dass sie das Wasser verlieren. Fertige Moraya sind weiss, sehr leicht und bestehen fast ausschliesslich aus Stärke, sind also ein guter Energielieferant.