Gemüse und Früchte sind ihre Leidenschaft. Karin Hunziker aus Finsterhennen trocknet nicht nur Früchte und Beeren, sondern auch Gemüse. Rohnatur heisst ihr Geschäft, in dem sie Zweitklass- und Überschussware aus dem Seeland schonend trocknet und so vor dem Verrotten auf dem Feld oder in der Biogasanlage rettet. Dabei arbeitet sie mit einigen Landwirten der Umgebung zusammen. Diese melden ihr, wenn sie Ware für Rohnatur haben. Es sei schön, wie die Bauern mitmachen, erklärt sie im Gespräch mit der BauernZeitung vor dem stattlichen Bauernhaus im Berner Seeland. Rohnatur kauft den Landwirten ihre Zweitklass-Waren zu einem fairen Preis ab. «Alle sollen was davon haben», erklärt die Geschäftsführerin.
Chips aus Zuckerrüben und Apfelringli
Die meisten Menschen denken bei Trockenprodukten an Apfelringli und Birnenschnitze. «Und dann komme ich und biete Zuckerrübenchips an. Denn ich experimentiere sehr gerne», erzählt die gelernte Detailhandelsfachfrau und strahlt über das ganze Gesicht. So bietet Rohnatur neben den bekannten Klassikern auch Gemüse-Chips oder Gemüsemischungen für Suppengemüse, Garnituren oder Mischungen für Müesli an. Meist werden die Produkte natur verkauft, da die ursprünglichen Aromen und Farben, die durch den Entzug von Wasser noch intensiviert werden, im Vordergrund stehen sollen. Manchmal verfeinert Karin Hunziker die Produkte aber auch mit natürlichen Gewürzen. So etwa zur Weihnachtszeit die Apfelringli mit Zimt oder jetzt gerade mit Rhabarberpulver. Die Zuckerrübenchips hat sie an einem Markt zur Degustation angeboten. Geschmacklich top, könne die Farbe hier ausnahmsweise nicht mithalten, wegen des Eisens, das oxidiert, bedauert Hunziker.
Das Elternhaus hat nachhaltig geprägt
Die Leidenschaft, so viel wie möglich zu verwerten und so wenig wie möglich wegzuwerfen hat Karin Hunziker quasi bereits mit der Muttermilch aufgesogen. Aufgewachsen ist sie in einem Drei-Generationenhaus in Finsterhennen. Die Grosseltern führten den landwirtschaftlichen Betrieb und bauten Gemüse, Obst und Beeren an. Vieles wurde für den Winter haltbar gemacht, durch Dörren oder mit der Verarbeitung zu Konfitüre. Als erwachsene Frau stellte Karin Hunziker fest, dass es schonendere Methoden zur Trocknung als mit Hitze gebe. Sie sah auch, wie viel unverkäufliche Ware auf den Feldern ringsum liegen blieb. Und so entstand mit der Zeit ihre Firma Rohnatur.
Das ist die Firma Rohnatur
Bei Rohnatur werden Obst und Gemüse getrennt voneinander in je einem Profitrockner mit Wärmepumpensystem bei rund 40 Grad getrocknet. Dieses Verfahren ist schonender als das Trocknen in einem herkömmlichen Dörrapparat. Da mit Wärme und nicht mit Hitze getrocknet wird, verbrennen die Vitamine und Nährstoffe nicht. Alles bleibt naturbelassen, es kommen keine Konservierungsstoffe wie Zitronenwasser oder Ascorbin-säure zum Einsatz. Das so haltbar gemachte Obst, die Beeren und das Gemüse seien vergleichbar mit frischer Rohkost. Durch diesen Umstand ist auch der Name Rohnatur entstanden. Mit einer Ausnahme werden sämtliche Produkte in komplett rohem Zustand getrocknet. Einzig die Rhabarbern werden vorgängig in etwas Zuckerwasser blanchiert. Ohne dies wäre das Endprodukt viel zu sauer.
- Derzeit sammelt Karin Hunziker Geld für einen neuen Trocknungsapparat: Seeländerin sucht Geld über Crowdfunding
- Hunziker nutzt dazu die Plattform «Yes We Farm», die seit kurzem auch in der Deutschschweiz aktiv ist: Über Crowdfunding Geld für landwirtschaftliche Projekte sammeln
Wachstum, Verarbeitung und Vermarktung in der Region
Die meisten Felder des ehemaligen Bauernbetriebes sind mittlerweile verpachtet. Einzig auf einem Streifen Land wird noch eigenes Gemüse und diverses Obst zur Selbstversorgung angebaut. Geblieben sind drei Generationen auf dem Hof, wenn auch die Konstellation geändert hat. Karin Hunziker lebt und arbeitet nun mit ihrer Mutter und ihrem kleinen Sohn (3,5) im Bauernhaus. Die Produkte vertreibt Karin Hunziker direkt ab Hof, in einigen Hofläden, im Unverpackt-Laden in Kerzers, bei «Buur on tour Seeland» aber auch am Wochenmarkt in Bern. Seit Februar hat sie einen eigenen Platz auf dem Bundesplatz. Wegen der Corona-Krise konnte sie den Marktstand aber erst vier Mal betreiben, bedauert die Geschäftsführerin. «Das Schöne am Markt ist der persönliche Kontakt», erklärt die Geschäftsführerin. Karin Hunziker hat das ganze Jahr über zu tun. Die Hauptsaison dauert naturgemäss von Frühling bis Herbst. Im Winter verarbeitet sie Lagerware oder auch mal exotisches Obst, wenn sie Überschussware geliefert bekommt. Doch sonst ist ihr die Region extrem wichtig. Hunziker will so viel wie möglich Regionales im Seeland verarbeiten und auch in der Region verkaufen. «Es macht für mich keinen Sinn, wenn jemand für mich an einen Markt in Basel fährt», betont sie. Die Lager an getrockneten Produkten sind mit einer Ausnahme gut gefüllt. Getrocknete Erdbeeren kann Karin Hunziker momentan keine mehr anbieten. Vergangenes Jahr hat sie 600 Kilogramm frische Erdbeeren verarbeitet, welche alle verkauft wurden. Nun freut sie sich auf die kommende Erdbeersaison, bei der sie wiederum ein Mietgerät hinzuzieht, um die Menge bewältigen zu können.
Lange Haltbarkeit
Die Lagerfähigkeit der meisten ihrer Produkte gibt Karin Hunziker mit sechs Monaten an. «Es ist wichtig, dass so viel Wasser wie möglich entzogen wird. Werden die Produkte dann luftdicht, kühl und dunkel gelagert, sei das quasi wie Kriegsvorrat.
Weitere Informationen: www.rohnatur.ch