«Das grössere Kind bin ich», sagt Michaela Koch mit einem Schmunzeln und zeigt auf das Schwarzweiss-Foto. Schon 2002 war die heute bald 22-Jährige in der BauernZeitung abgebildet. Ihr Eltern sprachen dazumal in einem Betriebsporträt über ihre Motivation, als erster Thurgauer Betrieb einen Melkroboter in Betrieb genommen zu haben. In der Schweiz war es damals erst der dritte.
Roboter läuft heute noch
«Den Lely Astronaut haben wir heute noch», sagt Michaela Koch aus Affeltrangen. Vor drei Jahren wurde der Stall aus- und ein zweiter Roboter eingebaut. Die Milch der siebzig Milchkühe – hauptsächlich Holstein – geht an die Walter Arnold AG. «Als wir den Artikel nun wieder gelesen haben, haben wir festgestellt, dass mein Vater alles so umgesetzt hat, wie er es damals vorhatte», sagt Koch. So sind Milchproduktion und Obstbau auch heute noch die beiden Standbeine des 36-Hektaren-Betriebs.
Ururgrossvater legte Grundstein
Begonnen hat die Geschichte des Familienbetriebs schon viel früher: Ururgrossvater Moritz Koch kaufte den Betrieb in der Isenegg vor über 130 Jahren und nahm mit Knechten, Mägden und Pferden die Milchproduktion auf. Der ganze Betrieb wurde zudem mit Hochstammbäumen bepflanzt, später kam eine 2,5 ha grosse Niederstammplantage dazu. Die Äpfel werden an Tobi Seeobst geliefert. «Mir gefällt die Kombination Milch und Obst», sagt Michaela Koch, die in diesen Tagen ihre Zweitausbildung zur Landwirtin abschliesst.
Erst andere Lehre
Dass es so weit gekommen ist, war nicht von vornherein klar. «Ich hatte eine Lehre zur Landwirtin immer im Hinterkopf. Als es dann um die erste Ausbildung ging, stand es plötzlich nicht mehr so zur Debatte.» Einige hätten gesagt, ein zartes Mädchen könne doch nicht so streng arbeiten, erinnert sich die zierliche Rothaarige.
Also lernte Michaela Koch Detailhandelsfachfrau bei Coop. Ein moderner Lehrbetrieb mit vielen Weiterbildungsmöglichkeiten. So konnte sie nach der Lehre in einer Filiale im jurassischen Saignelégier arbeiten. Dort hatte sie eine eigene kleine Wohnung, verbesserte die Sprachkenntnisse und stand erstmals auf eigenen Beinen.
«Muskeln kommen von allein»
Trotzdem: «Jedes Mal, wenn ich nach Hause gekommen bin und hier mitgearbeitet habe, ist mir klargeworden, dass ich das viel lieber machen würde», erzählt Koch. Also suchte sie noch vom Jura aus zwei Lehrbetriebe für eine Zweitausbildung als Landwirtin.
Anpacken kann sie fast genauso gut wie ein Mann – und «die Muskeln kommen beim Arbeiten von ganz allein». Schattenseiten am Beruf fallen ihr ausser den teils vielen Arbeitsstunden nicht wirklich ein. Nur die Maschinen und sie – das ist nicht immer pure Liebe: «Mich nervt es schnell, wenn etwas nicht geht. Ich komme rasch an den Anschlag, weil mir die Vorkenntnisse etwas fehlen.» Die Maschinenkunde war deshalb in der Lehre die grösste Herausforderung für sie.
Posiert im Bauernkalender
Michaela Koch geht ihren Weg und lässt sich nicht beirren, wenn sie eine Entscheidung erst mal getroffen hat. Sie ist das Juni-Girl im aktuellen Bauernkalender, etwas von dem sie noch ihren Enkeln erzählen könne. Ihrem Vater erzählte sie vom Casting, er habe es «im Halbschlaf» aufgenommen.
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Die Mutter erfuhr erst am Morgen des Fotoshootings davon, «sie war zuerst überhaupt nicht begeistert». Michaela Koch bereut den Schritt nicht: «Ich hatte einfach Lust, etwas Neues zu erleben und meine Kollegen fanden es eine lustige Idee.» Casting und Foto-Shooting seien eine gute Erfahrung gewesen. Laut der Jury habe sie mit ihrer authentischen Art überzeugt, erzählte sie im Interview mit dem «St. Galler Tagblatt».
Die Reaktionen waren positiv. «Ein älterer Herr hat mir sogar einen Brief geschrieben, in altmodischer Schnürlischrift, an Frau M. Koch. Meine Mutter meinte erst, er sei für sie», erinnert sie sich amüsiert.
Zu Hause angestellt
Weitere Modelpläne hat Michaela Koch erst mal nicht. Bald wird die Älteste von sechs Kindern als Angestellte auf dem elterlichen Betrieb anfangen. «Wir haben zurzeit etwas viel Arbeit, weil mein Grossvater altershalber nicht mehr so viel mithelfen kann wie früher.» Sie könnte sich vorstellen, später mal den Betrieb zu übernehmen, aber für konkrete Pläne sei es noch zu früh und ihr Vater zu jung.
Direktvermarktung reizt sie
«Was mich noch zusätzlich reizen würde, wäre irgendeine Form der Direktvermarktung», sagt Michaela Koch. Da könnte sie dann auch die Vorkenntnisse aus der ersten Lehre wieder nutzen. Im Detailhandel wird man sie aber mit grösster Wahrscheinlichkeit nur noch als Kundin antreffen. Ihr Platz ist jetzt einmal hier: zu Hause. «Es gab nichts Schöneres, als so aufzuwachsen.»