Vermutlich ist er der Mann, der schweizweit am meisten Draht in seinen Händen hielt. Nicht, weil Peter Burkhalter ein grosses Heimet im Berner Oberland bewirtschaftete, sondern weil er seit mehr als 30 Jahren Zäune der Firma Gallagher vertreibt. Nun will er kürzertreten.

Seine Zäune stehen noch

«Etwas», sagt der 82-jährige pensionierte Landwirt aus Konolfingen. Die Kilometer, die er auf unzähligen Weiden in diversen Kantonen zurückgelegt hat, haben ihn fit gehalten. Da reicht es, etwas kürzerzutreten und das Einzäunen nicht voll und ganz aufzugeben. Zudem ist er vielerorts bereits weg, der Stacheldraht. Und mit Elektrozäunen ersetzt. Hat sie Burkhalter gemacht, dürften sie ihn überleben, wie er schmunzelnd meint. «Das Zeug ist für die Ewigkeit gemacht», sagt er und weiss, wovon er spricht. Tausende Kilometer hat er eingezäunt. Die meisten der Zäune, die er in den Achtzigerjahren erstellte, stehen noch. Auch der Eigene. Das war ein Testzaun, für die Hühner.

Der Startschuss fiel 1987

Angefangen hat alles 1987. Im Jodlerklub hatte Peter Burkhalter erstmals von diesen Zäunen, die ursprünglich aus Neuseeland stammen, gehört. Ein Bekannter von ihm plante, die Generalvertretung für die Schweiz zu übernehmen. Dafür war es aber bereits zu spät. Ein Zürcher war den Bernern zuvorgekommen. Dennoch stand einer Expansion des Elektrozaunes ins stacheldrahtumzäunte Bernbiet nichts im Wege. Also starteten Christine und Peter Burkhalter mit einem Jodlerkamerad und stiegen in den Zaunbau ein. Nie hätten die beiden gedacht, dass daraus eine derart grosse Erfolgsgeschichte werden würde, erinnern sie sich heute und kramen dabei in alten Fotobüchern. 

Ein Leben voller Geschichten

Denn bald schon stieg der Kompagnon aus dem Geschäft aus. Die Freundschaft sei geblieben, aber die Zusammenarbeit hätte sich nicht bewährt, erinnern sich Burkhalters, die von jenem Moment an das kleine Geschäft, das aus einem Lager, einem Terminkalender und einem Festnetzanschluss bestand, alleine führten. Und das neben dem kleineren Milchwirtschaftsbetrieb, den das Paar von Peter Burkhalters Onkel jung erwerben konnte. Bei der Erinnerung an damals schauen sich die beiden in die Augen. Das tun sie viel. Dann lachen sie. Und auch das ist für die beiden typisch. Ihr Leben scheint gefüllt mit reichen Geschichten, an die sich eine Erinnerung lohnt. Auch wenn auf dem gemeinsamen Weg grosse Steine lagen. Zum Teil tragische Todesfälle, finanzielle Ängste durch die Übernahme des Betriebs und viel, viel Arbeit. 

57 km Zaun an einem Stück

Wenn Christine und Peter Burkhalter von früher erzählen, dann ist wenig Wehmut zu spüren. Vielmehr sprudelt da Lebensfreude aus ihnen.  «Vue des Alpes», sagt Peter Burkhalter urplötzlich. 57 Kilometer lang war der Zaun, den der Landwirt im Neuenburger Jura zu erstellen hatte. Und es war einer von vielen. Zuerst seien es die Bauern rund um die ehemalige Landwirtschaftsschule Schwand in Münsingen gewesen, die auf Burkhalter zukamen, um sich vom Stacheldraht zu trennen. Deren Väter seien stets skeptisch gewesen, erinnern sich die beiden. «Das neumödige Zeug», hätten sie es genannt. Der Hartnäckigkeit der Söhne waren sie schliesslich aber doch meist unterlegen.

Der Zeitpunkt passte

Ein wichtiges Ereignis, so tragisch es auch gewesen sei, habe ihrem Geschäft ganz am Anfang geholfen, erinnert sich Christine Burkhalter. Auf dem Schwand seien damals Pferde ausgebrochen und auf den nahegelegenen Schienen zu Tode gekommen. Also schafften sich die Bauern einen Elektrozaun an. «Und die, die schon einen hatten, holten ein Messgerät», so Peter Burkhalter. Und so habe das eine das andere gegeben. «Zwicki-Peter» oder «Zaun-König», wie Burkhalter landauf landab genannt wurde, rückte täglich aus, um zu zäunen. «Wir kamen zur richtigen Zeit. Heute wäre das ganz anders, wir hätten noch einen Bruchteil der Aufträge», ist der Landwirt sicher.

Feste feiern, wie sie fallen

Neben der Mund-zu-Mund-Propaganda waren auch Ausstellungen wichtig. So gingen Christine und Peter Burkhalter während vieler Jahre mit Sack und Pack an die BEA nach Bern. Später folgte die Agrimesse in Thun. Auf dem Aussengelände haben sie so manche schöne Begegnung gehabt und manches Fest gefeiert, wie es fiel. «Wir haben Rahm mit der Bohrmaschine geschlagen, weil nirgends ein Mixer aufzutreiben war», erzählt Christine Burkhalter und lacht dazu herzhaft.

Auf die Kunden eingegangen

Ein weiteres Erfolgsgeheimnis dürfte sein, dass Burkhalters ein grosses Lager führten, in dem die Landwirte ihr Zaunzubehör auch selber einkaufen konnten. Und das nicht, wie andernorts, in grossen Gebinden, sondern auch in kleinen Mengen. «Sie konnten das kaufen, was sie brauchten», sagt der Landwirt. Kundenorientiert würde sich das heute nennen. Für Burkhalters einfach selbstverständlich. So schlug man auch keine Anfrage aus, denn neben Pferden, Schafen, Mutterkühen mit abtrünnigen Kälbern oder hochspringenden Ziegen kamen hin und wieder auch ein paar Anfragen mit besonderen Wünschen ins Haus. Salatbeete auszäunen, damit der teure Hund künftig sein Geschäft nicht mehr darin verrichten könne, war eine. Oder dreissig Katzen mitten in der Stadt Bern vom Ausbrechen abhalten, eine andere. Die Katzen seien nach seinem Besuch nie mehr ausgebrochen, erinnert sich Burkhalter. Das heisst, das erste Mal schon, denn er hatte die Erdung vergessen. Aber dann nie mehr. «Und der teure Hund ist aus der Türe rausgerast, als ich erstmals das Areal betrat. Burkhalter rein, Hund raus», sagt der Landwirt und lacht. Nach langer Suche habe man das teure Haustier, einen Dobermann, dann wieder einfangen können, aber im Salatbeet sein Geschäft verrichtet, habe er fortan nicht mehr. Denn da stand Burkhalters Zaun.

Das erste Auto war grossartig

Der Schatz der Erinnerungen, den Christine und Peter Burkhalter hegen, ist riesig. Auf die Frage, wo sie sich kennengelernt hätten, sagt sie: «Irgendwo an einer Chilbi, beim Tanzen.» Und dann kommen sie wieder, diese zahlreichen, farbenfrohen Geschichten. «Ich bin in Trub aufgewachsen, er in Trachselwald», erzählt die Bäuerin. Und dann erzählen sie von Peters erster Vespa, die auf der Truber Strasse den Geist aufgegeben hatte. «Die hatten mir auch Strassen da hinten», sagt der Landwirt schalkhaft. Und sie lacht und meint, sein erstes Auto sei einfach grossartig gewesen, auch wenn sie jeweils habe den Blinker spielen müssen. «Da hüpft man dann auf der hinteren Bank von links nach rechts und von rechts nach links.» Und wieder lachen die beiden und suchen im Fotobuch nach weiteren Erinnerungen