Ja, eigentlich sei er ein Spätberufener, sagt Reto Diener und lacht auf die Frage, wieso er zuerst Schreiner gelernt hatte. Er ist zwar auf dem väterlichen Betrieb Morgenstern aufgewachsen, das war damals noch ein gemischter Betrieb mit Viehhaltung, Kühen und Schweinen. Vater Josef führte gar einige Jahre noch eine Kaninchenmast. Über die Jahre wurde allerdings auf Obstbau spezialisiert und 2010 die Viehhaltung ganz aufgegeben, auch weil Sohn Reto dafür kein Interesse zeigte.

Begeistert vom Obstbau

Nach der Schulzeit habe ihn eben die allgemeine Landwirtschaft nicht sonderlich begeistert, weshalb er eine andere Lehre startete und danach auch mehrere Jahre im Gewerbe als Schreiner arbeitete. Reto Diener zog es aber in die Selbstständigkeit, er wollte sein eigener Chef sein und Verantwortung übernehmen. Vor sechs Jahren lernte er dann einen Obstbauern im Thurgau kennen und absolvierte dort ein Praktikum, das ihn "absolut begeisterte". So lernte er nicht Landwirt, sondern Obstbauer und schloss 25-jährig als Obstfachmann ab. 2016 konnte er den elterlichen Betrieb übernehmen und lebt nun mit seiner Freundin auf dem Morgenstern. Derzeit lernt Diener bereits für die Obstbau-Meisterprüfung.

Spezialisiert auf Steinobst

Reto Diener hat sich auf dem 10-ha-Obstbaubetrieb inzwischen auf Steinobst spezialisiert mit 3,5 ha Kirschen, 40 a Aprikosen, 1,2 ha Zwetschgen und wenig Birnen und Äpfel. Dazu kommt 1 ha Lörpflaumen für Edelschnäpse. Rund 3 ha Wiesland sind Ökoflächen in Qualitätsstufe II. Weitere Betriebszweige und Einnahmequellen sind eine grossflächige Fotovoltaikanlage auf 800 m2 und eine Mietwohnung, welche zusammen mit Pferdepensionsplätzen vermietet wird.

Studenten als Erntehelfer

Den Betrieb führt Reto Diener zusammen mit Teilzeitangestellten und Aushilfen, "wir haben flexible Arbeitszeiten und Anstellungsbedingungen". Auch sein Vater hilft regelmässig mit, hat auch eine beratende Funktion. Die Eltern wohnen jedoch seit der Betriebsübernahme durch Sohn Reto nicht mehr auf dem Betrieb, sondern im nahen Dorf. Während der Erntesaison kommen noch viele helfende Hände dazu, vor allem Studenten. "Das ist ein gefragter Ferienjob für junge Leute."

Viel ab Hof vermarktet

Alle Früchte werden auf dem Betrieb sortiert, abgepackt und vermarktet. Das grosse Ziel ist 100 Prozent Direktvermarktung sämtlichen Obstes. Im Hofladen sind es schon heute fast 80 Prozent, knapp 20 Prozent gehen an Detaillisten, nur mehr ein sehr kleiner Teil an den Zwischenhandel.

Reto Diener will das Einkaufen auf dem Hof zu einem Erlebnis werden lassen, "in der Ruhe der Natur". Die Kunden sollen sich Zeit nehmen, die Natur geniessen, beim Hofladen einen Kaffee trinken, in der ruhigen Landschaft an prächtiger Aussichtslage verweilen. Weil in der Nähe ein viel begangener Wanderweg verläuft, kann er sich künftig auch Events oder einen Erlebnisweg vorstellen, um so weitere Kunden anzulocken.

Aromatische Sorten setzen

Viel Zeit investiert Reto Diener ins Marketing, in die professionell gestaltete Internetseite, die sozialen Medien und in direkte Kundenkontakte. Dass ein so hoher Anteil der Produktion direkt ab Hof vermarktet werden kann, sei aber nur dank seinen Eltern möglich gewesen, welche ebenfalls schon ab Hof verkauften. Schon sie bauten während 40 Jahren einen grossen Kundenstamm auf. "Ohne diese Basis wäre es auch bei grössten Werbeanstrengungen nicht möglich, einen so hohen Anteil zu erreichen." Qualität und Mund-zu-Mund-Propaganda bringe die nachhaltigsten Kunden.

Zwar verstehe jeder etwas anderes unter Qualität, für Reto sind dies möglichst aromatische und frische Früchte. Er setzt deshalb auf entsprechende Sorten und den richtigen Erntezeitpunkt. "Leider sind die einfachsten Sorten nicht unbedingt die aromareichsten."

"Einfache Sorten sind nicht die aromareichsten."

Reto Diener will auf spezielle Sorten setzen

Auf Herbizide verzichten

Die Ökologie und eine sehr nachhaltige Bewirtschaftungsweise sind Reto Diener sehr wichtig, dieses Interesse hat er von seinem Vater übernommen. Produziert wird nach IP-Richtlinien, gleichwohl wird auf einen möglichst geringen Einsatz von Hilfsmitteln geachtet. So wird viel gehackt und nur mehr im Frühjahr einmalig Herbizid eingesetzt. Es sei sein Ziel, künftig ganz darauf zu verzichten. Dafür brauche es aber noch die entsprechenden Geräte. "Es muss regelmässig gehackt und gemäht werden, um die Mäuse in den Griff zu kriegen." Die Obstanlagen sind eingenetzt, auch um weniger Insektizide einsetzen zu müssen. Weniger Pflanzenschutz sei ein sehr wichtiges Thema, unabhängig von den anstehenden Initiativen. "Die Konsumenten erwarten, dass wir in diese Richtung gehen."

Auf dem Weg zu Bio

In einer neu angelegten Kirschen- und Zwetschgenanlage wird deshalb versucht, nur mehr biologisch zu wirtschaften. Dabei gehe es darum, herauszufinden, wie weit Alternativen gegenüber chemischen Hilfsmitteln möglich sind.

Gesamtbetrieblich auf Bio umzustellen wäre zwar machbar – "wir produzieren heute schon sehr nahe bei Bio" –, sei aber seitens Kunden kaum je eine Forderung gewesen. "Wir sind aber bereit, künftig weiter in diese Richtung zu gehen."

"Konsumenten wollen weniger Chemie."

Reto Diener zu den Vorstellungen der Abnehmer

Ohne Schutz geht es nicht

Grosses Potenzial im Kirschenanbau sieht Reto Diener in der Region nicht. Es seien in den letzten Jahren viele Anlagen in die Vollproduktion gekommen. Schon jetzt sei es anspruchsvoll, alle Früchte abzusetzen. "Es braucht eine sehr hohe Qualität und viele Marktaktivitäten." Ein geschützter Anbau, alle Kulturen unter Dach und eingenetzt, sei Voraussetzung, auch wegen zunehmend höherem Schädlingsdruck, ist er überzeugt.

Kirschen für Konfi

Reto Diener ist ein Tüftler, probiert ständig Neues aus. So auch mit der Sorte Masdel, einer mittelfrühen, sehr aromatischen Kirschensorte. Die bringe zwar anderswo nicht so viel Ertrag, hier aber scheine es ihr zu passen, der Behang dieses Jahr sei erstaunlich schön. Diese neue Anlage wurde 2016 gepflanzt, im arbeitssparenden Drapeau-Erziehungssystem und ohne Dämme. "Die Böden hier am Hang sind gut wasserdurchlässig", begründet er. In einem Versuch baut er für den geschützten Anbau auch die Sorte Webers Sämling an, eine Kirsche ohne Stiel, besonders geeignet für Konfi. Die Nachfrage dafür sei stark gestiegen, stellt Diener fest, weil wegen der Kirschessigfliege weniger Hochstammkirschbäume mit Früchten zur Weiterverarbeitung geerntet würden.