Sie sind sich sehr nahe, Debora und Alexandra Huber. Vor dem Bildtermin kontrollieren sie gegenseitig den Look. Es folgen ein paar kleine Handgriffe und ein Schuhwechsel. Diesen Sommer ist die Distanz etwas grösser. Das Geschwisterpaar vom Gofer im Hasliberg BE überbrückt quasi den «Zigerschlitz», wie das Glarnerland im Volksmund gerne genannt wird.
Die Chemie stimmte sofort
Debora (23) ist auf Alp Bodmen als Sennin tätig, Alexandra (19) hat vor 14 Tagen eine Saisonstelle im Ortstockhaus angetreten. Die gastliche Herberge oberhalb von Braunwald befindet sich zwar in Sichtweite vis-à-vis, aber so einfach ist der gegenseitige Besuch nicht. Vom Fusse des Ortstocks erreicht man zu Fuss und per Bergbahn das Tal. Und der folgende Weg auf den obersten Staffel der Alp ist beschwerlich, wie sich Alexandra mit leicht schmerverzerrtem Gesicht erinnert.
Der Saasberg ist mit bis zu 2200 m ü. M. die höchstgelegene Kuhalp im Kanton Glarus und zu Fuss gilt es ab dem Parkplatz rund 1000 Höhenmeter zu überwinden, bevor man sich in der Käserei und Küche ein Glas warme Schotte genehmigen kann. Hier produziert Debi, wie sie von ihrer Schwester genannt wird, mit ihrer Mitälplerin Daniela Hösli Glarner Alpkäse. Gelernt hat das die Bauerntochter erst im Juni.
Alpmeister Jakob Hefti hat ihr das Handwerk Schritt für Schritt beigebracht. Und ist sehr zufrieden, wie er später bei der Käsedegustation im Tal erklärt. Dass er sie auf dem Berg schalten und walten lässt, findet Debora «höörä gööt». Sie habe sehr viel Glück gehabt. Zugesagt hat die gelernte Köchin ihre erste Alpstelle, ohne Betrieb oder Alpmeister je gesehen zu haben. Der entscheidende Moment war ein kurzes Telefonat an einem Abend im Januar. Die Chemie stimmte sofort, wie Sennin und Alpmeister einhellig bezeugen.
Schwierigkeiten beim Zügeln der Alpschweine
Debora ist «megastolz», dass sie die Stelle hat. Und sie macht den Job mit Leidenschaft, wie der Augenschein beim Käsen zeigt. Etwas schwer getan hat sie sich lediglich mit dem Zügeln der Alpschweine. Kabarettreif schildern die Schwestern, wie sie die Jager mit Hechtsprüngen davon überzeugen konnten, den Weg vom Mittelstaffel Hälsli in die Höhe unter die Klauen zu nehmen.
Die dreistafflige Alp Bodmen umfasst 135 Hektaren sowie 47 Normalstösse und gehört seit 2004 einer Stiftung, da die Gemeinde Rüti die Kosten nicht mehr tragen konnte. Das hat Vorteile: So etwa eine gute Ausstattung in allen drei Hütten. Das reduziert den Zügelbedarf massiv, was auf den steilen und kaum befahrbaren Wegen ein Plus ist. Die Alp ist Teil des grössten Jagdbanngebiets im Kanton und die Stiftung legt bei der Bewirtschaftung grossen Wert auf naturnahe Nutzung, wie es im Zweckartikel heisst.
«No chli der Frehlig gneesä»
Alex, wie sie von der älteren Schwester genannt wird, hat soeben ihre Gärtnerinnenlehre abgeschlossen und dafür von den Eltern eine prächtige Treichel mit Deckriemen erhalten, die sie auf dem Handybild stolz präsentiert. Es habe ihr gefallen, in der Natur zu arbeiten, erzählt die jüngste der vier Huber-Töchter, aber jetzt wolle sie «no chli der Frehlig gneesä», wie sie im urchigen Haslitaler Dialekt betont. Als Gärtnerin erlebe man die Jahreszeit meist ohne Freizeit – alles spriesst und die Kundschaft erinnert sich an ihre Gärten. Die Stelle im Ortstockhaus hat sie via Debora gefunden. Die ältere Schwester hat mit Alexandras neuer Chefin Maya Rhyner einst in der Finsteraarhornhütte die Bergler bedient.
Viel Gastro-Erfahrung mit 19
Für die Servicestelle ist Alexandra bestens gerüstet. Mit ihren drei Schwestern – gemeinsam sind sie berüchtigt als «Gofer-Wiiber» – schmeisst sie regelmässig Festwirtschaften für allerlei Anlässe, zum Beispiel an der heimischen Viehschau auf dem Hasliberg.
Im Winter trifft man Alexandra oft im familieneigenen Schlittelbeizli Winterlücke an, wo ihre Mutter Barbara das Zepter schwingt und Vater Res den Weg freiräumt. Hier hat jede der Töchter ein Kafi mit ihrem Namen. Die Jüngste der Huber-Schwestern schwärmt über den Familienzusammenhalt. «Mer häbä zämä», sagt sie, «da können wir noch so weit gehen, und die Eltern kommen uns besuchen.» Im Glarnerland können sie diesmal gleich zwei Besuche kombinieren, aber wahrscheinlich nicht ohne Muskelkater.