Ramona Ammann trägt einen prall gefüllten Rucksack, der voll mit Wissen und Erfahrungen aus der Landwirtschaft ist. Aber es hat immer noch Platz für Neues – «Ausgelernt hat man nie», sagt die 29-Jährige aus Wittenwil bei Aadorf. Seit 2024 präsidiert sie die Junglandwirte-Kommission (Jula) des Verbands Thurgauer Landwirtschaft.

Spannungsfelder im Alltag

«Für mich gab es immer nur die Landwirtschaft», sagt Ramona. Nach der Ausbildung zur Landwirtin arbeitete sie einige Jahre auf verschiedenen Betrieben und absolvierte die HF-Agrotechniker-Ausbildung. Danach wechselte sie ins Büro, aber immer so, dass sie daneben Zeit für die Landwirtschaft hatte. Zurzeit ist sie in Teilzeit bei ihren Eltern auf dem Betrieb in Wittenwil angestellt und arbeitet 70 % auf einem Gemüsebaubetrieb. Sie schätzt das Hintergrundwissen, welches es im Büroalltag zu erledigen gilt – obwohl ihr Herz in erster Linie für die Arbeit auf dem Hof schlägt.

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Lange Zeit sei unklar gewesen, wie die Hofübernahme ablaufen solle, denn ihr jüngerer Bruder David ist genauso wie Ramona mit Leib und Seele Landwirt. Daher hat sie immer noch auf anderen Betrieben ausgeholfen. «David durfte vor zwei Jahren einen Betrieb im Nachbardorf Wängi pachten. Nun ist genug Arbeit für alle vorhanden und wir können uns gegenseitig aushelfen», erzählt die Junglandwirtin. Die Hofübernahme ist auf die Pensionierung des Vaters in zwei Jahren geplant. «Wir sind mit dem Hauptbetriebszweig Milchwirtschaft gut aufgestellt. Für die nächste Zukunft sind keine grösseren Änderungen geplant», fügt sie an.

Die Milch der knapp 60 Braunviehkühe wird an die Käserei Wängi geliefert. Ein Teil der 30 Hektaren ist rund um den Stall arrondiert, ideal zum Weiden. Über den Sommer sind die Kühe halbtägig auf der Weide. Das System mit Portionenweide und Eingrasen hat sich bewährt.

Von Weideprofis lernen

Punkto Weidemanagement hat die Landwirtin während zwei Jahren bei den Weideprofis in Neuseeland viel gelernt. Zuerst arbeitete sie auf einer Milchfarm mit 1250 Kiwi Cross in Canterbury und dann auf einer «Sheep and Beef Farm» im Mackenzie-Distrikt. «Beide Betriebsleiter achten sehr auf die Tiergesundheit. Aber Produktion und Rentabilität mussten auch stimmen», erzählt sie. Die neuseeländischen Farmer seien sehr offen und untermalten ihre Betriebsstrategie auch mit Zahlen. «Über Weidemanagement, Abkalben oder Klauenschneiden durfte ich viel lernen.» 2024 verbrachte sie nochmals einen Monat in Neuseeland und fügt lachend hinzu: «Und es war bestimmt nicht das letzte Mal.»[IMG 3]

Für die Zukunft hat sie Pläne und Ideen, aber vorwegnehmen will sie nichts. «Ideen, auch wenn es sich nur um kleine Sachen handelt, möchte ich zuerst umsetzen können, bevor ich sie erzähle», bekräftigt sie. So ist sie jetzt jeden Morgen im Stall am Füttern und Ausmisten und abends am Melken. Tagsüber arbeitet sie vier Tage pro Woche im Büro, die restlichen Tage ganz auf dem Betrieb. Bei den Kühen ist sie voll involviert. Bei den Feldarbeiten entscheidet hauptsächlich noch ihr Vater. Sie sei oft ein bisschen hin- und hergerissen, sagt sie. «Auf dem Hof gibt es immer Arbeit und man verpasst stets etwas.» Manchmal würde sie am liebsten nur auf dem Hof arbeiten. Aber im Büro sei sie auf die Arbeit dort fokussiert, die ihr auch gefalle. Dieses Jahr ging es auch immer gut auf, dass sie fürs Heuen oder bei Bedarf freinehmen konnte.

Betriebsspiegel

Rita und Werner Ammann

Ort: Wittenwil TG
LN: 30 ha
Kulturen: Grünland, Weizen, Mais, Futterrüben
Tierbestand: 60 Milchkühe, 50 Hühner

Hunde- und Reitsport

Immer dabei auf all ihren Wegen ist Ohana, ein Australian Working Kelpie. «Ich wollte schon immer einen Hütehund. Nachdem wir anfangs sehr viel lernen mussten, klappt das mit den Kühen zurück in den Stall treiben sehr gut », sagt sie. Sie trainiert Ohana auch mit Schafen und besucht hin und wieder Trainings.

Und was ist mit Freizeit? «Ich habe eine Reitbeteiligung zusammen mit einer Kollegin und reite zweimal pro Woche. Das ist mir sehr wichtig, dafür investiere ich gerne Zeit», sagt Ramona – und ja klar, lägen auch mal Ausflüge oder Ausgang drin.

Fünf Fragen an Ramona
 
Wie treffen Sie Entscheidungen?
Ganz klar, zuerst nach Bauchgefühl. Aber bevor ich etwas umsetze, überlege ich es mir dann trotzdem sehr genau.

Wie verbringen Sie Ihre Ferien?
Im August gehe ich vier Tage wandern. Wenn es möglich ist, würde ich auch sehr gerne nochmals eine grössere Reise machen. Es gibt noch viel zu sehen und zu erleben.

Welches sind Ihre Vorbilder?
Meine Eltern, welche mir die Liebe zur Landwirtschaft vorlebten. Aber auch meine Chefs in Neuseeland, und hier in der Schweiz. Ich konnte viel von ihnen lernen und wir tauschen uns weiterhin regelmässig aus.

Warum lohnt es sich, bei den Junglandwirten mitzumachen?
Der Austausch mit anderen Landwirten ist wertvoll. An den Anlässen der Thurgauer Jula nehmen jeweils 50 bis 60 Personen teil. Als nächster Anlass planen wir im November unser jährliches Forum – da sind wir in den Vorbereitungen.

Was wünschen Sie sich für die Schweizer Landwirtschaft?
Wir produzieren Lebensmittel. Dafür braucht es Wertschätzung, aber auch die Grundlagen für eine gelingende Produktion. Es kann nicht nur extensiviert werden. Die Landwirtschaft soll ihren Platz in der Gesellschaft haben und nicht immer mehr Einschränkungen unterliegen. Aber grundsätzlich ist die Bevölkerung vor allem hier im Kanton Thurgau gegenüber der Landwirtschaft sehr positiv eingestellt. Das ist erfreulich.