Obwohl er sowohl als Privatperson als auch als Betrieb die Radio- und Fernsehabgabe zahlt und somit doppelt zur Kasse gebeten wird, flattern Tobias Meuter regelmässig Rechnungen der Inkassostelle Serafe ins Haus. Meuter führt einen Obstbaubetrieb in Ins im Berner Seeland. Wie viele seiner Kollegen im Obst- und Gemüsebau erhält er während der Erntesaison Verstärkung aus dem Ausland: saisonale Arbeitnehmer, meist aus Osteuropa.

Loch ins Portemonnaie

Sie werden ordnungsgemäss auf der Gemeinde angemeldet. Damit haben sie einen temporären Wohnsitz in der Schweiz – und geraten so auf den Radarschirm der Gebühreneintreiber. Trifft die Rechnung  auf dem Hof von Tobias Meuter ein, sind die Angeschriebenen aber oft längst wieder zurück in ihrer Heimat.

«Diese Rechnungen reissen den Saisonarbeitskräften ein grosses Loch ins Portemonnaie», sagt Meuter: «Oftmals verstehen sie gar nicht, wofür sie da zur Kasse gebeten werden.» Obst- und Gemüsebetriebe würden so unverhältnismässig stark belastet. Dies, obwohl von den saisonalen Angestellten niemand Interesse am Programm von Schweizer Radio und Fernsehen habe. «Sie fragen als Erstes nach dem WLAN-Passwort und streamen dann polnisches Fernsehen», sagt er.

Container gilt als Haushalt

Die Rechnungen schaffen bei vielen Betrieben Unsicherheit. Nicht alle Erntehelferinnen erhielten die Rechnung, der Betrag sei auch nicht immer gleich, sagt eine Frau aus der Branche, die nicht namentlich genannt werden will. Sie will «keine schlafenden Hunde wecken». Sie stört sich vor allem an der mangelnden Transparenz. Da der Betrieb bereits Gebühren bezahle, sei es schwer verständlich, warum die Mitarbeiter separat zur Kasse gebeten würden, kritisiert auch sie. Auch gingen einige Serafe-Rechnungen an den Betrieb, andere direkt an die Mitarbeitenden.

Wo die oft nur für einige Wochen angereisten Leute in Wohncontainern untergebracht werden, fällt für diese wiederum eine Rechnung an: Jeder Wohncontainer ist für die Serafe ein «Haushalt». Problematisch ist für die Betriebe auch, dass die Serafe zu viel bezahlte Gebühren zwar zurückvergütet, aber nicht auf Konten im Ausland – wie sie die Erntehelfer typischerweise haben.

Berner Merkblatt

Beim Berner Bauernverband (BEBV) hat man das Problem auf dem Schirm. Mathias Grünig, Bereichsleiter Versicherungen und Personaldienstleistungen beim BEBV, verweist auf ein Merkblatt des Verbands. Dieses bestätigt die von den Obst- und Gemüsebauern monierte Praxis der Serafe: Ausgenommen von der Gebühr sei nur, wer kein Gerät besitze, mit dem Radio oder TV empfangen werden kann, also auch kein Smartphone.

Wie lange und aus welchen Gründen jemand in der Schweiz wohnhaft ist, spielt dabei keine Rolle. Auch ein Nebenwohnsitz in der Schweiz gelte als Abgabegrund. Deshalb erhalte auch das saisonale Personal die Jahresrechnung.

Rechnung selber kürzen

«Meldet jedoch die Einwohnergemeinde der Serafe AG die Ausreise ins Ausland, wird die Rechnung auf die effektive Zeit gekürzt», heisst es in dem Merkblatt. Diese Meldungen würden monatlich gemacht. Nach der Anmeldung erhalten die Mitarbeitenden die Jahresrechnung, erst nach ihrer Abreise wird diese korrigiert und der Restbetrag zurückerstattet – aber eben nicht auf ein ausländisches Konto.

Der BEBV empfiehlt deshalb, die Rechnung eigenhändig zu kürzen und von Anfang an nur für die Zeit zu bezahlen, die tatsächlich auf dem Betrieb in der Schweiz verbracht wird. Ein Monat kostet rund 28 Franken. Ausserdem kann bei der Serafe bei der Anmeldung eine 3-Monatsrechnung beantragt werden. 

In einer früheren Ausgabe dieses Artikels wurde mit veralteten Zahlen gerechnet und der Betrag pro Monat auf Fr. 30.40 Franken veranschlagt. Dies entspricht der ursprünglichen Radio- und Fernsehabgabe von einem Franken pro Tag, also 365 Franken im Jahr. Dabei wurde nicht berücksichtigt, dass die Abgabe für Privathaushalte ab dem 1. Januar 2021 auf 335 Franken gesenkt wurde. Dies entspricht einem monatlichen Betrag von Fr. 27.92.