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Fährt man auf den Hof, wird schnell klar, dass hier kein Durchschnittslandwirt wohnt. «Lario Kramer, Schwinger», steht auf dem Auto vor der Tür. Der Gemüsegärtner aus Galmiz FR hat in den letzten Jahren vermehrt auf sich aufmerksam gemacht. 2018 sorgte er für die Sensation der Saison und gewann mit dem Stoos-Schwinget sein erstes Kranzfest. Und 2019 holte er sich am ESAF in Zug einen Kranz.

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Der grosse Chlapf

Auf der Schlussgeraden der diesjährigen Saison hat ihn ein Aus­senbandriss ausgebremst. «Im Training gab es plötzlich einen grossen Chlapf. Ich habe gleich gemerkt, dass etwas nicht stimmt», erzählt der 23-Jährige. Zehn Wochen ist die Operation mittlerweile her und Kramer wieder im Aufbautraining. Schwingen darf er noch nicht. «Ich will erst wieder in den Keller, wenn der Bewegungsradius wieder voll da ist.»

Seit seinem Lehrabschluss arbeitet Lario Kramer auf dem Betrieb seiner Eltern, zurzeit in einem 80-Prozent-Pensum. Ein Grund dafür ist der Sport. «Wenn ein Gemüsegärtner einen Schweizer mit mehr Lohn anstellt, dann erwartet der Chef eine gewisse Entlastung. Das kann ich nicht bieten», sagt der Sennenschwinger aus dem Schwingclub Kerzers. Grund: um 18 Uhr muss er los insTraining.

Erholung bei der Arbeit

Das Programm ist straff: Jeden Abend entweder Kraft-, Schwing-, Ausdauer- oder Athletiktraining, teilweise in Kirchberg BE. Auch am Samstag steht Training an. Am Sonntag ist während der Saison meist ein Schwingfest, im Winter ist das der Ruhetag. «Im Sommer reduzieren wir die Trainings auf etwa vier pro Woche.»

Obwohl Schwingen in den letzten Jahren immer professioneller geworden ist und Schwinger längst wie Spitzensportler trainieren, «ist es bei uns üblich, dass man einem Beruf nachgeht, auch an der Spitze». Ein Grund dafür sei, dass man den Kraftsport nicht stundenlang trainieren könne. «Nach zwei Stunden ist der Köper leer. Es klingt etwas blöd, aber ich erhole mich bei der Arbeit.»

Benannt nach italienischem Dorf

Der 40-Hektaren-Betrieb stammt aus der Familie von Vater Peter Kramer. Dieser bewirtschaftet ihn mit seiner Frau Lina und mit Lario – ohne Angestellte. Den ungewöhnlichen Namen hat der junge Mann von einem italienischen Dörfchen. Seine Mutter ist halbe Italienerin. Auch sein Bruder, ebenfalls Kranzschwinger, hat einen wohlklingenden Namen. Dorian ist Geflügelfachmann und arbeitet für den Futterhersteller Kunz Kunath im Aussendienst. 2006 hat die Familie die Milchkühe aufgegeben. Heute produzieren sie vor allem Lagergemüse (Zwiebeln, Rüebli, Kartoffeln, Indus­triebohnen) und Mastpoulets. In der 2018 gebauten Optigal-Masthalle haben zwischen 8000 und 12 000 Hühner Platz.

Lieber kein Gemurks

Als Kind habe ihn der Gemüsebau noch nicht so interessiert, erzählt Lario Kramer. «Ich fand es super, auf einem Bauernhof aufzuwachsen, aber ich habe lieber gespielt statt zu helfen. Auch das ‹Traktörle› hat mich erst später gepackt.» Das Interesse kam in der Oberstufe. «Ich bin gerne draussen und mag es, wenn die Kulturen schön kommen.» Ein Gemurks auf dem Feld mag er hingegen weniger.

Interesse an Agrarpolitik

In den vergangenen drei Jahren hat Lario Kramer die Weiterbildung zum Agrokaufmann absolviert. Das Studium weckte das Interesse an der Agrarpolitik. Vor den Abstimmungen über die Pflanzenbau-Initiativen war er angespannt. «Schliesslich ging es auch um die Existenz des Betriebs. Ich war immer hin- und hergerissen, einmal dachte ich, es wird bestimmt nicht angenommen, dann zweifelte ich wieder.» Man dürfe ja eigentlich keine Onlinekommentare bei «Blick» oder «20 Minuten» zur Landwirtschaft lesen, «aber manchmal habe ich es doch ­getan».

Velofahrer zeigen Vogel

Wenn Lario Kramer mit der Spritze unterwegs ist, hat er schon die eine oder andere Begegnung. «Da fährt schon mal einer mit dem Fahrrad hinter dir über den ‹Gmüespfad› und zeigt dir den Vogel.» Grundsätzlich ist er optimistisch. «Ds Buure wird in der Schweiz nicht aussterben, aber natürlich ist ein gewisser Druck da: Die Qualitätsnormen steigen tendenziell, gleichzeitig fallen immer mehr Mittel für den Pflanzenschutz weg.»

Dass er und sein Bruder dereinst den Betrieb übernehmen könnten, ist ein Thema, aber noch nicht konkret. «Unsere Eltern sind noch jung, aber natürlich wird der Betrieb irgendwie weitergeführt werden.» Sein Hauptfokus wird in den nächsten Jahren auf dem Schwingen liegen: «Ich will zur nationalen Spitze aufschliessen.»

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«Ich suche das Resultat»

Seinen Schwingstil beschreibt Lario Kramer als «eher offensiv»: «Ich versuche dem Gegner meinen Schwingstil aufzuzwingen und suche immer das Resultat.» Wichtig ist neben dem vielen Training die Ernährung. «Ich muss eher aufpassen, dass ich nicht zu leicht werde.» Falls er dieses Problem mit über 30 noch habe, sei es dann gut, meint er mit einem Lachen. «Mit Mutters Küche fährt man grundsätzlich nicht schlecht.»

Am liebsten ist ihm das Rüebli

Natürlich landen die Früchte seiner Arbeit auf dem Teller: «Ich mag alle Gemüse. Das gehört für mich einfach auf einen Teller.» Am liebsten isst er Rüebli, weil man «direkt auf dem Feld reinbeissen kann. Das ist ein Privileg.» Zu seinen Sponsoren gehört der Verband der Schweizer Gemüseproduzenten, für den er als Botschafter tätig ist.

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«Wir waren keine Schwingerfamilie»

Zum Schwingen kam er mit acht. «Wir waren keine Schwingerfamilie.» Mit dem Sport erstmals in Berührung kamen sie beim Besuch eines lokalen Schwingfests. «Meine Eltern dachten, das wäre doch etwas für unsere Buben.» Er war ein lebhaftes Kind und mass sich gerne mit Dorian, «natürlich im Rahmen».

Auf die Frage, was ihm bis heute am Schwingen gefällt, kommt die Antwort in Sekundenbruchteilen: «Alles!» Man sei im Ring zwar Einzelkämpfer, aber die Kameradschaft und das Fair Play gross. «Mann gegen Mann, wer ist der Stärkere, das fasziniert mich.»