Es ist Sonntag. Statt auszuschlafen und auf dem Sofa zu lümmeln, sind Sina Bucher (21) und Colin Kunz (23) aus Gibswil unterwegs ins benachbarte Wald, wo sie bei Landwirt Markus Cortesi ihre beiden Pferde eingestallt haben.

Carlito und Joel

«Das ist Carlito, ein zweieinhalb Jähriger Freiberger Hengst, den Sina zuerst noch einreiten muss», stellt Colin das eine Pferd vor. Zuerst war Carlito auf der Fohlenweide, das habe nicht funktioniert. Bei der Schwester mit ihren vier Stuten hätten sie ihn auch nicht einstallen können. Also haben sie Cortesi angefragt und versprachen im Gegenzug, auf dem Hof zu helfen. Das funktioniert gut. Da jedes Tier einen Artgenossen braucht, haben sie im Herbst (2022) Joel, einen Tinkerwallach, gekauft. Colin übt mit ihm schon Holzrücken.

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Im Sommer hat Colin Kunz eine Leitung von der Quelle zur Pferdetränke verlegt. In seiner Freizeit geht er mit dem Bergmäher und dem Twister Cortesi und andern Bauern bei der Futterernte am Steilhang helfen. Bei schlechtem Wetter oder in der Übergangsjahreszeit wartet Colin Kunz seine Maschinen oder er entwirft Sachen, um Arbeitsabläufe im Alltag zu vereinfachen.

Gefunkt hat es am Fasnachtsaball

Seit zwei Jahren wohnt das junge Paar in Gibswil. An der Fasnacht vor vier Jahren hat es zwischen den beiden gefunkt. Der Fasnachtsball fand in Schwyz statt, wo Sina aus dem Freiamt und Colin aus dem Zürcher Oberland per Zufall über Freunde von Freunden aufeinandertrafen. «Eigentlich hat uns niemand zugetraut, dass es so gut funktioniert», erinnert sich Sina. Aber es stimmt einfach.

Der Traum vom eigenen Hof

Sie haben einen grossen Traum, wollen unabhängig sein und selbstständig einen Hof bewirtschaften. Colin Kunz ist Landwirt EFZ und arbeitet in einer grossen Baufirma als Lastwagenchauffeur und Maschinist. Seine Freizeit nutzt er, um auf dem elterlichen Betrieb in Wald und bei den Landwirten in der Region auszuhelfen. «Es gibt immer jemanden, der mich anfragt, sei es zum Mähen oder allfällige Feldarbeiten , Holzen », sagt er und weiter: «Das erfüllt mich und macht mir Freude.» Dafür hat er den Twister mit dem Mähbalken angeschafft. Im vergangenen Sommer den Traktor, Jahrgang 1997, vom Vater übernommen, ein Schweissgerät gekauft und seine Werkzeugkiste weiter bestückt.

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Jede Idee wird umgesetzt

Beispielsweise konstruierte Colin Kunz einen Reisszahn und installierte ihn an Vaters Bagger, um Baumstrünke herauszureissen. Oder er stellte aus Altmetall eine Grillschale und einen Smoker her. Nächstens will er einen Mulcher anschaffen.

Sina Bucher ist tiermedizinische Praxisassistentin und arbeitet in einer Tierarztpraxis in Wald. Zurzeit absolviert sie die zweijährige Ausbildung Pferdeosteopathie, zusätzlich hat Sina auswärtige Berittpferde und gibt Reitstunden auf Joel. Auch nimmt sie an Turniere für Westernreiten teil. Neben den Pferden und dem Maschinenpark versorgen sie ihre Katzen und Meerschweinchen sowie ihre eigenen Hühner, die auf Colins Vaters Hof leben. «Das ist unsere Familie», lächelt Sina.

«Uns wäre schon geholfen, wenn wir als erstes eine Scheune mit Land pachten und in der Nähe wohnen könnten», sagt Sina Bucher. Dann könnten sie ihre Tiere und ihre Maschinen an einen Ort zusammenfügen. Jetzt müssen sie immer hin und her fahren. Wenn sie es mit dem Arbeitsweg verbinden können gibt es pro Tag sicher zehn Kilometer. Am Wochenende etwas mehr. Da sind es dann 16 Kilometer pro Tag. Um sich ihren Traum vom eigenen Hof zu erfüllen, haben sie bei Hofportal, der Vermittlungsstelle für ausserfamiliäre Hofübergaben, ihre Unterlagen hinterlegt und Inserate in der Tierwelt und Agrarzeitschriften geschaltet. «Bei vielen übernimmt ein Nachkomme den Hof. In anderen Fällen geht der Hof durch Zusammenarbeit mit dem Nachbar und/oder durch parzellenweise Verpachtung unter der Hand weg», bedauert Colin.

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Wünsche an die gute Fee

Den elterlichen Betrieb mit 40 ha und Milchwirtschaft werde sein Bruder mit EBA-Abschluss übernehmen. Für ihn, Colin, sei es einfacher, andernorts etwas aufzubauen. Schön wäre es, wenn er und sein Bruder zusammenarbeiten könnten, sodass Colin und Sina die Aufzucht übernehmen würden. Das muss aber nicht sein. Beide sind bereit für ihren Traum auch an einem neuen Ort zusammen neu anzufangen. Falls an Weihnachten die gute Fee vorbeikommt und ihnen drei Wünsche erfülle würde, was stünde auf der Wunschliste? «Einen Wunsch haben wir uns mit den Pferden und Hühnern schon erfüllt», sagt Sina. Aber Wünsche hätten sie schon noch:

  • «dass wir und unsere Tiere gesund bleiben», Sina
  • «keinen Ärger mit niemanden und sorgenfrei sein», Colin
  • «und dass wir einen Hof finden», beide.

Schneeräumen statt Reisen

Auf Reisen, wie es viele junge Leute in diesem Alter tun, verzichten sie gerne. «Erstens konnten wir das als Kind schon mit unseren Eltern und Geschwister machen und zweitens, niemand kann so mit unseren Tieren umgehen, wie wir das wollen und können.» Jeden Tag würde sie sich fragen, wie es den Pferden geht, sagt Sina und an Colin gerichtet: «Du müsstest dann deinen Werkzeugkoffer mitnehmen, damit du dich nicht langweilst.» Sie hätten schon beim Kennenlernen und Zusammenziehen darüber geredet. Beide seien zum Schluss gekommen, dass ihnen anderes wichtiger sei.

«Ferien sind für uns langweilig», schiebt Colin Kunz nach. Sina fliege nicht gern, mache lieber selbst alles, anstatt sich bedienen zu lassen – so wie er auch. «Höchstens, dass wir mit den Pferden Ferien machen – ab in den Jura beispielsweise», ergänzt Colin. Wie sie Weihnachten feiern werden, wissen sie noch nicht, denn, wenn es schneit, wird Colin am Schneeräumen im Zürcher Oberland sein.

Kontakt: Sina Bucher und Colin Kunz