Sorgen machen keine Ferien und begleiten uns das ganze Leben und das ganze Jahr über. Allenfalls kann man sie durch viel Arbeit, Sport etc. etwas in den Hintergrund drängen. Aber selten lösen sie sich von selbst und mit der Zeit einfach in Luft auf. Gut, ist das bäuerliche Sorgentelefon drei Tage pro Woche auch den ganzen Sommer über besetzt. Dort kann man seine Sorgen abladen. Anonym und niederschwellig für die Anrufenden.
Keine Stellungnahme zur AP
Präsident des bäuerlichen Sorgentelefons ist seit dem 1. Januar SVP-Nationalrat Hans Jörg Rüegsegger aus Riggisberg BE. Die Sorgen der bäuerlichen Bevölkerung sind ihm sehr wohl bewusst. Er fragte in der Frühjahrssession im Nationalrat den Bundesrat, welche Hilfsangebote in der AP 2030+ vorgesehen seien, wenn sich Bauernfamilien in schwierigen und ausweglosen Situationen befänden. «Laut Landwirtschaftsgesetz Art. 2 Bst. c ist nämlich festgelegt, dass der Bundesrat für eine sozialverträgliche Entwicklung der Landwirtschaft sorgen soll», begründet Rüegsegger den Vorstoss der BauernZeitung gegenüber. Von der Antwort des Bundesrats zeigt sich Rüegsegger enttäuscht. Dort hiess es: «Im derzeitigen Stadium der Arbeiten und Überlegungen ist es jedoch noch zu früh, um die konkret gestellte Frage nach den geplanten Hilfen zu beantworten.»
Eine Stellungnahme zur Vernehmlassungsvorlage zur AP 2030+, die im zweiten Halbjahr 2026 vorliegen sollte, werde das bäuerliche Sorgentelefon aber nicht abgeben, sagte Rüegsegger. Früher, zu Zeiten der Gründung des bäuerlichen Sorgentelefons, hat jeweils die Schweizerische Reformierte Arbeitsgemeinschaft (Srakla) Vernehmlassungsvorlagen durchgeackert und eine ausführliche sozial-ethisch begründete Stellungnahme abgegeben. Das war in den vergangenen zehn Jahren aber nicht mehr der Fall. Der Bekanntheitsgrad der Srakla sank rapide, sodass man sich zu einem Zusammenschluss mit dem bäuerlichen Sorgentelefon entschloss, was auf den 1. Januar 2025 auch vollzogen wurde. Der jetzige Vorstand des bäuerlichen Sorgentelefons besteht aus drei ehemaligen Srakla-Mitgliedern und drei Mitgliedern, die schon beim bäuerlichen Sorgentelefon im Vorstand waren.
Ziel des Vorstandes sei es, dass sowohl die katholische als auch reformierte Kirche im Vorstand gleichwertig vertreten seien, sagt Rüegsegger, und weiter: «Die Reformierte Kirche Bern, Solothurn, Jura und die Schweizerische Katholische Bauernvereinigung gehören zu den wichtigsten Akteuren und Partnern des Bäuerlichen Sorgentelefons.» Zusätzlich werde der Vorstand noch um eine Person erweitert, die das Ressort Öffentlichkeitsarbeit übernehmen werde.
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Preisentwicklung macht Sorgen
Das so neu aufgegleiste Sorgentelefon vollzieht auch einen Strategiewechsel. War es zu den Gründungszeiten wichtig, unabhängig von Verbänden oder Amtsstellen zu sein, strebt der Vorstand nun strategische Partnerschaften an. Auf Initiative von Hans Jörg Rüegsegger kam die erste dieser strategischen Partnerschaften mit dem Verein Faire Märkte Schweiz zustande. «Vermehrt meldeten sich beim bäuerlichen Sorgentelefon Bäuerinnen und Landwirte, die aufgrund der Preissituation um ihre Existenz bangen», begründet Rüegsegger die Zusammenarbeit. Auch seien weitere strategische Partnerschaften geplant, beispielsweise mit dem Schweizer Bauernverband.
«Strategische Partnerschaften bringen das Sorgentelefon und die Landwirtschaft weiter», fügt Rüegsegger an. Er hofft zudem, dass sich Landfrauenvereine, Landi Genossenschaften, Kirchgemeinden und Einzelpersonen vermehrt zu einer Mitgliedschaft entschliessen. Der Mitgliederbeitrag für juristische Personen beträgt Fr. 100.-, für Einzelpersonen Fr. 25.- «So hoffen wir unseren Bekanntheitsgrad zu erhöhen und die Spendenbasis zu verbreitern», so Rüegsegger abschliessend.
Punkto Spendenbasis noch eine Nachfrage: Die Reformierte Kirche Bern, Solothurn, Jura unterstützte die Geschäftsstelle der Srakla jährlich mit Fr. 20 000.-. Kommt dieser Beitrag nun dem Sorgentelefon zugute? «Die Reformierte Kirche Bern, Solothurn, Jura hat uns zugesichert, uns zu unterstützen. Der Beitrag wird aber tiefer ausfallen», ergänzt Hans Jörg Rüegsegger.