«Melker krank», «Kuh vermisst, Gemüt betrübt», «Suche eine Person, die einen 20-Punkte-Käse produziert», «Suche eine Person, die weiss, was eine ‹Trychel› ist» – diese Aussagen aus dem Publikum zeigen, wie schwierig es ist, jedes Jahr wieder genug Leute für die Alpwirtschaft zu finden, die anpacken wollen und die auch etwas von der Sache verstehen. Denn viele stellen sich einen Sommer auf der Alp anders vor, mit mehr Freizeit und mehr Ruhe.

Am 4. Forum Alpwirtschaft am Inforama Hondrich im Berner Oberland gab es wertvolle Tipps, wie man Alppersonal findet und wie man Älplerinnen und Älpler mehr als einen Sommer lang für die Alpwirtschaft begeistern kann. Unter der Leitung von Michael Feller von der HAFL in Zollikofen BE gab es nicht nur ein Inputreferat von Alexander Röösli, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HAFL, sondern es gab auch Anregungen aus der Praxis dafür, dem Personalmangel entgegenzuwirken.

Veränderte Lebenssituationen

«Die meistgenannten Gründe, dass das Personal nicht mehr z Alp gehen will, sind veränderte Lebenssituationen oder die Arbeitssituation auf den Alpbetrieben selber», fasst Alexander Röösli zusammen. Aber auch die Anstellungs- und Arbeitsbedingungen wie auch das Verhältnis zu den Alpverantwortlichen seien weitere Gründe, ob man der Alp den Rücken kehre oder nicht. «Viele wollen auch nur einen Sommer lang auf der gleichen Alp bleiben und im nächsten Jahr eine andere Region kennenlernen», weiss er. Damit man das Alppersonal so lange wie möglich behalte, könnten die Alpverantwortlichen folgendes tun:

  • Eine korrekte Anstellung
  • Das Personal einbinden
  • Eine Beziehungspflege auch nach dem Alpsommer
  • Leistungsprämien ausbezahlen
  • Flexibilität bieten
  • Bei Familien: beide Elternteile anstellen

Einiges dafür tun

Aber auch die Branche kann einiges dazu beitragen, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf den Alpen besser verstehen und sich besser finden lassen:

  • Gute Musterdokumente/Verträge
  • Anwendbarer Richtlohn/Mindestlohn
  • Lehrmittel/Lernvideos
  • Bildungsangebot für Alppersonal
  • Jobvermittlung für das Alppersonal
  • Förderung von Bildungsangeboten

In der Schweiz erfüllen so jedes Jahr über 17 000 Älplerinnen und Älpler, Hirtinnen und Hirten auf rund 7000 Alpbetrieben mit zirka 465 000 Hektar Alpwirtschaftsland und 300 000 Normalstössen ihre Dienste.

Um der Schwierigkeit zu begegnen, motiviertes und treues Alppersonal zu finden, hat die HAFL in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Verband (SAV) ein Forschungsprojekt lanciert. Dabei geht es primär darum, die Wissensgrundlage über alpwirtschaftliche und alpexterne Faktoren zu verbessern, die eine wiederkehrende Beschäftigung von Alppersonal unterstützen oder verhindern. An einer Online-Umfrage nahmen 366 Personen teil – die Antworten waren so vielfältig wie das Alppersonal selbst.

Miteinander auskommen

Dabei ist deutlich geworden, dass es auf der Alp vor allem eine zentrale Schwierigkeit gibt: Miteinander auszukommen. Jeden Sommer gibt es Anrufe wegen Konflikten. Ob die Auseinandersetzungen zunehmen oder ob sie schon immer so häufig waren, ist nicht klar. Jedenfalls sind sie ein Dauerthema. «Auf der Alp leben und arbeiten Menschen so eng zusammen, wie sie es sonst meistens nicht einmal mit ihren nächsten Familienmitgliedern tun», sagt Alexander Röösli. Wie die Kommunikation ablaufe, hänge stark von den Verhaltensmustern der Einzelnen ab: Können sie Konflikte offen ansprechen? Wie reagieren sie auf Kritik oder nehmen sie bestimmte Rollen ein? Ausserdem sei das Verhaltensrepertoire unter Stress stark eingeschränkt, beschränke sich oft auf Kämpfen oder Fliehen – also Streiten oder Abhauen. Darauf werde dann übers Alpofon ein Ersatz gesucht. Die «jungen Wilden», die zum ersten Mal z Alp gehen, haben es am schwersten: Sie stellen sich die Alp meistens als Idyll vor, gleichzeitig sind sie am unerfahrensten in der Arbeit.[IMG 2]

Einen Bubentraum erfüllen

Ein erfahrener Senn erklärt es gegenüber der BauernZeitung so: «Von Anfang an gibt es Spannungen, aber die unterdrückt man, weil man ja an einem Idyll arbeitet. Dann stauen sich die spannungen halt auf, und es kommt schliesslich zum grossen ‹Klapf›.» Lust aufs Kühemelken, Zäuneaufstellen, Grasmähen und Misten hätten halt ganz unterschiedliche Menschen, von Schülerinnen bis zu pensionierten Bauern, Reiseleiterinnen und Kulturschaffenden, Arbeitslosen und Hilfsbereiten. Auch seien Idealisten darunter, die dächten, das sei jetzt die Gelegenheit, sich ihren Bubentraum endlich zu erfüllen.

Wichtige Tipps aus der Praxis

Einer, der weiss, wie man Alppersonal findet und wie man es behalten kann, ist Daniel Bieri aus Unterseen BE. Bieri ist Mitglied im Bergrat der Alp Sefine, die zuhinterst im Lauterbrunnental liegt. Die Alp ist zweistafflig, und es werden unter anderem zirka 100 Kühe gesömmert. «Immer wieder finden wir unser Personal über unser Alppersonal selbst, sei es in dessen Verwandtschaft oder in dessen Umfeld», sagt Bieri. Aber auch über die sozialen Medien wie Facebook oder Instagram könne man Alppersonal rekrutieren. «Nicht nur die Arbeitsbedingungen oder der Zustand der Alp sind dabei Hauptfaktoren, ob jemand länger bleibt oder nicht», weiss er. Wichtig sei auf jeden Fall ein angemessener Lohn. «Auch auf der Alp arbeitet niemand mehr gratis», hält er fest.