Einst standen Dutzende von Kleinpressen in den Kellern und Trotten im Klettgau. Die Rebleute pressten damit die weissen Trauben und die vergorene Maische der roten Trauben. «Im vorletzten Jahrhundert gab es noch keine Kellereien wie heute, welche direkt die Trauben übernahmen und für den Endkunden in Flaschen abfüllten», führte der Weinhändler und Museumsmacher Erwin Gasser vor einer Woche bei der schlichten Eröffnung seines Pressemuseums in Hallau aus.
In der alten Kellerei
Doch bereits dazumal gab es in den Dörfern Weinhändler. Der Wein wurde in Weinwägen transportiert und danach in den Kellern der Gaststätten wieder in kleinere Fässer gefüllt. Alle die dafür benötigten Gerätschaften sind heutzutage wertvolle Zeitzeugen. In den letzten Jahren haben einige dieser Gegenstände den Weg nach Hallau zu Erwin Gasser gefunden. Sie können nun in der ehemaligen Kellerei bewundert werden. Wo einst bis zu jährlich 250 000 Liter Weiss- und Rotwein eingekellert wurden, stehen auf einem zusätzlich in den Keller eingezogenen Boden die wertvollen und eindrucksvollen Zeitzeugen, wobei fast alle Unikate sind.
[IMG 2]
«Sie sind Einzelstücke eines wertvollen Kulturguts aus der Zeit zwischen 1880 und 1930, die auch unsere Weinbaugemeinde prägte», sagte Erwin Gasser. Die Pressen wurden vielfach von örtlichen Gewerbebetrieben gebaut und haben in der Bauart viele Ähnlichkeiten bezüglich der äusseren Erscheinung mit dem massiv gebauten Trottbett, dem massiven Rahmen und Gitterrösten aus Holz. Gasser freut sich, dass ihm einige der Ausstellungsobjekte aus Privatbesitz für das Museum überlassen wurden.
Mit zweispännigem Fuhrwerk
Im Museum sind bekannte Marken wie Bucher-Guyer aus dem zürcherischen Niederweningen zu finden. «Die Presse trägt den Jahrgang 1901 und ist bereits seit 1975 in unserem Besitz», erklärte Erwin Gasser. Da sie auf Rädern steht, kam sie bis um 1960 zum Störpressen zum Einsatz. Auch taucht der Name «Rauschenbach» auf. Die Schaffhauser Fabrik baute einst Maschinen, darunter auch Dreschmaschinen.
Mittendrin steht auch das alte eisenbereifte Weinfuhrwerk, welches 1912 von der Wagnerei Erwin Schlatter und Schmied Jakob Schlatter gebaut wurde. Die drei Fässer mit 870, 600 und 970 Liter Fassungsvolumen wurden von der Fassküferei Hans Zimmerli geküfert. Auftraggeber war der Hallauer Landwirt und Weinhändler Wilhelm Erwin Gasser. «Mit diesem Fuhrwerk konnten rund 2400 Liter Wein transportiert werden», erklärte Erwin Gasser.
«Faulenzer» statt Bock
Damit brachten die Vorfahren von Erwin Gasser den Wein bis nach Zürich. Gewerbemässig wurde der Weinwagen in der Regel zweispannig mit schweren Belgiern eingesetzt, letztmals vor rund 80 Jahren. Im Gegensatz zum Bierfuhrwerk verfügte der Weinwagen über keinen Bock. Es war nicht angebracht, auf dem noblen und edlen Wein zu sitzen. Dafür verfügte er über einen seitlich angebrachten «Faulenzer», welcher als Sitzbrett genutzt wurde.
Von den vielen oft mehrtägigen Transportfahrten in die Region Zürich könnte das Fuhrwerk wohl manche Geschichte erzählen. Für dessen Ende sorgte schliesslich eine Lieferung in die Stadt Zürich, als ein Rad in die Tramschiene gelangte und dieses nur mithilfe der Feuerwehr wieder aus dieser misslichen Lage befreit werden konnte. Danach kam ein Jeep für den Weintransport zum Einsatz. Ab 1940 wurde der Weinwagen als prächtiger Botschafter für unzählige Festumzüge in der ganzen Schweiz eingesetzt. «Wo der Wagen auftaucht, wird immer ein guter Tropfen aus Hallau ausgeschenkt», so Gasser.
Faszinierende Technik
Bei der von Hand betriebenen Presse kommt das physikalische Hebelgesetz zum Tragen. Die Kraft muss dabei von der Deichsel auf die Spindel, die mit einem Gewinde ausgestattet ist, übertragen werden. Eine der ebenfalls bereits über 120-jährigen ausgestellten Pressen, welche von K. und F. Maier in Tägerwilen gebaut wurde und im Reitstall Huber in Buchthalen stand, verfügt gar über ein patentgeschütztes Pressengetriebe aus dem Jahr 1891. «Dies wird von Kuratoren als sehr einzigartig bezeichnet, dass man solche Einzelteile patentieren liess», hielt Erwin Gasser fest.
Pressemuseum Hallau
Leebenstrasse 28, Hallau. Öffnungszeiten: 21. Januar, 4. Februar, 17. März und 7. April jeweils von 14 bis 16 Uhr. 1. Mai von 14 bis 17 Uhr.
