«Ich bin ja nie hier, ausser zum Schlafen», entschuldigt Peter Stutzer den wilden Wuchs und die Ordnung ums alte, von viel Grün umrankte Haus und die baufällige Scheune bei der Schindelweid bei Haltikon ob Küssnacht am Rigi. Der 77-Jährige ist in der Tat dauernd unterwegs für seine grosse Leidenschaft: die Entwicklung und Vermarktung von Spezialmosten.
Viele Bäume gepflanzt
Kaum zugefahren von seinem externen Mostlager und das Auto schon wieder voll beladen, wechselt er nur kurz das T-Shirt, damit sein Logo denn auch gut ersichtlich ist beim ersten Fototermin bei den Hochstammbäumen. Viele habe er selber gepflanzt, nachdem ein grosser Sturm 1992 zahlreiche Bäume auf der Liegenschaft umgeworfen hatte, erzählt Stutzer.
Mosten für Restaurant
Schon als kleiner Junge habe er seinem Vater auf der Schindelweid beim Mosten geholfen, erklärt er seine ersten Kontakte zu Obst und Säften. Gelernt hat der Bauernsohn allerdings nicht Landwirt, sondern Bäcker. Später arbeitete er in Saisonstellen in der Gastronomie und betrieb bis 1992 nebenbei sogar einen Möbelhandel. Als Aushilfe im Restaurant Schwanau in Lauerz mostete er erstmals selber – für die Süssmostcreme passend zum Menü.
Von Bäcker zu Baumwärter
Als sein Vater 2001 verstarb, zog Peter Stutzer auf die Schindelweid; der Betrieb gehört seither der Erbengemeinschaft, an der er beteiligt ist. Die 5,5 ha Land sind an einen Nachbarbetrieb verpachtet. Hier entwickelte sich die Leidenschaft für Mostobst und Mosten, deshalb absolvierte er an der Landwirtschaftsschule in Pfäffikon Kurse als Baumwärter und Lohnmoster. So richtig engagiert habe er sich für die Mostobstverwertung nach seiner Pensionierung 2008.
Gutes Mostobstjahr
Auf der Schindelweid stehen inzwischen wieder 60 Hochstämmer und sogar 150 Säulenbäume. Glocken, Berner Rosen, Surgrauech, Boskoop, Egnacher und weitere Apfelsorten zählt Peter Stutzer auf. Und Wasserbirnen für den Most, Gelbmöstler und Theilersbirnen zum Brennen. Die Bäume pflegt Stutzer alle selber, dieses Jahr seien das Mähen und Spritzen wetterbedingt aber kaum möglich gewesen. Der Schorf ist denn auch an einigen anfälligen Sorten wie Berner Rosen deutlich zu sehen. Es werde aber ein gutes Mostobstjahr, wenn nicht noch ein Hagelwetter die Prognose beeinträchtige, sagt Stutzer. Nur gelegentlich, so zum Auflesen im Herbst, könne er auf Helfer zählen, aber eigentlich sei es schwierig, solche zu finden. Selbst Pensionierte hätten heute hohe Ansprüche: «Ich kann aber nicht Stundenlöhne von 30 Franken zahlen.»
Mit Säften tüfteln
Gemostet hat Peter Stutzer anfänglich auf der Schindelweid noch selber, mit zunehmenden Mengen liess er auswärts mosten, so in Mostereien in Beinwil und Maschwanden. Zweimal wöchentlich lässt er während der Saison mosten. Die Früchte und den Most transportiert er selber mit seinem Autoanhänger zu und von den Mostereien.
Das Experimentieren mit Säften habe ihn immer fasziniert, und so ist sein Sortiment immer grösser geworden. Ideen für Innovationen habe er sich jeweils auch an der «Fruchtwelt Bodensee», der zweijährlichen internationalen Messe für den Erwerbsobstbau geholt. Dort degustierte Stutzer vor Jahren auch einen Süssmost mit Cassis und kreierte zu Hause gleich selber einen solchen. «Ich wollte Spezialmoste machen, die es nur bei Stutzer gibt.» Anfänglich sei er belächelt worden, als er mit Spezialmosten startete, nun würden solche überall kopiert. Ganz neu bietet er eine Birnenschorle an. Ständig sei er auf der Suche nach neuen Kreationen und entwickle seine Moste weiter.
Verkäufer mit Leidenschaft
Inzwischen setzt er rund 40'000 Liter Most um, der stammt längst nicht mehr nur von Früchten der eigenen Bäume. Viel Mostobst kauft er von Bauern zu. Aber: «Ich will die Früchte sehen für meinen Most.» Fast täglich und das ganze Jahr hindurch ist Stutzer für die Vermarktung seiner Moste unterwegs. «Das Verkaufen und den Kontakt mit den Kunden liebe ich.» Und als Einmannbetrieb halte er alle Fäden selber in der Hand.
Alle Verkaufspunkte, Läden und Moststände beliefert er selber. Und das sind einige: Automaten in Brunnen, Auw und sogar mitten in der Stadt Zürich; Läden in Luzern, Weggis, Rotkreuz, Meggen, Udligenswil, Gisikon, Schongau, Stans, Hünenberg. Dazu zwölf offene Mosthüsli für «Bag in Box» in der ganzen Region. Und dann ist Stutzer persönlich, teils zweimal wöchentlich, teils nur monatlich, an Märkten in Bremgarten, Münsingen und Küssnacht. Dort bietet er neben den Säften ein erweitertes Sortiment an, welches er von Produzenten aus der Region je nach Saison zukauft. Von Beeren über Obst, Käse, Würste bis zu Konfitüren, eingelegten Früchten oder auch Edelbränden und Likören. Besonders gut sei es auf den Märkten während der Corona-Zeit gelaufen, nun werde wieder mehr in Läden eingekauft. «Wir sind zwar teurer, aber nirgendwo sonst gibt es frischere Gemüse, Beeren und Obst als auf Märkten.» Er verkaufe nur Schweizer Ware, betont Stutzer, immer mehr Konsumenten erkundigten sich nach der Herkunft.
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Moste ausgezeichnet
Der Mostobstabsatz, zumindest für seine Säfte, sei keineswegs rückläufig, im Gegenteil. «Wir produzieren jedes Jahr mehr, ich bekomme fast zu wenig Ware.»
Stutzers Spezialmoste sind inzwischen weit herum bekannt. Die beste Werbung sei ohnehin jene von Mund zu Mund, von Markt zu Markt, auch aufgrund seines quirligen Verkaufstalents, so Peter Stutzer. Zur Bekanntheit tragen auch die beiden Websites bei, die er von einem Kollegen erstellen liess. Darin wird über Stutzers Tätigkeit, das grosse Sortiment, die Verkaufspunkte und auch über die vielen Qualitätsauszeichnungen informiert. Regelmässig beteiligt er sich an Qualitätswettbewerben, regional und national. Zahlreiche Diplome sind Zeugnis seines Erfolges. Allein am diesjährigen Luzerner Qualitätswettbewerb holte er acht Gold- und drei Silber-Diplome.
Und wie geht es nun weiter, mit 77 Jahren? «Solange ich noch kann, mache ich weiter – und zwar richtig, nicht halbherzig, denn das funktioniert nicht», erklärt der rüstige Rentner. «Ich bin eigentlich auf der Suche nach einem Nachfolger, aber das ist nicht einfach.»
Ein grosses Sortiment
Peter Stutzer bietet Hochstamm-Süssmoste an: Reiner Apfel oder Apfel mit Cassis, mit Ingwer, mit Orange, mit Quitte, mit Birne, mit Holunder oder mit Kirsche. Schorle gibts mit Beeren (Brombeer-, Erdbeer- und Himbeersaft) oder neu mit Birne. Erhältlich ist auch Gärsaft. Ferner Apfel-Schaumwein Classic und Apfel-Schaumwein mit Holunder. Angeboten werden diese Säfte in Flaschen, einige sind auch in 5- und 10-Liter-«Bag in Box» erhältlich.