Jeden Mittag ist es das gleiche, wenn man in der Stadt essen gehen will, die grosse Frage: Wem geben wir heute eine Chance? Ganz ehrlich, von der Ernährung «echter Männer» haben die hier keine Ahnung. Zwar laufen die alle mit Bärten herum, aber mehr, weil es, wie sie sagen, «hip» ist und nicht, weil sie vor lauter Bäume fällen nicht zum Rasieren gekommen sind. Mich befällt bei dem Anblick höchstens die Angst vor Läusen.

Ganz anders als auf dem Viehschauplatz

So mag das Quartier hier zwar schigg sein, wenn es um einen alternativen Lebensstil in der Stadt geht. Aber mir fällt nicht nur kulinarisch jeweils die Umstellung von Kartoffelsalat und Bratwurst auf den Viehschauplätzen zum Löffelchen Quinoasalat auf einem Beet von gedünsteten Rüebli und einem Klecks Sauerrahm dazu schwer. Und komischerweise packt mich die Angst vor Läusen auch nie beim Kühescheren. Aber wenn der junge tätowierte Kellner, dessen Dusche defekt zu sein scheint, seine Rastas über meinem Quinoasalat schwenkt, und mir den Rest seiner letzten Zigarette ins Gesicht atmet, dann hört der Spass auf. Aber seit der Klimabewegung wollen die hier in der Stadt alle sparen. Wasser zum Duschen, Waschpulver um die Kleider zu waschen, Zahnpasta und Strom für die Schermaschine. Zurück zur Natur ist voll «in» und manch einer sieht hier auch so aus, als wäre er bald rückstandsfrei recycliert.

Ein gutes Stück Fleisch fehlt

Aber eben, richtig satt wird man hier als Landmensch nicht. All die modernen Körnchen und Kräutchen, die sie hierherfliegen um sie in homöopatischen Dosen über das Quinoasalätchen zu streuen, machen mich einfach nicht so zufrieden wie ein echtes Stück Fleisch von einer glücklichen Schweizer Kuh oder einem Schwein. Aber wenn ich mir all die Gesichter hier so ansehe, scheinen die vom Glücklichsein nicht viel zu verstehen.