Mit 100 Tieren ist die Familie um Renate und René Wettstein dieses Jahr von ihrem Hof in Rüti ZH zu ihrer Gemeindeviehschau gelaufen, was einem schönen Teil aller aufgetriebenen Tiere entspricht. Für die Original-Braunvieh-Züchterfamilie ist nicht die Rangierung der Tiere der Höhepunkt der Ausstellung, sondern der Hin- und Rückweg zwischen Schauplatz und Heimbetrieb.
Chlopfe oder Bisse für die Viehschaukühe
Mit rund 50 grossen und 30 kleineren, sogenannten Tschäppeln werden die Horntiere jeweils geschmückt, dazu trägt jedes Tier um den Hals eine Chlopfe oder Bisse, was zu einem eindrücklichen Hörerlebnis führt. Die Tschäppeln, also den Blumenschmuck der Tiere, macht die Familie Wettstein selber. «Unsere Viehausstellung findet alternierend jeweils am zweiten Samstag im Oktober entweder in Rüti oder in Dürnten statt», erklärt Bäuerin Renate Wettstein.
Blumen für einen Laib Alpkäse
Am Donnerstag vor der Ausstellung sei sie jeweils fast den ganzen Tag unterwegs, um Blumen und anderes benötigtes Material zu organisieren. «Ich bekomme die Blumen von einem regionalen Gärtner zu einem Vorzugspreis, besser gesagt für einen Laib Alpkäse», so Renate Wettstein weiter. Sie selber sei zwar auch leidenschaftliche Gärtnerin, ihre eigenen Blumen würden aber nie ausreichen. Am Freitag dann kämen rund acht bis zehn Frauen aus dem Bekannten- und Verwandtenkreis auf den Hof. Den ganzen Tag werde – gesamthaft über 60 Stunden – am Kopfschmuck gearbeitet. «Für meine Frauen und mich ist das jeweils ein sehr geselliger Anlass mit Znüni, Zmittag und Zvieri.»
[IMG 2]
Traggestell der Tschäppeln selber entwickelt
Als Traggerüst für die grossen Tschäppeln dient ein hölzernes Grundgestell in Form eines Melkstuhls, welches jedes Jahr wieder benutzt werden kann. Auf diesem wurde ein harter Schaumstoff angebracht, wo die Blumen mittels speziellen Blumen-Agraffen fixiert werden können. Damit diese Agraffen auch halten, wurde über den Schaumstoff eine Lage Klauenpflegeband geklebt. «Mein Mann René hat das Traggestell entwickelt und über die Jahre immer wieder verbessert», erinnert sie sich.
Enormer Aufwand für den Blumenschmuck
Das Ganze sei ein Lernprozess gewesen. Als sie im Jahr 1999 erstmals mit einzelnen geschmückten Kühen an die Ausstellung gingen, hätten diese auf dem Schauplatz bereits den grössten Teil der Blumen verloren gehabt. Mittlerweile hat sich Renate Wettstein viel Wissen angeeignet, welches sie auch schon an andere Landfrauen weitergegeben hat. Die Zürcher Bäuerin wurde zudem schon angefragt, gegen Entschädigung den Blumenschmuck für andere Viehsenten zu erstellen, verzichtete aber darauf. «Würde ich den ganzen Aufwand verrechnen, gäbe das einen horrenden Betrag. Das möchte ich nicht. Zudem fehlt mir auch die Zeit dafür.»
Geschmückte Alpabzüge mit den Wettstein-Kühen
Über 100 Stück Original Braunvieh, wovon 80 Kühe, stehen im Stall des Betriebes Platten. Über die Sommermonate werden aber alle Kühe auf verschiedenen Alpen in unterschiedlichen Regionen gesömmert. Auch bei den jeweiligen Alpabzügen lassen es sich die Wettsteins nicht nehmen, ihr Vieh zu schmücken. Auf Alpen in St. Antönien GR, im Weisstannental SG oder im nidwaldnischen Emmetten zieht das geschmückte Vieh der Familie Wettstein mit dem anderen Alptieren in die Dörfer.
30 Helfer für Schautag
Nicht nur Renate und René Wettstein sind davon begeistert, mit geschmücktem Vieh «zu fahren», auch ihre Kinder Tobias, Fabian, Katja und Sarina machen mit Freude mit. Zudem helfen auch Kollegen und Kolleginnen der Kinder am Viehschautag und unterstützen die Familie. «Wir haben dazu auch langjährige erfahrene Helfer, ohne die es nicht möglich wäre, mit so einer grossen Viehherde auf den vielbefahrenen Strassen zu gehen», betont Renate Wettstein. Gegen 30 Personen treffen jeweils am Viehschaumorgen zeitig im Stall ein. Zu dritt wird jedem Tier der Blumenschmuck montiert, eine Glocke umgehängt und dann wird es auf die Weide vor dem Stall geführt. Der grösste Teil des Glockengeläuts ist im Besitz der Familie, einige Bissen werden auch von Bekannten eingemietet.
[IMG 1]
Hektik auf Strassen fordert die Helfer
Nach einem feinen Zmorgä gehts dann Richtung Schauplatz. Zwei erfahrene Helfer gehen dabei voraus. Diese schliessen wo nötig Absperrungen ab und regeln den Verkehr. «Das Ganze ist schon anspruchsvoll, denn auf den stark frequentierten Strassen herrscht vielfach Hektik», betont die Bäuerin. Sie sei immer etwas angespannt. Die vielen positiven Reaktionen von den Zaungästen entlang der Strassen seien aber Freude und Motivation zugleich. Die gelebte Tradition werde sehr geschätzt und vor allem bei ausländischen Zuschauern sorge die geschmückte Herde für grosse Bewunderung.
Gesund wieder von der Schau nach Hause kommen
Auf dem Schauplatz angekommen, wird der Schmuck abgenommen, um ihn im Anschluss zur Schau wieder anzulegen. So um 15.30 Uhr zieht das ganze Sentum wieder in Richtung des Heimbetriebs Platten. Findet die Schau in Rüti statt, dauert das Heimfahren 45 Minuten, von Dürnten aus gut eine Stunde. «Auch im Anschluss an die Schau gibt unser Helferteam vollen Einsatz, sodass wir nach einem langen Tag um 19 Uhr im Stall die Lichter löschen können.» Obwohl sie sich immer auf den grossen Tag freut, ist Renate Wettstein auch stets froh, wenn Mensch und Vieh wieder gesund zu Hause sind.
