Welch wunderschöne Sprache ist doch unser Berndeutsch. Immer wieder begeistert mich die enorme Wortvielfalt und ich freue mich darüber, wenn mir plötzlich lange vergessene Wörter einfallen oder solche zu Ohren kommen. Heisst es nun aber «Spinnhuppele» oder Spinnwuppele»? Beides ist möglich. Aber solche Diskussionen führen wir nicht selten am Küchentisch und jedes Einzelne ist natürlich der Überzeugung, dass es nur eine «richtige» Sprache gibt, nämlich die seine.
Die Geschichte vom «Frösch»
Meine Mutter hat uns das Znüni für die Schule immer in einem «Lödli» eingepackt und bei uns im Bernbiet quakt «e Frösch u nid e Frosch». Meine Schwester, die mit ihrer Familie im Kanton Aargau lebt, musste der Schul-Logopädin einst erklären, dass ihr Sohn keinen Sprachfehler hat, wenn er von einem «Frösch» erzählt, sondern, dass sie es hier vielmehr mit einem Berner Hüpftier zu tun hatte.
Der Trick, wie Kinder zum Lismen begeistert werden können
Kennt ihr das Wort «Gwunderchlungele» auch? Unsere Mutter schenkte uns Schwestern in der Schulzeit manchmal einen solchen Überraschungswollknäuel. Früher, als wir noch weniger mit Süssigkeiten übersättigt waren, freuten wir uns sehr über diese süsse Besonderheit. Unsere Mutter rollte jeweils einen ganzen Wollknäuel sorgfältig von Hand auf und packte dabei immer wieder kleine Schöggeli und andere Leckereien mit ein. Sie erhoffte sich etwas mehr Begeisterung und Ausdauer beim Stricken, was ihr damit meist auch gelang. Denn es war für uns spannend, zu sehen, welche Süssigkeit als Nächstes aus dem Garn befreit wurde.
Die Anglizismen stören
Heute schleichen sich immer öfter englische Ausdrücke in unseren Wortschatz und ich mache mir ernsthaft Sorgen, ob die nächste Generation solche Wörter, wie eben «Spinnwuppele» noch kennt. Lauert die Spinne in Zukunft in einem «spider web» auf ihre Beute – oder wird sie amänd «networken» –, nur weil es halt so cool tönt? Sprache muss nicht cool sein, sondern echt. Sie ist ein Teil unserer Kultur. Es wäre sehr schade um den Verlust unserer einzigartigen Dialekt-Vielfalt und um fehlende Sprachdiskussionen am Küchentisch.
Die Hoffnung für folgende Generationen
Auch unser Leben kommt mir manchmal vor wie eine «Gwunderchlungele». Niemand kann wissen, welche Überraschungen es für uns bereithält. Und das ist gut so. Ich hoffe für unsere jüngere Generation, dass sie, trotz rasant fortschreitender Technik und Forschung, noch viel Unvorhergesehenes erleben darf. Wenn ich von dieser App höre, die den Eltern erlaubt, den Standort ihrer Kinder ständig überwachen zu können, dann hoffe ich einfach, dass solches nicht überhandnimmt. Kinder sollten «gwundrig» bleiben und eigene Fehler machen dürfen. Manches unbedingt auch ohne Mitwissen der Eltern.
Was eine Maus in der Küche mit der Strick-Karriere zu tun hat
Die Geschichte der «Gwunderchlungele» aus meiner Kindheit fand ein abruptes Ende. Eines Morgens bestand der Wollknäuel im «Lismerchörbli» nur noch aus einem Haufen Wollstückchen und leeren «Schoggipapierfötzeli». Eine freche Maus hatte ganze Arbeit geleistet. Dies war das Ende der Extra-Schoggi-Zeit und wohl auch meiner «Lismerkarriere».