«I has doch nume guet gmeint …» Wie oft haben wir diesen Satz schon gehört oder vielleicht selbst leicht irritiert gesagt – nämlich dann, wenn das Gegenüber nicht so auf unser Handeln reagiert, wie wir dies erwarten.
Zuhören würde Wunder bewirken
Ein Bekannter von uns – nennen wir ihn Fränzu – ist der König aller «Ich-weiss-was-dir-gut-tut-Kenner». Ungefragt weiss Fränzu, welche Ausbildung für unsere Kinder richtig ist, er kennt sofort den besten und einzigen Arzt, wenn schon nur die Katze «echli schilet». Ohne einmal zuzuhören, verordnet er jedem die «richtigen» Lebensstrategien. Ein Gutmensch eigentlich, denn er meint zu wissen, was für alle das Beste ist. Und doch meiden viele seine Gesellschaft, weil sie diese ewigen «Übergriffe» nicht mehr ertragen. Fränzu macht es seinem Umfeld trotz grosser Hilfsbereitschaft schwer, ihn zu mögen. Ich hoffe, auch er wird noch lernen: Von den Mitmenschen geliebt zu werden, «das cha me äbe nid verordne.»
Unsere oft vorschnelle Reaktion auf Gehörtes wird nicht selten zu handfesten Ratschlägen, die wir dann dem Gegenüber grosszügig um die Ohren hauen. Es gibt uns ein gutes Gefühl, weil wir die für uns scheinbar perfekte Lösung präsentieren konnten. Oder wir übernehmen für andere Aufgaben, ohne sie zu fragen, ob diese Hilfe auch wirklich erwünscht ist. Das Problem ist, dass wir damit auch gleich das Denken für sie übernehmen, und das kommt in der Regel nicht gut an.
Ratschläge sind nicht anderes als Schläge mit Worten
Bei Ratschlägen (oder eben Schlägen mit Worten) wird gerne vergessen, dass Menschen sehr verschieden und daher meine und deine Bedürfnisse oder Gefühle nicht dieselben sind. Nur weil diese eine Therapeutin mir «bi mine Bräschte» geholfen hat, heisst es noch lange nicht, dass sie auch für andere richtig ist.
Kinder hinfallen lassen, ist wohl die grösste Kunst von Eltern
Bei den eigenen Kindern sehe ich es als grösste Herausforderung, mich mit guten Ratschlägen zurückzuhalten. Es gelingt mir nicht immer. Wir Eltern denken doch gerne, dass wir unsere Kinder am besten kennen und genau wissen, was ihnen guttut. Oft besser als sie selbst. Wir dürfen ihnen aber niemals die Chance nehmen, zu lernen, ihren eigenen Weg zu finden. Dies auch im Wissen, dass sie hinfallen können. Wenn wir ihnen dann vielleicht beim Aufstehen helfen dürfen, dann haben wir als Eltern wohl nicht alles falsch gemacht.
Es braucht nicht immer eine Antwort
Es ist eine Kunst, aktiv zuzuhören, auch einmal eine Geschichte im Raum stehen zu lassen und nicht gleich eine Antwort bereit zu halten. Das Erzählen allein kann oft schon viel zur Selbstfindung einer Lösung beitragen. «I has doch nume guet gmeint …». Dies schon nur denken zu müssen, zeigt eigentlich, dass wir uns für etwas rechtfertigen, das eben nicht als «gut» wahrgenommen wurde. Kürzlich sagte mir jemand: Das Gegenteil von «gut» ist «gut meinen». Es hat was – nicht immer – aber halt manchmal schon.