Von Anfang September 1973 bis Ende Oktober 1974 absolvierte ich mein zweites Landwirtschaftslehrjahr bei Robert Meyer auf dem Wellberg in Grosswangen. Damals begann die Lehre jeweils im November, aber weil dem Lehrmeister ab September eine Arbeitskraft fehlte, startete ich auf seinen Wunsch zwei Monate früher in mein zweites Jahr auf seinem Hof.

Vom Meister gelernt

Die Lehrlingsprüfung schloss ich am Ende in allen Fächern mit guten Noten ab, wie man auf dem Bild sieht. Beim Fach Ackerbau musste ich laut Programm in Alberswil auf dem damaligen Schulgutsbetrieb Burgrain auch ein paar Furchen mit dem John Deere 2120 und dem Zweischarpflug ziehen. Am Vorabend hatte sich mein Lehrmeister Zeit genommen, um mit mir zu üben.

Er stellte den Pflug ein, liess mich fahren, korrigierte die Einstellungen und mahnte: «Ändere nichts an den Einstellungen, sonst kommt es schief.» So setzte ich am Prüfungstag den Pflug auf dem Acker ein, korrigierte gar nichts an den Einstellungen, zog die acht befohlenen Furchen und wurde nach ein paar Fragen mit der Note 5,5 im Fach Ackerbau belohnt.

Lange Arbeitstage und nur eine Wurst

Das Lehrjahr auf dem Wellberg mit 40 Milchkühen im Anbindestall, mit Handentmistung und Eimermelkanlage bedeutete tägliche harte Arbeit für alle und besonders für uns Lehrlinge. Während meiner Lehre baute Robert Meyer den Kuhstall auf Schwemmentmistung um, natürlich unter anderem mit tatkräftiger Mithilfe von meinem Mitlehrling Sepp und mir.[IMG 2]

Die Arbeitstage waren lang, die Tischordnung beim Essen strikte. Mittags, als Heidi, die Frau des Chefs, eine Platte mit Würsten servierte, gab sie den Tarif durch: «Die Würste sind abgezählt, nicht dass einer zwei Würste nimmt, wie es ein Lehrling letztes Jahr wagte. Weil damals eine Wurst fehlte, musste sich der Letzte nur mit Kartoffeln begnügen.» Sepp und ich lästerten später auf der Baustelle, dass es schlimm um den Meister stünde, wenn er wegen einer Wurst verlumpe!

Von früh bis spät

Täglich waren wir Lehrlinge hungrig, denn die Arbeitstage begannen jahraus, jahrein um fünf Uhr in der Frühe und endeten abends um halb sieben, manchmal arbeitete man noch ein paar Stunden zusätzlich.

Um meine Mühsal abzukürzen, verkündete ich eines Abends nach dem Nachtessen meinem Chef, dass ich Ende August mit der Lehre aufhöre, denn ich hätte ja auch zwei Monate früher begonnen. «Deine Lehre dauert bis Ende Oktober und so lange bleibst du hier», befahl mein Lehrmeister in einem barschen Ton. Ohne die Vorbereitungen auf seinem Hof würde ich an der Lehrlingsprüfung keine genügende Note schaffen, drohte er mir, denn in der Praxis sei ich noch nicht prüfungsreif. So heruntergeputzt hätte ich aufrecht und mit Hut auf dem Kopf unter dem Türspalt rauslaufen können!

Der Aufwand zahlt sich aus

Ab sofort folgte das Extraprogramm für den Lehrabschluss: Ich musste dem Chef Kassenbuch und Betriebsheft präsentieren, beides am Abend nach harter Arbeit und sogar am nächsten freien Tag verbessern, täglich eine Kuh von Hand melken und am Traktor die Servicearbeiten erledigen. Dank diesem Lernschub resultierte ganz am Ende eine gute Durchschnittsnote von 5,4. Weiter lernte ich, dass man Zeiten mit gestressten Chefs und auch mit nur einer Wurst täglich gut überleben kann.