Sie sind ein Stück Tiroler Kultur am Scheltenpass: Die Tux-Zillertal-Rinder von Roman Ackermann und Sandra Mächler aus Ramiswil. «Als ich an einer Viehauktion die Rasse zum ersten Mal sah, war ich begeistert von den schönen Kühen», erinnert sich der Landwirt. Mittlerweile leben rund 50 Tiere der seltenen Rinderrasse auf seinem Landwirtschaftsbetrieb Guldenthal.
Nur noch 30 Tiere blieben übrig
[IMG 2] Der robuste Körperbau der Tux Zillertal, ihr kurzer Kopf und die starke Bemuskelung verraten die nahe Verwandtschaft zu den Eringern. Äusserlich unterscheiden sie sich von diesen aber durch die weisse Zeichnung übers Kreuz, am Bauch und am Schwanz. Diese weissen Passagen spalteten vor vielen Jahren die Walliser Züchtergemeinde: Die Halter von weiss gefärbten Tieren wurden nach Osten vertrieben, daraus entstand später die Rasse Tux Zillertal.
Damit wechselte das Zentrum der Haltung, nicht aber das kampflustige Temperament der Tux-Rinder. Dieses sorgte dafür, dass die Rasse in den 70er-Jahren bis auf 30 Tiere fast komplett ausgerottet wurde. Ihr Fortbestehen verdankt sie einigen Liebhabern, welche mit viel Leidenschaft und Stolz die Population nach und nach wieder aufgebaut hatten. Heute sind in der Schweiz rund 160 Tiere aus 12 Herden registriert, Tendenz leicht steigend.
100 Prozent Gras und Heu
Von Kampffreude ist in Ackermanns Herde nichts zu spüren. Die Tiere sind handzahm und lassen sich vom Landwirt auf der freien Weide streicheln. Er ist überzeugt von den Vorteilen der Tux Zillertal: «Die Rasse ist robust, anspruchslos und passt einfach bestens auf unseren Betrieb.»[IMG 3]
Dort, auf 750 Metern über Meer, beginnt die Weidesaison Anfang Mai. Ab dann sind die Kühe und ihre Kälber bis Mitte Oktober Tag und Nacht draussen. Die Winterfütterung besteht zu 100 Prozent aus Heu und Emd, Kraftfutter gibt es auf dem Betrieb keines. «Unsere Strategie ist es, möglichst viel aus den Heuflächen zu holen», meint Ackermann. Dafür setzt er eine Warmluftbelüftung ein, um Dürrfutter in bester Qualität zu produzieren.
Land- und Gastwirtschaft vereint
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Betriebsspiegel Guldenthal
Betriebsleiter: Sandra Mächler und Roman Ackermann
Fläche: 40 ha LN, davon 8 ha Pachtland; 40 ha Wald.
Viehbestand: Ca. 20 Mutterkühe mit Kälbern der Rasse Tux. Zillertal, 5 bis 10 Rinder zur Weiterzucht, 1 bis 2 Stiere aus eigener Nachzucht.
Gastronomie: Gastwirtschaft mit A-la-carte- und Bankettservice, Übernachtungsmöglichkeit mit Zimmern und Massenlager.
Mitarbeiter: 2 Festangestellte, Aushilfen in der Gastwirtschaft.
Trotz ihrer Anspruchslosigkeit wird die Robustrasse wohl eine Nische bleiben, vermutet er und erklärt: «Die Kälber passen nicht so gut in die grossen Fleischlabels.» So setzt er im Guldenthal auf Direktvermarktung. Im betriebseigenen Verarbeitungsraum werden die Fleischstücke verarbeitet, verpackt und in Mischpaketen verkauft. Mit ihrer Tochter Gabi, gelernte Fleischfachfrau Feinkost und Veredelung und seit April auf dem Betrieb angestellt, können sie auf eine Expertin im Haus zählen.
Einen weiteren Teil des Tux-Fleisches verwenden sie in der Gastwirtschaft, welche den zweiten grossen Betriebszweig darstellt. Nebst dem A-la-carte-Service im Restaurant bieten sie auch Bankette für Hochzeiten, Familienfeste oder Gruppenanlässe an. In der 2018 renovierten Gastwirtschaft finden rund 90 Personen Platz, bei gutem Wetter können weitere 60 Personen in der Gartenwirtschaft bedient werden.
Die Gäste wissen, woher das Fleisch kommt, das wir ihnen servieren. Das wird sehr geschätzt.
Sandra Mächler, ist verantwortlich für die Gastwirtschaft auf Guldenthal.
Sie vermutet, dass der freie Blick auf die Kühe, ihre Kälber und den Stall wohl auch der Grund sei, weshalb nur selten kritische Fragen zur Landwirtschaft auftauchen. «Die Leute sehen, dass es den Tieren gut geht, sie einen sauberen Stall haben und gepflegt sind. Das ist für viele das Wichtigste.»
Um alle Arbeiten auf dem Betrieb und in der Gastronomie unter einen Hut zu bringen, braucht es eine klare Arbeitsteilung. «Roman ist draussen der Chef, ich drinnen», meint Sandra Mächler. Herrsche aber in der Gastwirtschaft Not an Mann, müsse auch der Landwirt kurzerhand in der Küche anpacken. «Dafür helfe ich bei Stall- und Feldarbeiten mit», ergänzt sie schmunzelnd. In Spitzenzeiten können sie zudem jederzeit auf ihre ältere Tochter Sonja zählen, die auswärts als Hauswartin tätig ist.
Bio ohne Ertragseinbussen
[IMG 5] Auf den zusätzlichen Arbeitsaufwand durch die Bioproduktion angesprochen, zeigt sich Roman Ackermann gelassen. Bereits vor der Zertifizierung durch Bio Suisse sei das meiste Unkraut mechanisch bekämpft worden. Die Umstellung, welche 2018 begann, habe sich demnach vor allem auf die Düngungsplanung ausgewirkt. «Früher fuhr ich mit dem Düngerstreuer, heute setze ich Gülle und Mist gezielter ein», erklärt er. So versucht er, jegliche Ab- und Ausschwemmung von Nährstoffen zu verhindern. Bei stark vernässten Böden oder Niederschlag stehe die Güllepumpe somit still. Dies sei sicher auch ein Grund, weshalb er bis anhin keine Ertragseinbussen verzeichnen musste, vermutet der Landwirt.
Die biologische Produktion und die Ausrichtung des Grünlandbetriebs hätten auch dazu beigetragen, dass die Familie bis jetzt kaum von den neuen agrarpolitischen Entwicklungen betroffen sei. «Mit der momentanen Ausrichtung der Agrarpolitik waren wir den Massnahmen bis jetzt einen Schritt voraus», überlegt Ackermann. Obwohl diese in Richtung Extensivierung zeige, sollte man sich aber auch andere Optionen offen lassen, betont er und fügt an: «Wir müssen die Möglichkeit behalten, wenn es nötig wird, wieder intensiver produzieren zu können.»