Symbolträchtig im verwurzelten Baumhaus auf dem vielseitigen, innovativen und wertschöpfungsstarken Betrieb Neuhof fand der letzte der sechs Kurstage zum Thema «Bewusst unternehmen» statt.

«Wir wollen vor allem erfahrene Betriebsleiterpaare ansprechen, damit sie sich Zeit nehmen für eine Standortanalyse und bei Bedarf für einen strategischen Prozess für betriebliche innovative Veränderungen», meinte Beda Estermann vom BBZN Hohenrain, der die Weiterbildung zusammen mit Corin Bühler vom BBZN Schüpfheim leitete. Die Beratung stelle fest, dass sich viele Betriebsleitende aufgrund der Belastung in ihrem Berufsalltag leider nicht die nötige Zeit nähmen für die strategischen Überlegungen in ihren Familienunternehmen.

Analysieren und realisieren

Am ersten Tag wurde eine Betriebsanalyse und persönliche Analyse mit Stärken-Schwächen-Profil erarbeitet, am zweiten Tag stand unternehmerisches Denken im Mittelpunkt, später ging es um Zielsetzungen und Strategieentwicklung für individuelle konkrete Projekte.

Dann wurden die Betriebe besucht, mit gegenseitiger Strategieüberprüfung. Und am Schlusstag Ende August wurden die weiteren Handlungsschritte besprochen, damit die erarbeitete Strategie zum Laufen kommt. Zudem referierte Andrea Bieri vom BBZN Schüpfheim zum Thema Resilienz (Kasten). Seine Erwartungen seien erfüllt worden, meinte Estermann zum Abschluss der erstmals durchgeführten Weiterbildung. Sehr positiv sei auch der gegenseitige Austausch gewesen. «Die entstandene Dynamik in der Gruppe war sehr wertvoll.»

Das bestätigten auch die Kursteilnehmenden selber. Es sei sehr befruchtend gewesen, die Situation, Meinungen und betrieblichen Visionen der anderen kennenzulernen, und sie lobten auch die inspirierenden Referate. «Das gemeinsame Erarbeiten von Strategien hat uns gemeinsam vorwärts gebracht.»

Unterschiedliche Situation

Die gut ein halbes Dutzend Kursteilnehmenden hatten sehr unterschiedliche persönliche und betriebliche Voraussetzungen: ein vielseitiger 14-ha-Betrieb mit Milch, Mastschweinen, Ackerbau, Obst, Eiern, der nun stärker in die Direktvermarktung einsteigen will. Ein 19-ha-Milchwirtschafts- und Schweinemastbetrieb mit Agrotourismus, SchuB und Bed and Breakfast, welcher künftig noch mehr auf Dienstleistungen setzen will. Dann ein 26-ha-Betrieb mit Zuchtschweinen in einem neuen Stall, der effizientes Arbeiten ermöglicht, aber auch mit Milchkühen in einem alten Anbindestall, wo nun ein Scheunenneubauprojekt ansteht, nachdem Ideen wie Einstieg in den Gemüsebau oder in die Direktvermarktung verworfen worden sind.

Er sei hier, um die Betriebsführung seit der Übernahme vor zwölf Jahren kritisch zu hinterfragen und allenfalls Veränderungen einzuleiten, meint X zu seiner Motivation. Eine Aussensicht auf seinen Betrieb erhofft sich Bauernpaar Y, welches den Betrieb vor zwanzig Jahren übernommen hat und sich nun bestätigt fühlt, bei der Milchwirtschaft zu bleiben und dafür zu investieren. «Man muss sich vom Alltag lösen und sich Zeit nehmen für strategische Fragen.»

Wissen, was zu tun ist

Erst vor kurzem den 6,5 ha kleinen, extensiv geführten Betrieb mit einigen Mutterkühen und Mastkaninchen übernommen hat Landwirt Z, der vor allem auswärts arbeitet, weil zu Hause sein noch rüstiger Vater tätig ist. Er wolle sich inspirieren lassen, wie sich Betrieb und Nebenerwerb unter einen Hut bringen liessen, wenn er nicht mehr auf die Mithilfe des Vaters zählen könne.

Kurse im nächsten Winter

Die Swot-Analyse habe ihnen geholfen zu erkennen, welche der vielen Ideen für die Zukunft realisierbar seien, erklärte Bauernpaar B. «Wir wissen jetzt, was wir zu tun haben», sagten gleich mehrere der Teilnehmer. Sie empfehlen den Kurs Bauernfamilien, welche offen für Veränderungen sind und ihre bereits bestehenden Ideen auch mit anderen besprechen wollen.

Im kommenden Weiterbildungsprogramm soll der Mehrtageskurs «bewusst unternehmen» wieder ausgeschrieben werden und von November 2023 bis Mai 2024 stattfinden.

Resilienz ist lernbar

Die Komfortzone des Alltags zu verlassen und sich und seinen Betrieb zu verändern, sei nicht einfach, meinte Andrea Bieri vom BBZN Schüpfheim. Sie rief dazu auf, sich selber den Spiegel vorzuhalten, um sich zu erkennen und resilienter zu werden. Darunter wird gemäss Definition die Fähigkeit verstanden, Herausforderungen unter Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen zu meistern und als Anlass für Entwicklung zu nutzen. Resiliente Menschen könnten mit Druck und Belastungen umgehen und nach Phasen der Anspannung wieder ihr inneres Gleichgewicht finden. Resilienz bedeute nicht, Probleme zu verdrängen und sich einen Schutzmantel überzuziehen, sondern Schwierigkeiten zu akzeptieren und aus belastenden Situationen gestärkt hervorzugehen. Resilienz sei ein lebenslanger Lernprozess, und die vielen Faktoren dafür sollten bewusst im Alltag beachtet werden, riet Bieri. Dazu gehören: Kreativität, Akzeptanz, Selbstverantwortung, Zukunftsorientierung, Achtsamkeit, Lösungsorientierung, Netzwerkorientierung und Optimismus. «Glaubt daran, dass Situationen im Leben beeinflussbar sind, und macht das Beste daraus.»