Traktorenfabrik International Harvester Company in Chicago 1935: Der Werkführer des Strickhofs, Walter Schmid, filmt die Herstellung von Landmaschinen. Sentenhof in Muri AG, 1940: Der Bauer Franz Ineichen filmt, wie Steine und Findlinge von einem Acker geräumt werden. Am Genfersee, Mitte der 1970er-Jahre: Der Obstbauer Pierre Bovey macht Aufnahmen der Weinlese für seinen neusten Film.
Links zu den im Artikel erwähnten Filmen finden Sie unten am Ende dieses Artikels.
[IMG 2]
Heute digital zugänglich
So unterschiedlich diese Beispiele sind, so vielfältig sind die Filme, welche Bauern und Bäuerinnen im letzten Jahrhundert gedreht haben. Was diese Filme gemeinsam haben: Sie sind heute digitalisiert und online zugänglich.
Von den 1920er- bis in die 1970er-Jahre sind unzählige Filme über die Landwirtschaft hergestellt worden. Die meisten davon wurden von professionellen Filmschaffenden gedreht, oft im Auftrag von Behörden, Verbänden und Firmen aus dem landwirtschaftlichen Bereich. Die Amateurfilme, welche Bauern und Bäuerinnen selbst gedreht haben, zeigen die Perspektiven der bäuerlichen Bevölkerung.
Viele Filme produziert
Die Liste der Bauern und Bäuerinnen, die nebst und zuweilen auch während ihrer Arbeit gefilmt haben, ist lang. Neben den eingangs erwähnten Personen hinterliessen auch der Zuchwiler Bauer Willy Gerber oder der Agronom und zeitweilige Geschäftsführer der Kommission Schweizerischer Viehzuchtverbände, Ernst Aegerter, umfangreiche Filmbestände.[IMG 3]
Dazu kommen Waadtländer Bäuerinnen um Augusta Gillabert-Randin und Françoise Fonjallaz, welche in den 1920er-Jahren zwar nicht selbst filmten, ihre Arbeit aber in einem von ihnen beauftragten Film dokumentieren liessen. Sie waren damit für einen der ersten Filme über die Landwirtschaft überhaupt verantwortlich.
Unterschiedlich verwendet
Mehrere Personen aus dem Agrarbereich sind gefragte Filmschaffende geworden. Roland Muller etwa war für die Eidgenössische Alkoholverwaltung (EAV) als Inspektor im Wallis tätig und drehte für diese Mitte der 1950er-Jahre auch einen Film über den Kartoffelbau in den Walliser Bergen.[IMG 4]
Der Film kam so gut an, dass Muller in Eigenregie – ohne Auftrag durch die EAV – zahlreiche weitere Filme herstellte. Die EAV zeigte auch diese Filme, die mehrmals ausgezeichnet wurden, im Beiprogramm der Vorführungen ihrer eigenen Filme.
Während Roland Muller oder der Waadtländer Pierre Bovey ihre Filme in aufwendigen Verfahren geschnitten, montiert und vertont haben, sind viele andere Amateurfilme, beispielsweise die Filme von Ernst Aegerter oder Willy Gerber, unbearbeitet. Die Ursachen für diese Unterschiede liegen in den verschiedenen Verwendungszwecken der Filme. Bovey und Muller haben ihre Filme auch öffentlich vorgeführt.
Die meisten Amateurfilme waren hingegen vor allem für den Gebrauch im privaten Rahmen vorgesehen. Dieser Rahmen konnte allerdings durchaus auch die eigene Schulklasse oder die Hauptversammlung eines Vereins mit einschliessen, wie sich am Beispiel von Walter Schmid zeigt. Er hat den Film über seine Amerikareise bis zu seiner Pensionierung jeder Klasse auf dem Strickhof einmal gezeigt und kommentiert.
[IMG 5]
Viel Wissen sichern
Bis in die 1970er-Jahre waren die meisten Amateurfilme stumm, weil die benutzten Kameras keinen Ton aufzeichneten. Das hatte auch Vorteile, boten die Stummfilme doch die Möglichkeit, dass sie bei der Vorführung kommentiert werden konnten. So blieb der Kommentar immer aktuell und konnte an das jeweilige Publikum angepasst werden, zumal sich dieses immer wieder für andere Aspekte interessierte.
[IMG 6]
Mit dem Ableben der Person, welche den Film gedreht hat, verschwindet allerdings auch die «lebendige Tonspur». Dadurch geht viel Wissen über das Gefilmte verloren. Umso wichtiger ist es, dass rechtzeitig möglichst viel Wissen über den Filminhalt schriftlich festgehalten wird. Die Überlieferung nicht nur der Filme selbst, sondern auch von Informationen über deren Inhalt, Entstehung und Verwendung, ist ein wichtiger Aspekt der Filmarchivierung.
Wenn die filmende Person nicht mehr lebt, ist es oft schwierig, die vorkommenden Orte und Personen zu erkennen. Nur dank unserer Kenntnisse über die Person von Walter Schmid konnten wir beispielsweise feststellen, dass er auch in einem Film von Franz Ineichen vorkommt, der sich genauso wie Schmid für die Motorisierung der Landwirtschaft interessierte – zu einer Zeit, als die Traktoren wegen fehlender Motorenleistung hangaufwärts teilweise noch von Pferden und Ochsen gezogen werden mussten. Auch das zeigen die Filme von Ineichen aus den 1940er-Jahren.
Alle in diesem Artikel erwähnten Filme sind über das Filmportal des AfA zugänglich.
Den «Amerikafilm» von Walter Schmid finden Sie hier.
Franz Ineichens «Getreidefilm» können Sie hier sehen.
Der Film «Pomme, pomme, pomme...come une musique» ist hier verfügbar.
Haben oder kennen auch Sie Filme zur Landwirtschaft aus den 1920er- bis 1970er-Jahren? Dann melden Sie sich beim Archiv für Agrargeschichte (info@agrararchiv.ch), um zu erfahren, wie Sie die wertvollen Quellen sichern können.