Vergangene Woche war es wieder soweit: Jeweils am 1. April werden zahlreiche Pachten angetreten, Parzellen- und Gewerbepachten. Meistens laufen diese gut, aber nicht immer. Gleich mehrere Reaktionen bei der BauernZeitung gab es auf Berichte in der Fachzeitschrift «die grüne», worin Beispiele von guten Verhältnissen zwischen Pächter und Verpächter beschrieben wurden. Es gebe durchaus andere Fälle, meldeten mehrere frustrierte Pächter.
Das Loslassen bereitet Mühe
So wurde von einem Fall aus der Ostschweiz berichtet, wo eine junge Bauernfamilie mit Kindern, vorher angestellt beim Eigentümer, die Gelegenheit bekam, den Betrieb zu pachten. Eigentlich hätte der Betrieb gar verkauft werden sollen, die Nachkommen des Eigentümers sträubten sich aber und drängten auf eine Verpachtung. Die wurde denn auch positiv gestartet, mit viel Freude und grossem Engagement seitens der Pächterfamilie. Allerdings konnten sie dem alternden Verpächter, der in der Nähe wohnt, nichts recht machen. Das dauernde Reinreden vor Ort und Kritisieren belastete den Pächter sehr stark. «Inzwischen ist die Pächterfamilie frustriert und erträgt die Situation kaum mehr, es droht eine Eskalation», berichtet eine benachbarte Bäuerin gegenüber der BauernZeitung. Der Pächter selber möchte anonym bleiben. Sie kenne einige Fälle in der Region, «viele Pächter schweigen aber, aus Angst vor einer Kündigung», meint Bäuerin E. (Name der Redaktion bekannt). Ursache der Probleme sei meist, dass Verpächter nicht loslassen wollten oder sich gegen nötige Investitionen sträubten.
Ein kleiner Stammbetrieb mit Zupacht
Von einem andern Fall wurde aus dem Aargau berichtet, der betroffene Pächter ist mit Namen und Bild bereit, seine Situation publik zu machen. Mit 23 Jahren konnte Junglandwirt Alex Simmen in Künten im April 2018 eine Gewerbepacht übernehmen, weil der Besitzer altershalber einen Pächter suchte.
Dieser Stammbetrieb ist zwar nur 8,1 ha gross, inzwischen bewirtschaftet Simmen aber dank Zupacht 20 ha, hält 27 Kühe, zwölf Rinder und betreibt Ackerbau und Agrodienstleistungen.
Nur eine Rudimentäre Beurteilung
Inventar und Fahrhabe seien vor dem Pachtantritt von einem Schätzer leider nur rudimentär beurteilt worden, bedauert Alex Simmen im Nachhinein. «Wir hatten eben Vertrauen zueinander.» Und schliesslich sei der Pachtvertrag ja von der zuständigen Amtsstelle genehmigt worden. Anfangs wurde mit dem Verpächter noch zusammengearbeitet. Als Alex Simmen jedoch von der zugesagten Betriebsleiterwohnung Gebrauch machen wollte, seien die Diskussionen losgegangen. Mit dem Verpächter sei das Zerwürfnis inzwischen sehr gross. «Es wurde in der Tat zu wenig geregelt und zuviel Vertrauen geschenkt, man kannte sich eben schon mehrere Jahre», ist sich Pächter Alex Simmen nachträglich bewusst. Er bedauert, nicht vorher mehr insistiert zu haben, dass auch genaue Details niedergeschrieben werden. Jetzt sei es sehr mühsam.
Der Verpächter gibt keine Ruhe
Erschwerend sei, dass sein Verpächter auf dem Betrieb wohne, ständig vorbeikomme, dreinrede, Räume beanspruche und ihm gar die vertraglich versprochene Betriebsleiterwohnung immer noch verwehre. «Ich wünsche mir nur, in Ruhe gelassen zu werden». Ebenfalls wurden schon Berater hinzugezogen, jedoch ohne Erfolg. Inzwischen würden nur noch die Anwälte beider Parteien miteinander sprechen. Die Pacht wurde schon zweimal als gekündigt ausgesprochen, «aus weit hergeholten Gründen. Das wird natürlich nicht akzeptiert», betont Simmen.
Teils falsche Vorstellungen
Es bestünden bei Pachtantritt teils falsche Vorstellungen auf beiden Seiten, meint Markus Gfeller, Geschäftsleiter der Aargauischen Landwirtschaftlichen Kreditkasse (ALK), der Kenntnis von einigen Problemfällen hat. Wenn auf Ideen beharrt werde, die nicht klar vorher ausdiskutiert wurden, so könne es zu grossen Differenzen kommen. Häufig seien es weiche Faktoren, die sich eben nicht klar auf dem Papier regeln liessen. Umso wichtiger sei es, sich Zeit zu nehmen, sich sehr gut kennenzulernen und die gegenseitigen Vorstellungen intensiv kundzutun und auszudiskutieren. «Pächter und Verpächter müssen einander spüren und gegenseitig Vertrauen haben.» Gfeller weiss von Fällen, wo Pächter das Gefühl hätten, sie seien der Chef und könnten nun alles bestimmen. Das Pachtrecht sei sehr gut, aber die Pächter müssten wissen, dass sie der Gast auf einem Betrieb sind. «Das Eigentum gehört dem Eigentümer.» Wer das nicht einsehen wolle, ziehe irgendeinmal den Kürzeren, und sei es erst nach einem Rechtsstreit. «Wenn man nicht miteinander auskommt, wird der Pächter gehen müssen, nicht der Eigentümer.»
Konsens zur Inventur nötig
Es genüge auch nicht, sich auf Berater und Schätzer zu verlassen. Gerade wenn zum Wert des Inventars unterschiedliche Vorstellungen zwischen den Parteien herrschen, brauche es einen Konsens. «Wenn ein Berater diese heisse Kartoffel aber nicht berühren will, sprich keine klaren Preise festgelegt werden, so sind Konflikte vorprogrammiert», weiss Gfeller. Dasselbe gilt, wenn die Parteien Verträge unterschreiben, mit deren Inhalt sie nicht restlos einverstanden sind oder die sie nicht restlos verstehen. Dabei gehe es nicht immer nur ums Geld. Streitereien könne es beispielsweise auch um den Zugang zu einer Werkstatt geben. So, wenn der Verpächter noch auf dem Betrieb wohnt und einige Kompetenzen und Materialien behalten möchte. «Es braucht immer zwei Streitende», weiss Gfeller. Wenn ein Pachtvertrag ohne klare Regelungen unterschrieben werde, so könne das zu Problemen führen.
Vollverpachtung gut prüfen
Wenn kein Hofnachfolger vorhanden sei, soll grundsätzlich die Entwicklungsfähigkeit des Betriebes kritisch beurteilt werden. «Die Vorstellung, dass es doch so weitergehen soll wie bisher, ist nicht immer realistisch», sagt Markus Gfeller. So sollten in kritischen Fällen durchaus eine Betriebsauflösung und allenfalls eine Parzellenverpachtung geprüft werden, statt eine Gewerbeverpachtung durchzusetzen. «Auch die Pächter sollten keine falschen Vorstellungen haben, nur weil der Markt für Pachtliegenschaften ausgetrocknet ist», erklärt Gfeller.
Reorganisation beim Verband
Beim Schweizerischen Pächterverband (SPV) gab es Ende Februar einen Führungswechsel. An der DV trat nach sieben Jahren Präsident Peter Kistler zurück. Weil aufgrund der aktuellen Situation beim Verband verschiedenste Kompetenzen gefragt seien, wurden die Pflichten des Präsidentenamtes auf zwei Personen auf-geteilt, heisst es in der Medienmitteilung. Ad interim für ein Jahr wurden Stefan Schöpfer, Präsident des Luzerner Pächterverbandes, und Gilles Cretegny, Präsident des Waadtländer Pächterverbandes, zu Vizepräsidenten gewählt. Mathias Gerber, Präsident Mutterkuh Schweiz, wurde als Präsident einer Arbeitsgruppe eingesetzt, für eine Analyse und Entwicklung neuer Organisationsformen des SPV.