Ein Landwirt will seinen Hausplatz teeren. In den letzten Jahren haben die Starkregenereignisse zugenommen. Mehrere Male hat es ihm den Naturbelag vom Hausplatz abgeschwemmt. Auch der Weg, der vom Hof zur Hauptstrasse führt, hat stets grosse Pflegemassnahmen nötig, schliesslich fährt hier alle zwei Tage der Milch-Lastwagen durch. Erstellt wurde der schmale Weg in einer Zeit, als noch mit Fuhrwerken transportiert wurde. Dieser Winter hat nun das Nötige dazu beigetragen, dass der Bauer etwas ändern will. «Jetzt muss die Teermaschine her», denkt er. Den direkten Anruf beim Bauunternehmer kann er sich aber erst einmal sparen.
Berns Landschaftsbild
«Zonenkonforme Zufahrten und Plätze sind baubewilligungsfähig», erinnert Bruno Mohr, Vorsteher Abteilung Bauen beim Kanton Bern. Dort wird die Zonenkonformität durch das Amt für Landwirtschaft und Natur des Kantons Bern im Baubewilligungsverfahren beurteilt. «Zonenkonform landwirtschaftlich genutzte Wege dürfen so ausgebaut werden, dass sie von den schweren Nutzfahrzeugen, die dort zum Einsatz kommen, befahren werden können. Die Befestigungen müssen sich aber gut ins Landschaftsbild einordnen», ergänzt er.
Wann passt etwas zur Landschaft?
Und genau das ist der springende Punkt. Wann ordnet sich etwas ins Landschaftsbild ein und wann eben nicht? Gute Resultate liessen sich in der Regel mit Kies- und Mergelbelägen in zwei Fahrspuren und einem begrünten Mittelstreifen erzielen, erklärt Mohr. Bei besonderen topografischen Verhältnissen, beispielsweise in starken Steigungen oder engen Kurvenradien im Gefälle, dürften diese partiell auch befestigt werden, zum Beispiel mit Betonfahrspuren. Der Einmündungsbereich von Wegen in eine Gemeinde- oder Kantonsstrasse dürfe in der Regel sogar geteert werden, wenn damit der unerwünschte Schmutzeintrag in die Hauptstrasse verhindert werden könne. «Eine vollflächige Asphaltierung wird daher nur selten gewährt, wenn sie aus Gründen der Bodenhaftung bei starken Gefällen erforderlich ist», führt der Amtsvorsteher weiter aus.
Es braucht immer eine Baubewilligung
Einfach eine Teermaschine zu bestellen, weil einem der Kragen ob den Naturbelagsschäden platzt, ist also kein guter Plan, denn: Ausserhalb der Bauzonen braucht es immer eine Baubewilligung. «Schweizweit gilt das Raumplanungsgesetz (RPG) und die Raumplanungsverordnung (RPV). Innerhalb des Kantons Bern sind das Baugesetz (BauG), die Bauverordnung (BauV) sowie das Bewilligungsdekret (BewD) zu beachten. Massgebend sind auch die Entscheide der Einsprache- und Beschwerdeinstanzen, welche die oben erläuterte Praxis bestätigt haben», erklärt Bruno Mohr weiter. Bern ist mit dieser Praxis also keine Ausnahme. In den anderen Kantonen tönt es ähnlich, aber doch nicht ganz gleich.
Aargau will gleiche Beläge
Im Aargau ist es gemäss den «Empfehlungen zur Gestaltung und Eingliederung von landwirtschaftlichen Bauten in die Landschaft» ein Ziel, dass bei der Umgebungsgestaltung möglichst wenig unterschiedliche Beläge verwendet werden. Die Oberflächenversiegelung soll sich auf das Hofinnere beschränken. Thomas Gremminger von der Abteilung Landschaft und Gewässer im Departement Bau, Verkehr und Umwelt konkretisiert, dass eine Hofzufahrt mit Hartbelag erstellt werden darf. Hingegen sollten Feldwege möglichst mit Naturbelag versehen sein. In den letzten Jahren seien dort auch vermehrt Betonspuren bewilligt worden, so wenn diese steil oder stark befahrenen sind. Hofplätze würden individuell beurteilt. Ein gewisser Minimalbedarf an befestigtem Raum werde zugestanden, so auch zum Manövrieren mit Maschinen. Gremminger verweist auch auf die Gewässerschutzauflagen, also dass Waschplätze und Betankungsplätze versiegelt sind. Grundsätzlich sei es aber schon ein Ziel, dass möglichst wenig Hofraum mit Hartbelag versehen sei.
Luzern ist etwas moderater
Im Kanton Luzern gilt gemäss Wegleitung für das Bauen ausserhalb Bauzonen, dass landwirtschaftliche Erschliessungsstrassen und Bewirtschaftungswege grundsätzlich als Kieswege zu erstellen sind. Spurwege und Hartbeläge können nur in Ausnahmefällen erstellt werden.
Vorsicht im Naturschutzgebiet
Eine Hofzufahrt bei landwirtschaftlichen Gewerben könne hingegen grundsätzlich mit Hartbelag versehen werden, sagt Daniel Albisser von der Dienststelle Raum und Wirtschaft (Rawi). Erhöhte Anforderungen für Zufahrten gibt es allenfalls in Natur- und Landschaftsschutzgebieten oder Moorlandschaften. Da sei es auch schon vorgekommen, dass es zu einem Rechtsstreit kam und nur ein Spurweg realisiert werden konnte.
Keine überdiemensionalen Plätze
Hofplätze um die Gebäude könnten in der Regel befestigt werden. Wenn nachträglich Wege und Plätze einen Hartbelag erhalten, müsse die Situation im Einzelfall geprüft werden, ob eine nachträgliche Bewilligung erteilt werden könne. In Einzelfällen von überdimensionierten Plätzen habe auch schon der Rückbau verfügt werden müssen, erklärt Albisser.
Zürich mag wenig
Ein Blick noch weiter Richtung Osten zeigt, auch die Zürcher haben lieber keinen Belag. «Basierend auf Art. 16a RPG und der langjährigen Rechtsprechung erfolgt immer eine fallspezi-fische Prüfung, ob ein Vorha-ben betrieblich notwendig ist. Grundsätzlich gilt: so wenig wie möglich neu zu versiegeln», sagt Markus Pfanner von der Baudirektion Zürich. In Graubünden wird zudem noch geprüft, ob ein Interessenskonflikt besteht, also ob zum Beispiel das Wanderwegnetz durch die Asphaltierung beeinträchtigt wird.
Hofplätze gehen hier
Wenn auch die Praxis in den verschiedenen Kantonen nicht identisch ist, so sind da doch deutliche Übereinstimmungen. Grundlage der Praxis in den Kantonen sind RPG und RPV. Was dort steht, scheint aber bewusst oder unbewusst den kantonalen Raumplanungsämtern viel Spielraum zu lassen. Denn, wer bestimmt, wann ein Platz überdimensioniert ist? Wer sagt, wie viel Platz eine Maschine zum Manövrieren braucht? Oder wer schätzt die Auswirkungen auf Raum und Umwelt und damit die gute Einbindung ins Landschaftsbild ab?
Ein Gummiartikel
Der Landwirt, der seinen Hofplatz mit Zufahrtsstrasse teeren will, wird hier «Opfer» eines vagen, nicht abschliessend aufgezählten Gesetzesinhalts. Er wird, unabhängig seines Wohnkantons, als Einzelfall behandelt und daher fallspezifisch geprüft. Dabei spielt die bisherige Praxis eine entscheidende Rolle. Ist er Luzerner, hat er Glück und kann vielleicht seinen nicht überdimensionierten Hofplatz ums Gebäude teeren. Ist er Berner, hat er Pech, dort würde das Teeren nicht ins Landschaftsbild passen.
Manchmal wird ein Rückbau verlangt
Die Praxis zeigt, dass viele Bauern spätestens hier aufgeben und auch mal den Weg der Illegalität wählen oder sich aber mit dem Naturbelag abfinden. Aber Vorsicht: Wer ohne Baubewilligung einen Platz oder eine Naturstrasse befestigt, läuft Gefahr, dass daraus ein Rückbau und ein Strafverfahren resultieren.