«Wie kann man sich wehren?» Das war die meistgestellte Frage am Kurs, den SBV Agriexpert in Brugg durchführte. Es ging um Eigentumseingriffe an landwirtschaftlichen Grundstücken durch Velowege, Strassen, Bahngleise, Leitungen, Mobilfunkanlagen, Deponien, Trafostationen oder Windräder. Die Liste ist schier endlos.

Bauten im öffentlichen Interesse können Gemeinden, Kanton, Bund, die SBB oder Elektrizitätswerke bis hin zu Enteignungen durchsetzen. Verhindern liessen sich solche Vorhaben kaum, hiess es seitens Agriexpert. Das ist ernüchternd. Aber man könne dafür sorgen, dass man gerecht entschädigt werde. Zu entschädigen sind die Nachteile, die dem Landwirt durch den Eigentumseingriff erwachsen. Dazu gehört der Wert des Lands, Mindererträge, Bewirtschaftungserschwernisse und allfällige Folgeschäden.

«Meistens gibt es aber Verhandlungsspielraum, was das Projekt betrifft», sagte Martin Goldenberger, Leiter Agriexpert. Die ersten Pläne seien meistens zu Ungunsten des Grundeigentümers. «Die Verwaltung geht mit einer Maximalvariante in die Planung», sagte er. Aber es gebe in den meisten Fällen Punkte, wo beispielsweise eine Verwaltung bereit sei, Zugeständnisse zu machen.

Einsprache und Rechtsschutz

«Eine Einsprache kann ein Druckmittel für bessere Vertragsbedingungen sein, beispielsweise Realersatz oder günstigere Vertragsbestimmungen bei Durchleitungsrechten», doppelte Agriexpert-Jurist Michael Riboni nach und erinnerte an die relativ kurzen Einsprachefristen. Dabei seien Bauernfamilien, die eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen haben, besser für Einsprachen gerüstet. «Weil durch die Einsprache keine Kosten entstehen», sagte Riboni.

Bei der Einsprache kann man nachfragen, ob Alternativen geprüft worden seien. Braucht es beispielsweise einen Veloweg auf beiden Seiten der Strasse? Muss dieser so breit sein? «Aber es ist klar, dass es jeweils Aspekte gibt, wo die Gemeinde auf keinen Fall zurückstecken will», ergänzte Martin Goldenberger. Zugleich mahnte er: «Unterschreibt bei Dienstbarkeiten keinen Blankocheck.» Mag die Entschädigungssumme für Masten, Leitungen oder Mobilfunkanlagen auch noch so gross und beeindruckend sein, solle man sich nicht blenden lassen. «Meistens liegt der Hund anderswo begraben – beispielsweise in der Vertragsdauer», sagte er. Michael Riboni erklärte: «Werke verstecken oft eine unbeschränkte Enteignungsdauer in den Vertragsentwürfen. Aber es gibt kein Recht auf ewig.»

  • Zeitdauer: Für Dienstbarkeiten bei Stangen, Masten, Überleitungen, Erdleitungen und Schächten sollte im Vertrag eine Frist auf 25 Jahre begrenzt werden. In besonderen Fällen und bei Enteignungen kann auch eine 50-jährige Entschädigungsdauer vereinbart werden – dabei muss die Entschädigungssumme höher sein. Nach 25 Jahren soll neu entschädigt werden. «So hat auch die nachfolgende Generation etwas davon», sagte Goldenberger.
  • Präzise Beschreibung: Wichtig sei, dass die Art der Leitungen präzise beschrieben sei und Breite, Länge, Umfang, zugehörige Installationen, Spannung der Leitung etc. genau festgehalten sind.
  • Kulturschaden: Dazu zählen nicht nur entgangene Erträge und Direktzahlungen, sondern auch Sachschäden wie defekte Wasserleitungen oder Drainagen, Ertragsminderungen wegen verdichteter Böden oder Kosten von allfälligen Nachsaaten.
  • Umtriebsentschädigung: «Lasst euch den zeitlichen und administrativen Aufwand entschädigen», legte Martin Goldenberger den Kursteilnehmern nahe. Bei Verträgen für Stangen, Masten, Schächte oder Über- und Durchleitungen gilt eine Mindestpauschale von Fr. 139.– für den Umtrieb beim Vertragsabschluss und Fr. 150.– für die Teilnahme an der Beurkundung.
  • Rückbau: Im Vertrag muss stehen, dass die Kosten des Rückbaus der Werkeigentümer übernehme. Auch solle die Wiederinstandstellung des Kulturlandes entschädigt werden.
  • Gerichtsstand: Als Gerichtsstand soll im Vertrag der Ort der gelegenen Sache festgehalten werden und nicht beispielsweise der Firmensitz des Elektrizitätswerks.
  • Nachrüsten: Für Mobilfunkanlagen gilt eine Dauer von zehn Jahren. «Im Vertrag darf keine einseitige Verlängerungsoption stehen», so Riboni. Soll eine Mobilfunkanlage nachgerüstet werden oder bei Erdleitungen ein zusätzliches Kabel verlegt werden, muss auch das zusätzlich entschädigt werden.

Gewässerräume und Umzonung

Es gibt Spezialfälle, wo in der Regel keine Entschädigung fliesst. Das ist bei Gewässerräumen der Fall. Allfällige Nutzungseinschränkungen des Ackerlands seien durch die Direktzahlungen (Biodiversitätsbeiträge) abgegolten, hält das Bundesamt für Umwelt in einer Arbeitshilfe fest.

Auch ist es so, dass seit einem Bundesgerichtsentscheid vom vergangenen Herbst Grundeigentümer bei Baulandauszonungen nur in Ausnahmefällen Schadenersatz erhalten. «Es ist davon auszugehen, dass Bauland, das während 15 Jahren nur landwirtschaftlich genutzt wurde, bei einer Auszonung nicht entschädigt wird», hielt Michael Riboni fest. «Man geht das Risiko einer entschädigungslosen Umzonung ein, wenn man eine Baulandparzelle für die Miterben des Hofübernehmers sozusagen aufbewahrt», ergänzte Martin Goldenberger. Zum Abschluss gab es noch einen Tipp: «Durchleitungs-, Wegrechte etc. sind Dienstbarkeiten und im Grundbuch festgehalten», sagte Goldenberger. Der Grundbucheintrag wird nach Vertragsende nicht automatisch gelöscht. «Sorgt dafür, dass der Grundbucheintrag gelöscht wird – dann sind die Grundstücke auch bei einer Hofübernahme oder einem Verkauf nicht belastet», riet er.

Weitere Informationen

Steuerliche Albträume vermeiden

Grundsätzlich sind alle Einkünfte aus Dienstbarkeiten steuerbar. Je nachdem, ob die Liegenschaft Geschäfts -oder Privatvermögen darstellt, werden sie aber unterschiedlich besteuert. Bei Landwirten stellt das Landgutvermögen meistens Geschäftsvermögen dar. Die Einkünfte aus Einnahmen von Rechten, Dienstbarkeiten und Entschädigungen werden als Ertrag aus selbstständiger Erwerbstätigkeit besteuert.

Durchleitungsrechte werden häufig über eine längere Zeit (25 Jahre) einmal entschädigt. Damit diese Einnahme nicht in einem Jahr zur Besteuerung gelangt, kann sie durch eine sogenannte passive Rechnungsabgrenzung (Rückstellung) auf 25 Jahre aufgeteilt oder satzbestimmend versteuert werden.

In unserem föderalen System hat jeder Kanton bei der Besteuerung von einmaligen und regelmässigen Einkünften seine Eigenheiten. Es lohnt sich, vor der Unterzeichnung eines Vertrags die steuerlichen Konsequenzen abzuklären. So lässt sich vermeiden, dass Entschädigungen zu einem steuerlichen Albtraum werden.

Marco Senn, Bereichsleiter Treuhand, Agriexpert