«Wie kommt ein Wiener hierher?», frage ich verwundert, als ich die Herkunft des Käsers auf der Alp Stössi hinten im Maderanertal erfahre. «Meistens mit dem Zug», scherzt Florian Steininger. Der studierte Volkswirtschafter und selbstständige Unternehmensberater aus der österreichischen Hauptstadt, heute 53-jährig, hat vor vier Jahren in Visp VS die Käsereischule absolviert und geht seither den Sommer über auf Schweizer Alpen käsen.

Ausgleich zum Beruf

Hier auf Stössi hilft er zum zweiten Mal aus, «wegen Umbauten beim Personal», wie er die angespannte Situation mit vielen Fluktuationen nicht nur auf dieser Alp nennt. Etwas Sinnvolles und Kreatives zu tun, aus einem wunderbaren Rohstoff der Schweizer Alpen einen guten Käse zu machen, das sei sein Reiz, jeweils im Sommer den Job von der Grossstadt auf die Alp zu wechseln. Zudem sei das als Ausgleich persönlich sehr bereichernd. Und wieso geht er nicht auf Österreicher Alpen? Hier werde doppelt so viel bezahlt, verhehlt Steininger nicht. Zudem gebe es viel weniger Stellen auf den Alpen im Nachbarland und die Personalfluktuation sei viel geringer. Steininger ist mit Herzblut und Ehrgeiz Alpkäser, will ein Topprodukt machen. «Aus Supermilch kann man Superkäse machen.»

Dank Natur grossartige Milchqualität

Die grosse Pflanzenvielfalt und die bessere Luft mit weniger Keimen auf Alpen ermöglichten hier eine grossartige Milchqualität. Es sei spürbar im Verlaufe der Alpsaison, wie die Milch immer dicker und auch aromatischer werde. Eigentlich sei es fast langweilig, nur Mutschli und Alpkäse herzustellen, teils noch mit Knoblauch oder Chili, was dem Käser eigentlich wehtue. Und Mocca- und Erdbeermilch oder Joghurt in Plastikbecher abzufüllen. Die Milch hier sei so gut, dass sich noch viele gute andere, besser lagerfähige Käse und Spezialitäten daraus machen liessen, sogar für den Weltmarkt. Steininger denkt an Weichkäse, Blauschimmelkäse und mehr. Dazu müsste allerdings auch die Käserei-Infrastruktur angepasst und beispielsweise höhere Temperaturen beim Käsen zugelassen werden. Und auch die Ausbildung müsste mehr Kreativität zulassen, heute werde sehr auf die Einhaltung vorgegebener Prozesse geachtet. Zumal er schon selbstständig sei, könnte er sich auch im Sommer einen selbstständigen Job auf Alpen vorstellen, um seine Visionen zu realisieren.

Guter Absatz bei Käse und Milchprodukten

Die Zusammenarbeit mit den hiesigen Bauern der Alpgenossenschaft sei aber sehr gut, er habe anderswo schon anderes erlebt. Und die Käse und Milchprodukte fänden ja guten Absatz, zu guten Preisen, was die Bauern bei den Milcherlösen spüren.

Mitte August wieder nach Wien abgereist

Auf Stössi sind vier angestellte Personen tätig, zwei Hirten zur Betreuung und das Melken der Kühe, ein Käser und jemand für das Alpbeizli und den Haushalt. «Aber alle helfen einander, wo nötig.» Er selber sei eigentlich nur als «Altkäser» hier seit Mitte Juli, zur Aushilfe und Unterstützung für den angestellten jungen Käser Simon Gasser. Inzwischen ist Steininger Mitte August schon wieder nach Wien abgereist.

Alp Stössi
In der Alpgenossenschaft Stössi, neben Etzli eine der beiden im Maderanertal, sind sieben Bauernbetriebe aus Bristen Mitglieder. Die Alp der Korporation Uri liegt auf rund 1200 Metern über Meer. Die moderne Alpkäserei wurde 1999 erbaut. Die rund 60 Kühe lieferten anfänglich täglich rund 1000 Liter Milch, im August waren es noch rund 400 Liter. Den Alpsommer über werden rund 60 000 Liter verarbeitet. Daraus entstehen Käse, Ziger, Joghurt, Butter, Rahm, Molke und Milch mit vielen Aromen. Viel wird direkt an die Passanten vermarktet. Bedient werden auch einige Läden im Tal, und den übrigen Käse nehmen die Bauern zurück für die Eigenvermarktung.