«Jedes Jahr ist anders» ist nicht nur eine Binsenwahrheit, sondern hat in der Landwirtschaft Gültigkeit – insbesondere, wenn Simone Burki vom Ziegenbetrieb Grüt diesen Satz fallen lässt.

Ausserfamiliäre Betriebsübergabe

Vor vier Jahren haben sie, Simone Burki (42), ihr Mann Samuel Bommeli (45) und ihre drei Kindern (7, 10 und 12) den Ziegenbetrieb Grüt ausserfamiliär von Martin und Trix Lehmann am steilen Hang in Schwanden übernommen. Sie ergänzten die Ziegenherde, die aus Anglo-Nubian Ziegen bestand, mit reinrassigen behornten Gämsfarbigen Ziegen. Im Laufstall bauten sie an den Fressplätzen Blenden ein, sodass jedes Tier in Ruhe fressen kann und sie schufen Ausweichmöglichkeiten. So kann sich jede Ziege, wenn sie von Ranghöheren geplagt wird, in Sicherheit bringen.

Frybergchäs holt Bronze

Die biologisch hergestellte Ziegenmilch verarbeiten sie zu Frischprodukten und Käse. Mit ihrem Käse hat sich Simone Burki einen Namen gemacht. Am internationalen alpinen Food Contest in Stans erhielt sie 2024 die Bronzemedaille für ihren Frybergchäs. «Diese Anerkennung hat uns gefreut», sagt sie. Der Frybergchäs ist ein milder und cremiger Halbhartkäse aus reiner Ziegenmilch. «Länger gelagert kommt auch das Rezente zum Vorschein», führt die Käseexpertin aus. Jeden zweiten Tag verkäst Simone Burki die Ziegenmilch zu jährlich 1.5 t Geissenkäse. Anderntags stellt sie den «Schwander Käse» her. Die Kuhmilch für diesen Käse, jährlich 2.5 t, stammt von einem Biobetrieb aus dem Nachbardorf. Der Käse wird in der nahen Milchzentrale mit Zigerklee geschmiert und auch vermarktet.

Eigentlich ist der Aufbau eines neu übernommenen Betriebs mit Verarbeitung und Direktvermarktung schon Herausforderung genug. Aber dazu kamen in den vergangenen Jahren Naturereignisse.

Dreimal Evakuierung

Ihr Haus steht oberhalb von Schwanden am Hang - in nächster Nähe zur Wagenrunse. Bereits seit 2020 rumpelten dort Steine ins Tal. 2022 kamen es zu einem Erdrutsch und im August 2023 zum grossen Murgang bis hinunter ins Siedlungsgebiet. «Wir mussten insgesamt dreimal evakuieren», sagt Simone Burki. Der dritte Auszug war denn auch der letzte. Sie können nicht mehr zurück zum Haus, wo auch ihre Käserei untergebracht war. «Das Haus liegt in der Gefahrenzone und wird abgerissen», so Burki. Sie wohnen in einer Mietwohnung und gekäst wird in der ehemaligen Milchzentrale.

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Pläne für 2025

Der Ziegenstall-Laufstall weiter unten blieb vom Murgang verschont. Er ist zurzeit umgegeben von Baustellen, wo Bauarbeiter, die Räumungsarbeiten verrichten. «Wir wollen dort ein Wohnhaus errichten», sagt Simone Burki und zeigt auf die Wiese hinter dem Stall. Ein Projekt, das sie im Sommer 2025 beschäftigen wird.

«Wenn so ein Ereignis passiert, muss man neue Wege und Lösungen suchen»

Simone Burki

Viel Zeit, um sich damit jetzt zu beschäftigen, haben sie nicht. Es braucht eine Umzonung und diese muss den gesetzlich vorgeschriebenen Weg gehen. Darauf hätten sie keinen Einfluss, wie Burki es sagt. Genauso wenig wie auf die Natur. «Wenn so ein Ereignis passiert, muss man neue Wege und Lösungen suchen», sagt sie und damit ist für sie das Thema abgeschlossen und sie wendet sich den Geissen zu, die am Ablammen sind.

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Wenn über 70 Ziegen gitzlen

Es ist die intensivste Zeit auf dem Betrieb. Täglich lammen mehrere Geissen ab und Simone, die bis vor vier Jahren keine Erfahrung mit Ziegen hatte, hat sich zu einer wahren Geissenhebamme entwickelt. Auch bei schwierigen Geburtslagen weiss sie jeder Ziege zu helfen.

Zum Ablammen wird jede Geiss separiert, bleibt aber durch Gitter mit der Herde verbunden. «Das ist wichtig, sonst wird um eine neue Rangordnung gekämpft», erklärt Simone. Nach einem Tag kommen die Gitzi in Boxen, und werden von Hand getränkt. «Jedes muss lernen, zu trinken», so Burki weiter. Der Melkstand mit acht Plätzen wird immer voller und die Milch muss verkäst werden. Bis elf Uhr ist Simone Burki in der Käserei am Werken.

Ja, die Tage der Familie sind so bis Anfang Mai voll ausgefüllt. Im Sommer gehen die Ziegen auf eine Alp im Berner Oberland. Das gibt Luft – fürs Heuen, aber auch für den Hausbau.

Alles wird direktvermarktet
Neben den Ziegen sind die Setzlingsaufzucht und der Rebbau weitere Betriebsstandbeine. Vom Rebberg ernten und verkaufen sie Tafeltrauben und stellen zusätzlich Traubensaft her. Alles wird direktvermarktet - im mobilen Hofladen an der Sernftalerstrasse, an Regionalmärkten, an grössere Hofläden und kleinere Detailhändler.

Bio-Ziegenhof Grüt

Familie: Simone Burki, Samuel Bommeli mit den Kindern Marvin, Orell und Lina
Tierhaltung: 80 Ziegen
LN: 18 ha
BFF: 30 %
Pflanzenbau: Futterbau, Setzlingsaufzucht und Rebbau
Verarbeitung: Käserei
Direktvermarktung: mobiler Hofladen, Märkte, andere Hofläden und Detailhandel

ziegenbetrieb-gruet.ch